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Trauer um Ángel Nieto: Er war einer der Größten

Von Günther Wiesinger
Angel Nieto ist tot

Angel Nieto ist tot

Ángel Nieto erlag gestern den schweren Verletzungen, die er bei einem Quadunfall erlitten hat. Der GP-Paddock trauert um einen der besten Rennfarer aller Zeiten. Und um einen liebenswürdigen Mnschen.

Es fällt schwer, sich einen Motorrad-GP ohne Ángel Nieto vorzustellen. Auch nach seinem Rücktritt war der Spanier immer fixer Bestandteil der Szene.

Er kümmerte sich um namhafte spanische Sponsoren, beschaffte den spanischen Teams mit seinen Beziehungen, die bis zum Ex-König Juan Carlos reichten, immer wieder frisches Geld, früher oft durch staatsnahe Firmen wie Campsa, Ducados oder Fortuna, später Bankia oder Mapfre.

Er kommentierte in kritischer und überaus kenntnisreicher Form für spanische TV-Sender und kümmerte sich jahrelang um die Karrieren seiner Söhne Pablo und Angel «Gelete» Junior sowie seines Neffen Fonsi.

Als die Söhne ihre Laufbahn beendeten, blieben sie im GP-Geschäft. Erstens vermieten sie seit vielen Jahren kleine Zimmer und Apartments im Paddock an Fahrer wie Alex Márquez, Tom Lüthi und Domi Aegerter in großen Lkw-Aufliegern, das nennt sich GP-Hotel; keine andere Familie hätte von der Dorna die Erlaubnis für solche Deals bekommen.

Die Söhne und Fonsi erreichten nie das fahrerische Kaliber des Vaters und Onkels. Immerhin: Pablo schaffte den Sprung ins Red Bull KTM-125-Werksteam – und er gewann 2003 den Portugal-GP.

Die Karriere von Ángel Nieto erstreckte sich von 1964 bis 1986. Seinen letzten GP-Sieg feierte der Spanier 1985 in Le Mans auf der 80-ccm-Derbi in Le Mans, damals half er dem aufstrebenden Teamkollegen Jorge «Aspar» Martinez beim Titelgewinn.

Den letzten Grand Prix bestritt Nieto 1986 in Hockenheim; das war ein Rumpf-GP im September, es waren nur die Solo-GP-Klassen 80 und 125 ccm am Start. In erster Linie war es ein EM-Lauf...

Ángel Roldan Nieto, am 25. Januar 1947 in Zamora geboren, hatte 2017 erstmals seit mehr als 50 Jahren keine Aufgabe mehr im GP-Fahrerlager. Denn als TV-Kommentator war er für TVE und Tele 5 tätig, in diesem Jahr hat aber «movistarTV» die exklusiven Rechte fürs Pay-TV in Spanien gekauft, dieser Sender verlässt sich lieber auf die Expertise von jüngeren Piloten.

Trotzdem war Ángel immer wieder im Paddock zu sehen, er kurvte mit einem Elektro-Scooter durch die Gegend und besuchte oft seine Söhne Pablo und Gelete, die als Teammanager für SKY VR46 und Avintia Ducati arbeiten.

Ángel Nieto dominierte jahrelang in den WM-Klassen 50, 80 und 125 ccm auf Marken wie Derbi, Bultaco, Kreidler, Garelli und Minarelli. Dazu fuhr er gelegentlich auch in der 250er-WM auf Derbi und sogar einzelne 500-ccm-Rennen. Mit 90 GP-Siegen liegt Nieto in der Ewigen Bestenliste an dritter Stelle hinter Agostini (122) und Rossi (115).

Aber Nieto versuchte sich immer wieder auch in den größeren Klassen, 250 und 500 ccm, wegen seiner bescheidenen Größe wurde er «El Niño» (das Kind) genannt. Nieto pilotierte neben der Derbi 250 auch eine Siroko-Rotax 250 (Platz 5 beim deutschen Grand Prix in Hockenheim 1981), er setzte 1983 eine Yamaha 250 ein und blieb damit punktelos.

Trotz der vielen GP-Jahre und der vielen Reisen lernte Nieto nie richtig Englisch. Als er vom Österreicher Harald Bartol einmal eine schnelle MBA 125 mieten wollte, konnte er sich kaum verständlich machen. «Hertz», war das einzige passende Fremdwort, das Ángel zum Thema Fahrzeugmiete einfiel.

In den letzten Jahren seiner Laufbahn bemühte sich Nieto immer wieder, noch brauchbares Material aufzutreiben, nicht immer erfolgreich. 1986 setzte er in der 125er-WM eine Ducados ein, er wurde WM-13. und erklärte dann mit fast 40 Jahren seinen Rücktritt.

Nieto scheute sich nicht, nach Niederlagen zum Konkurrenz-Fabrikat überzulaufen – zu Kreidler, Minarelli oder Garelli. Er wollte gewinnen, er wollte dominieren. Gegner wie De Vries, Lazzarrini und Co. hatten nichts zu lachen.

Noch 1982 hat er in Jarama in der 500-ccm-WM debütiert, damals fand dort kein Rennen für die 125er-WM statt, deshalb besorgte sich Ángel über seinen Freund Marco Lucchinelli eine private Honda 500-Dreizylinder, auch König Juan Carlos schaltete sich ein, aber der 35-jährige 500-ccm-GP-Rookie stürzte im Rennen.

Nieto war ein Schlitzohr, ein Spitzbub, ein typischer südländischer Heißsporn. In Imola 1972 fühlte er sich in der letzten Runde vom Niederländer Jan Huberts behindert. Er hatte den Kreidler-50-Fahrer im Verdacht, er habe sich in der letzten Runde absichtlich zurückfallen lassen, um Kreidler-Star Jan de Vries zum Sieg zu verhelfen und ihn (Nieto) zu behindern.

Nach der Niederlage versetzte der wütende Nieto dem verdutzten Huberts neben dem Podest einen Faustschlag. Es gab kein TV-Kamera, keine aufmerksame Race Direction, die Attacke blieb ohne Folgen.

Ángel Nieto gehört zu den erfolgreichsten und besten Motorradrennfahrern aller Zeiten, daran besteht kein Zweifel. Er hat dem GP-Sport jahrelang seinen Stempel aufgedrückt und ihn auch in den letzten 30 Jahren jeden Tag bereichert.

Auch wenn sich Nieto in den Klassen 250 und 500 ccm nie wirklich durchsetzte, er beherrschte die hart umkämpften kleinen Kategorien wie kein anderer.

Er gewann dazu serienweise Spanische Meistertitel in den Klassen 50, 125, 250, 500 und 750 ccm.

Nach dem Ende seiner aktiven Karrere betrieb Ángel zuerst ein GP-Team mit Ángel Nieto junior und Emilio Alzamora, der 1999 Weltmeister wurde; er entdeckte später Marc Márquez, dessen Manager er bis heute ist.

In Madrid ist ein Ángel Nieto Museum entstanden, es werden dort seine Trophäen und seine Rennutensilien ausgestellt. Im Jahr 2000 wurde Nieto von der FIM und Dorna als «GP-Legende» ausgezeichnet.

2008 kam Nieto zum Le-Mans-GP, er trug ein spezielles T-Shirt, weil er damit rechnete, dass sein Freund Valentino Rossi dort seine 90 GP-Siege einstellen würde. Tatsächlich siegte Rossi, Nieto bestieg sein Motorrad als Passagier und hielt eine Flagge mit der Aufschrift «90 + 90» in der Hand, als die beiden die Ehrenrunde drehten.

In einer TV-Dokumentauon «Ángel Nieto: 12+1» blickte Álvaro Fernández Armero 2015 auf die einzigartige Karriere des spanischen Sporthelden zurück.

Die Karriere von Ángel Roldan Nieto

Aktive Jahre: 1964 bis 1986
Erstes WM-Rennen: GP von Spanien 1964 (50 ccm)
Letztes WM-Rennen: Baden-Württemberg-GP 1986 in Hockenheim
Erster GP-Sieg: Hockenheim-GP 1969 (50 ccm)
Letzter GP-Sieg: Le Mans 1985 (80 ccm)
Werksteams: Derbi, Minarelli, Kreidler, Bultaco, Minarelli, Garelli
Titelgewinne
50 ccm: 1969, 1970, 1972, 1975, 1976, 1977
125 ccm: 1971, 1972, 1979, 1981, 1982, 1983, 1984
GP-Starts: 186
GP-Siege: 90
Podestplätze: 139
Pole-Positions 16
Schnellste Rennrunden: 63
WM-Punkte: 1782

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