Manipulation: Schaden für den ADAC irreparabel?

Von Andreas Reiners
ADAC-Geschäftsführer Karl Obermair

ADAC-Geschäftsführer Karl Obermair

Nach dem Manipulationsskandal bei der Wahl zum Gelben Engel ist der ADAC vor allem um Schadensbegrenzung bemüht. Doch das könnte schon zu spät sein.

Der Allgemeine Deutsche Automobil-Club Deutschlands e.V. ist nach dem Skandal um die Wahl zum beliebtesten Auto des Jahres nach Kräften um Schadensbegrenzung bemüht. Kaum eine Institution in Deutschland genoss so viel Vertrauen wie der ADAC. Was bleibt nun nach der jüngsten Betrugsaffäre? Aufräumarbeiten des ADAC und zahlreiche Fragen: Wo wurde noch überall geschummelt? Wie groß ist das Desaster wirklich?

Was war passiert? Die Clubmitglieder dürfen seit 2005 über ihr Lieblingsauto abstimmen. In diesem Jahr gewann der VW Golf, offiziell haben 34.299 Mitglieder abgestimmt. Wie die Süddeutsche Zeitung wenige Tage vor der Preisverleihung enthüllte, beteiligten sich aber nur 3.409 Mitglieder.

Das große Problem: Die ersten Enthüllungen der SZ hatte der ADAC vehement zurückgewiesen, die Verleihung des Gelben Engel gewohnt pompös gefeiert und in Person von Geschäftsführer Karl Obermair von einem «Skandal für den Journalismus» gesprochen. Zumindest habe die SZ den Namen ADAC richtig geschrieben, spottete Obermair.

Riesiger Imageverlust

Einen Tag später platzte die Bombe. Michael Ramstetter, Leiter der ADAC-Kommunikationsabteilung und zugleich Chefredakteur der Motorwelt, gestand die Manipulation. Ramstetter («Ich habe Scheiße gebaut») trat umgehend zurück, der ADAC ruderte zurück – zu spät allerdings. Der Imageverlust ist riesig.

Der ADAC stellte zunächst vor allem klar: Bei der Wahl des Lieblingsautos sei nur die Zahl der abgegebenen Stimmen geschönt worden. Einen Einfluss auf die Reihenfolge der Ergebnisse habe die Manipulation aber nicht gehabt. Außerdem sei außer in der besagten Lieblingsauto-Kategorie nirgends manipuliert worden. Aber: Auch in den vergangenen Jahren seien die Teilnehmerzahlen geschönt worden, räumte der ADAC ein,

Auf einer Pressekonferenz am Montag nahm ADAC-Geschäftsführer Karl Obermair erneut Stellung zu der Betrugsaffäre. «Wir entschuldigen uns für das Bild, dass wir abgegeben haben. Wir haben wichtige Aufräumarbeiten vor uns. Dieser Vorgang trifft den ADAC ins Mark. Wir werden dafür sorgen, dass sich so ein Ereignis nicht wiederholt», so Obermair.

Hinweise auf einen Maulwurf

Auch, wie es überhaupt zur Aufdeckung des Skandals kommen konnte, weiß Obermair inzwischen. «Es gibt Hinweise auf einen Maulwurf. Aktuelle und ehemalige Mitarbeiter haben Informationen an die Medien durchgereicht. Das ist nicht richtig. Mitarbeiter können sich bei den Vorgesetzen beschweren, im Falle von Problemen mit Herrn Ramstetter also bei mir. Ich hätte die Mitarbeiter geschützt», sagte der Geschäftsführer und kündigte an: «Wir sind jetzt in der Bringschuld, um die angeschlagene Reputation wieder herzustellen.»

«Angeschlagene Reputation», das ist wohl noch freundlich ausgedrückt. Die deutsche Politik wendet sich ab und hält sich mit schonungsloser Kritik nicht zurück. Er sei von den aufgedeckten Manipulationen «nicht überrascht», denn er habe sich auch über andere Zahlen in der Vergangenheit gewundert, sagte CSU-Parteichef Horst Seehofer und spielt auf die Mautstudie an, bei der der ADAC zu dem Schluss kam, Seehofer und die CSU hätten sich «bei ihren Maut-Plänen grob verrechnet».

«Da geht natürlich Vertrauen verloren bei solchen Vorgängen. Und das kann man nur zurückgewinnen, wenn man die Karten auf den Tisch legt, offen kommuniziert», sagte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt. Zudem sei schon grundsätzlich anzumerken, dass auch bei großen Verbänden «ein bisschen Bescheidenheit im Auftreten manchmal guttäte».

Dem ADAC, mit rund 19 Millionen Mitgliedern der größte Automobilclub in Europa und größter Verein in Deutschland, droht durch diesen Eklat vor allem bei seiner Basis eine massive Vertrauenskrise. Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht.

Sprich: Wer die Wahl zum Gelben Engel manipuliert, tut dies womöglich auch noch in anderen Bereichen. Viele Bundesbürger haben ihren Autokauf auch vom Urteil des ADAC abhängig gemacht. Der Ruf einer zuverlässigen und vertrauenswürdigen Institution ist erst einmal dahin: Alle Tests, wie die Mautstudie oder die bekannten Tunneltests des ADAC werden nun in Frage gestellt.
PR-Desaster für die Autobauer

Doch die Affäre trifft nicht nur den ADAC. Auch für die Autobauer, die mit dem nun wertlosen Preis stolz und enthusiastisch geworben hatten, sind die Begleitumstände ein PR-Desaster. «Der ADAC trägt die Verantwortung für die Korrektheit der Preise beim Gelben Engel. Wir stellen jedoch fest, dass ungeachtet der möglichen Fehler im Zusammenhang mit der Verleihung der VW Golf das meistverkaufte Auto in Deutschland ist, seine Käufer haben ihn somit zum Lieblingsauto der Deutschen gemacht», sagte Volkswagen-Kommunikations-Chef Peter Thul. Der ADAC sei nun gefordert, die Vorgänge der Verleihung 2014 vollständig aufzuklären, erst danach könne man entscheiden, wie man mit der diesjährigen Auszeichnung umgehe, hieß es weiter bei VW.

BMW erhielt den Gelben Engel als beliebteste Marke. Die Reaktion aus München? Zurückhaltend und abwartend. «Wir begrüßen die angekündigte lückenlose Aufklärung, wollen und können aber vor dem Vorliegen aller Fakten keine weitere Stellungnahme abgeben. Personalentscheidungen sind eine interne Angelegenheit des ADAC, die wir nicht kommentieren», wird ein BMW-Sprecher von «FOCUS» zitiert.

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