Wer schnappt sich Button?
Button wirkt schon wie der neue König der F1
Wenn ein Fahrer vier der ersten fünf Rennen gewinnt, dann kann man sich langsam damit vertraut machen, dass er noch mehr gewinnt. Deshalb stelle ich mir nach Jenson Buttons Sieg in Spanien zwei Fragen:
Erstens: Wer könnte ihn noch stoppen?
Zweitens: Wäre Button ein verdienter Weltmeister?
Nachdem fast alle Teams nunmehr ihre Unterböden und das restliche Geflügel dem neuen Reglement angepasst haben, siegt BrawnGP immer noch munter weiter.
Das heisst: Das Auto profitiert nicht nur vom vieldiskutierten Doppeldiffusor, sondern muss rundum gelungen sein.
«Auf der Bremse», sagt Button, «sind wir unschlagbar.»
Der Brawn-Mercedes ist also ein Sieger. Das heisst aber nicht, dass das dies so bleibt.
Die meisten Gegner haben bislang nur die erste Entwicklungswelle eingeschoben, um binnen sechs Wochen das nachzubessern, wofür BrawnGP 13 Monate Zeit hatte.
Gemessen daran können sich die Ergebnisse durchaus sehen lassen: Bei Ferrari hat das neue „Aero-Paket“ sehr gut funktioniert. Nur genügend Benzin sollte man natürlich trotzdem an Bord haben, damit Massa sein Tempo auch ins Ziel bringen kann. Man fragt sich dennoch: Was haben die noch in Petto, wie viel können die Roten noch nachlegen? Ihr Fehlerpotenzial, soviel steht nun fest, erscheint 2009 unermesslich.
Der Red-Bull-Renault war in Barcelona erneut das schnellste Auto. Nur nutzt es wenig, wenn es nicht ganz vorne fährt. Schon zum zweitenmal zerstoben Sebastian Vettels Hoffnungen in Barcelona schon am Start.
Seine Lenker und Strategen am Kommandostand, sollten ihm entweder mal weniger Benzin mitgeben. Das geht ja bei den Brawns auch. Oder die Greifpunkte der Kupplung konstanter einstellen. Aber das haben über die Jahre schon viele Teams versucht. Und selbst Fernando Alonso startet nicht immer wie die Wildsau.
Vettels RB5 birgt jedenfalls noch grosses Potenzial. Und Red-Bull-Teamchef Horner erzählte in Barcelona, dass es bauseits gar nicht so aufwendig sei, dieses Potenzial zu entfalten.
Ich denke, Sebastian Vettel dürfte mit oder ohne Doppeldiffusor in Monaco nicht zu stoppen sein. Wenn sein Mitteltunnel im Heck bis dahin fertig sein sollte, fegt er vorn weg und wird von den Gegnern nur bei den Boxenstopps zu sehen sein. Denn er ist fahrerisch derzeit eine Klasse für sich. Und das wird in Monaco doppelt belohnt.
Ausser Vettel, und das hat rein sportliche Hintergründe, sehe ich keinen ernsthaften Herausforderer für Button.
Barrichello hat zwar vier Punkte mehr als unser Super-Seb auf dem Konto, aber er ist ein Nervenbündel, eine wandelnde Ausrede, und wenn die Umstände nicht 100prozentig für ihn sind, wandeln sie sich in eine gewaltige Anti-Barrichello-Front und verschwören sich gegen den Altmeister aus Brasilien. Er hat die Front, der er sich grundsätzlich gegenüber sieht, mit seinen Zweifeln am eigenen Team (Stallregie pro Button?) in Barcelona zusätzlich vergrössert.
Vettel hat es auch fahrerisch drauf. Daran bestehen wenig Zweifel. Nur gab es bislang wenig direkte Duelle. Jetzt bin ich bloss gespannt, wie er im Zweikampf agiert. Wie entschlossen er überholt, um sich auszuzeichnen.
In Melbourne war er gegen Kubica zu stur und wehrte sich bis zum Crash. Das war ihm eine Lektion.
In Shanghai überholte er Button im Rennen, obwohl er nicht musste.
Zuletzt glänzte er hinter Trulli und Massa zweimal mit Geduld, verkniff sich das Attackieren und nahm die mögliche Punkteausbeute souverän mit nach Hause. Was einem Testosteron-Bomber im zarten Alter von 21 Jahren extrem hoch angerechnet werden muss . Das ist wirklich ein Zeichen von Reife.
Aber ich will bald mal sehen, ob Vettel, der gerne die im Rennsport unerlässlichen „Balls“ zitiert (Eier), wie er Gegner zurechtlegt, wie er sie niederringt, wie er drüber fährt. Ob er sie wegkicken kann, wie einst Montoya, der die Vorderleute mit reiner Car-Control und natürlicher Arroganz wie Fliegendreck vom Visier wischte.
In Barcelona durfte man das nicht verlangen. In Monaco muss Vettel am 24. Mai ein Rennen von vorne fahren. Die nächste Chance auf Freude am Überholen wird sich in Istanbul bieten, am 7. Juni.
Wer ist ausser ihm noch im Bewerberkreis um den Titel?
Ehrlich gesagt: Nicht viele.
Mark Webber?
Hat ein starkes Auto, fuhr bereits zwei Podestplätze 2009 ein. Aber er verletzte sich zur falschen Zeit (Beinbruch im Winter) und ist noch nicht der Alte. Und selbst der alte Webber blieb von 2002 bis 2008 sieglos.
Jarno Trulli?
Ihm würde ich es zutrauen. Ein beinharter Kämpfer, mit 34 Jahren auf der Höhe seines Könnens, mit allen nötigen Qualitäten ausgestattet, sehr ruhig und zielorientiert. Aber Toyota fiel in den letzten beiden Rennen durch enorme Unkonstanz auf. Das deutet auf Probleme mit der Reifenbehandlung hin.
Timo Glock?
Starker Rennfahrer, aber in der Qualifikation mit Rennbetankung fehlen die genialen Momente.
Lewis Hamilton?
Nicht schon wieder. Dazu fehlt ihm diesmal das Auto, sonst allerdings fehlt ihm nichts.
Fernando Alonso?
Den Spanier darf man nie ganz abhaken, obwohl man es bei 32 Punkten Rückstand eigentlich müsste. Aber 2008 rauschte er plötzlich in der zweiten Saisonhälfte wie Phoenix aus der Asche. Ich zweifle allerdings inzwischen an der Durchschlagskraft seines Renault-Teams.
Der ganze Rest muss sich gedulden.
Und nun zu Button.
Ich muss gestehen, ich bin schon lange Button-Fan. Denn der Kerl fährt unauffällig schnell. Und das sehr regelmässig. Und vor allem: auffallend sauber. Ich kann mich in seinen neun GP-Jahren nicht an einziges blödes Foul des Brite erinnern, an keinen überflüssigen Crash, an kein blödes Wort.
Ich erinnere mich aber noch sehr gut an das Jahr 2004, als er sich vertraglich bis über die Ohren zwischen die Stühle namens Honda und Williams setzte. Und trotzdem nicht absoff. Wenn ich nicht irre, holte er in dem Jahr 13 Podestplätze, trotz endlosem Hickhack um seine rechtliche Lage.
Damals demonstrierte er: An seinen NERVEN wird er niemals scheitern.
Ich würde also nicht darauf hoffen, dass der Mann mit der geringsten Fehlerquote im Feld kalte Füsse oder zittrige Finger bekommt. Ich habe dieses Jahr erst einen Fehler von ihm gesehen. Er wies darauf hin, dass er in Melbourne einmal einen falschen Knopf am Lenkrad gedrückt hat. Es blieb ohne Folgen.
Und es mag sein, dass der Brite nicht der ultimative Qualifyer im Feld ist, aber als Rennfahrer ist er nur ganz schwer zu toppen. Mich erinnert Button fahrerisch sehr stark an Alain Prost, nur ohne den Zwang zu Intrigieren.
Buton geniesst sein Leben und seine Lage.
Auch das wird es den Gegnern nicht einfacher machen.