Jerez: Rippen gebrochen, Kissen auf dem Tank

Kolumne von Ralf Waldmann
Über meine Erlebnisse in Jerez könnte ich Bücher schreiben. Ein kleiner Auszug von meinem ersten Rennsieg in der Europameisterschaft 1988.

Ich bin damals mit dem Renault Traffic plus Wohnanhänger plus 500 Liter – sagen wir mal Diesel – in Kanistern nach Spanien gefahren. Die Kanister hatten wir von der Baustelle, da war mal Fußbodenbelag drin. Dr. Nüsken Fußbodenbelag. Der Fußbodenbelag hat sich irgendwann wieder aufgelöst, alle 50 Kilometer war der Dieselfilter zu. Wir haben geschlagene dreieinhalb Tage nach Jerez gebraucht.

Als wir in Jerez ankamen, waren wir total im Arsch, mein Alter und ich. Wir waren komplett überm Jordan. Wir sind aber pünktlich zum ersten Training dagewesen. Ich, leicht übernächtig, in zwei Klassen am Start: 80 und 125 ccm. Damals sind Petra und Michael Gschwander, die kamen aus dem Schwarzwald, auch 80er gefahren. Die waren schon eine Woche in Jerez beim Trainieren, ich war gleich auf Anhieb schneller als sie. Die waren total fertig.

In der Saison bin ich gegen das Junior-Derby-Team gefahren, Alex Crivillé und Juan Miralles. Ich stand mit meiner acht Jahre alten, mit der Rolle gestrichenen, Karre in der ersten Startreihe neben den beiden. Deren Chef-Ingenieur ist mit schüttelndem Kopf an meinem Motorrad vorbeigegangen, als er den Haufen gesehen hat.

Frontal hinten drauf gehämmert

Erst war das 125er-Rennen. Ich war die einzige Rotax im Feld. Die Rotax hatte eine Eigenart, sie hatte eine digitale Zündung. Immer, wenn ich an einer Honda vorbeigefahren bin, ist sie stehen geblieben. Ich komm so an vierter oder fünfter Stelle aus der ersten Runde, komme an einer Honda vorbei, die grade reinrollte, weil sie defekt war von der Aufwärmrunde – das nächste was ich weiß, ist, dass ich im Krankenhaus aufgewacht bin. Da ist mir einer frontal hintendrauf gehämmert. Ich bewusstlos gewesen, im Krankenhaus aufgewacht. Ich dachte mir dann: Nanu, wo bin ich denn hier?

Aber ich hatte Glück, zwischen dem 125er- und dem 80er-Rennen war noch eines dazwischen, das 250er-Rennen. Das 80er-Rennen bin ich dann wieder gefahren, hatte aber vier Rippen gebrochen. Das war das erste Jahr, in dem mit laufendem Motor gestartet wurde, nicht mehr mit Schiebestart. Da hat mein Papa gemeint, das wäre ja kein Problem. Er bindet mir ein Kissen auf den Tank und ich fahre ja eh mit laufendem Motor weg, ohne Anschieben.

Eis oben zu den Stiefeln reingeschüttet

Die Schuhe habe ich nach dem Crash gar nicht ausgezogen, weil der Knöchel so angeschwollen war. Wir haben nur oben zu den Stiefeln Eis reingeschüttet. Ich kurzatmig am Start gestanden, aus der ersten Reihe los, Start-Ziel-Sieg gefahren!

Dabei hatten wir im Training noch schwerste Fahrwerksprobleme. Wir hatten zu Hause eine neue Umlenkung eingebaut und keine anderen Federn mit. So was haben wir damals noch nicht gekannt, das Ding ging dauernd auf Block. Wir haben dann das Rahmenheck verlängert und sind mit 0,8 Bar Luftdruck gefahren, was zu diesen Zeiten war wie Plattfuß. Ich habe aber so diesen Europameisterschafts-Lauf gewonnen. Die Heimreise hat dann übrigens gleich lange gedauert wie die Anreise.

Mit 20 Siegen in den Klassen 125 und 250 ccm ist Ralf Waldmann (46) der erfolgreichste Grand-Prix-Fahrer, der nie Weltmeister wurde. Heute arbeitet er mit viel Begeisterung in der Superbike-WM für das MR-Racing Team, in dem Max Neukirchner fährt.

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