Späteinsteiger Nico Müller schon 2 Jahre kaltgestellt
Nico Müller auf dem Sachsenring
Dieses hatte der direkt an der Strecke ansässige Motorradhändler Unger initiiert, nachdem auf dem GP-Kurs durch die Corona-bedingten Absagen des ADAC Sachsenring Classic und des deutschen Motorrad-Grand-Prix sogenannte (laute) Motorsporttage frei wurden.
Mit seinem großen Motorsport-Herz ließ der ehemalige Teamchef Tobias Unger auch ein paar am Sachsenring beheimatete aktuelle Fahrer auf die Strecke, was auch IRRC-Pilot Nico Müller zu schätzen wusste. «Das war eine ganz tolle Sache, dass ich hier mitfahren durfte. Vielen Dank an Tobi und seine Mannschaft. Es war alles bestens organisiert», meinte der 28-Jährige, der unlängst vom benachbarten St. Egidien wegen Hauskaufs in die Rennstadt gezogen ist. «Ich habe mein ganzes Leben mein ganzes Geld in den Rennsport gesteckt. Nun versuchen wir beides parallel irgendwie hinzubekommen», so der immer optimistische Fertigungsmechaniker in einem Drei-Schicht-Betrieb.
Im Moment stehen die Räder, bis auf diese lobenswerte Ausnahme und einige von weiteren engagierten Trotzköpfen auf die Beine gestellten Rumpfprogramme, weitgehend still. Für Nico Müller ist es sogar schon die zweite Saison, die beim Teufel ist, denn beim IRRC-Finale 2018 in Frohburg zog er sich eine schwere Fußverletzung zu, die ein Jahr Rennpause zur Folge hatte. In einer von zwei Einführungsrunden wegen einsetzendem Regen knallte ihm ein Kontrahent von hinten ins Motorrad. Mit einem mehrfach gebrochenen rechten Fuß fiel die Rennsaison 2019 für ihn flach. In diesem Jahr bremst ihn die deutsche Bundesregierung mit ihrer grandiosen Umsicht und profunden Corona-Beratern aus.
Eigentlich wollte Müller den Helm schon an den Nagel hängen, denn auch nach der vierten Operation wurde es nicht besser: «Mein Arzt hat mir dennoch weiter Hoffnung gemacht. Jetzt ist es zwar nicht hundertprozentig, aber tatsächlich wieder soweit okay. Ich hatte 20 Kilo zugenommen und war absolut nicht fit, aber dann hatte ich wieder ein Ziel vor Augen.»
In diesem Jahr wollte er in der IRRC wieder angreifen, doch auch diese Serie ist inzwischen abgesagt worden. Dazu sagt Müller: «Irgendetwas will ich irgendwo in diesem Jahr noch fahren. Einfach um zu sehen, wo ich aktuell stehe. Dafür war auch dieser Test sehr wichtig. Man kann zwar Road Racing und Rundstrecke nicht so richtig miteinander vergleichen, aber schnell fahren ist schnell fahren.»
Frohburg 2018 war nach einem ungewöhnlichen Karrierebeginn nicht der einzige Rückschlag für Nico Müller. Er begann für die Region klassisch mit einem Simson-Eigenbau-Mini-Bike. Doch als er diesem entwachsen war, ging es für ihn nicht in den Straßenrennsport, sondern mit nur 15 Jahren in die Classic-Szene. Mit einer 350er-Benelli von 1972 und später einer 500er-Honda-RC181-Replika anno 1965 mischte er sich regelmäßig unter «alte Säcke» und fuhr denen meist um die Ohren. «Aus finanziellen Gründen kam nur das in Betracht. Somit konnten ich und mein Team unsere Leidenschaft Motorsport weiterleben», erinnerte er sich.
2016 wechselte er dann zum Straßenrennsport, und zwar, wiederum aus Kostengründen, zum Road Racing. Beim IRRC-Rennen im finnischen Imatra knallte Müller mit rund 150 Sachen ins Motorrad eines unmittelbar vor ihm gestürzten Fahrers. Dabei war er zum Glück, bis auf ringsum Hämatome, von schwereren Verletzungen verschont geblieben. Das Motorrad war allerdings komplett Schrott. Bis zum übernächsten Rennen baute das Team Müller Motorsport eine neue 1000er-BMW auf, mit der er wieder in seine selbst definierte Erfolgsspur zurückfand.
Die sieht für ihn gute Top-10-Plätze vor. «Noch weiter nach vorn zu kommen wird schwierig», glaubt Müller. «Das ist natürlich das Ziel, aber auch ein Traum. Für mehr habe ich zu spät mit dem richtigen Rennsport angefangen. Andere Fahrer haben viel mehr Erfahrung, da sie verschiedene Nachwuchsklassen durchlaufen haben. Auch das Budget ist bei uns sehr begrenzt. Ich bin trotzdem stolz darauf, wie weit ich bis jetzt schon gekommen bin. Damit ist eigentlich schon ein Traum in Erfüllung gegangen.»