Ein Hoffnungsschimmer bei der KTM AG

KymiRing: Bisher noch mit Fragezeichen im Kalender

Von Günther Wiesinger
Am 19. August 2020 soll erstmals seit 28 Jahren ein Motorrad-GP in Finnland stattfinden. Aber der KymiRing ist eine Baustelle. Lokalmatador Mika Kallio bleibt skeptisch.

Erstmals seit 1982 soll 2020 wieder ein finnischer Motorrad-GP stattfinden. Die MotoGP-Hersteller Honda (mit Bradl), Yamaha (Folger), Suzuki (Guintoli), Ducati (Pirro), KTM (nur mit Kallio) und Aprilia (Smith) haben mit den Testfahrern am 19. und 20. August einen ersten Probegalopp auf der neue Renntrecke absolviert.
Aber nicht nur Stefan Bradl kritisierte danach die Streckenführung. «Ich werde dort sicher keine Wildcard beantragen», stellte er fest.

Der deutsche Honda-Pilot bemängelte, dass der KymiRing eine langweilige Streckenführung habe, es existiert nur eine Gerade, die ihrem Namen gerecht wird, man sei die meiste Zeit im zweiten Gang unterwegs. Es gibt auf den 4,6 km nur eine Dritte-Gang-Kurve, das sei Turn 2 im ersten Sektor, schilderte der 29-jährige Bayer.

Sogar Lokalmatador und Red Bull-KTM-Pilot Mika Kallio ließ kein gutes Haar an der neuen Rennstrecke. «Ich teile die Meinung von Stefan in jeder Hinsicht. Ich habe schon beim Test öffentlich gesagt, man müsse die Strecke umbauen, es gibt keine andere Möglichkeit. Ich hoffe, sie hören auf die Fahrer. Denn jeder Fahrer hat im Grunde den gleichen Eindruck gewonnen, jeder hatte dasselbe Gefühl, die Meinungen waren völlig identisch. Momentan fährt man von Turn 5 bis zur Zielkurve immer in Schräglage, man biegt dauernd in eine Kurve ein, es gibt keine Gerade zwischen diesen Kurven. Es existiert zwar eine Gerade, die 1 km lang ist. Man kann also sagen, der erste Sektor und diese lange Gerade sind in Ordnung. Aber danach ist der ganze Streckenverlauf für MotoGP viel zu langsam. Es ist keine technisch anspruchsvolle Piste, denn die Fahrer müssen nicht einmal schalten. Sie können die ganze Zeit im zweiten Gang fahren.»

Kallio befürchtet beim GP von Finnland langweilige Rennen. Es werde zu einer Prozession kommen, vermutet er, weil die Piste keine Überholmöglichkeiten offenbart. «Ja, das ist ein wichtiger Aspekt. Wenn du zwischen den Kurven keine Geraden einbaust, besteht nicht die geringste Möglichkeit, unterschiedliche Linien zu wählen, es gibt dann nur eine Ideallinie. Bei all diesen Richtungswechseln gibt es nur eine Linie. Der Fahrer hinter dir hat keine Chance, eine andere Linie zu nehmen, denn zwischen den Kurven sind die Abstände zu kurz, er hat keine Zeit. Das macht die Piste knifflig und kompliziert. Ich weiß nicht, wo man im Rennen überholen könnte», beklagte sich Kallio nach dem MotoGP-Test.

Da bisher auch die Infrastruktur noch erheblich zu wünschen übrig lässt und beim Test die Boxenanlage nur in Fragmenten fertig war, hat die FIM für den KymiRing bisher keine Grade-A-Homologation ausgestellt. Eine Verschiebung des Finnland-GP auf 2021 ist für die Teams und Werke nicht ausgeschlossen.

Kallio: «Ende Oktober müssten die Bauarbeiten im Großen und Ganzen für dieses Jahr abgeschlossen sein. Sie müssen also bald eine Entscheidung treffen, wenn sie etwas umbauen wollen. In der dunkelsten Jahreszeit, das ist zwischen Weihnachten und Januar, haben wir nur von 9 bis 15 Uhr Tageslicht. Und der Boden ist gefroren.»

Der finnische Teambesitzer Aki Ajo macht sich keine Sorgen. «Ich vermute, dass alles rechtzeitig bereit sein wird. Ich habe gehört, dass am Streckenverlauf geringfügige Änderungen geplant sind», berichtete Ajo im Gespräch mit SPEEDWEEK.com.

Mika Kallio ist von dem ganzen Projekt nicht sonderlich begeistert. Er wundert sich, warum bei der Planung keine bewährten Experten zu Rate gezogen worden sind. Die neue GP-Piste liegt zwar idyllisch im Tal des Flusses Kymiyoki in der Nähe von Lahti und Kouvala. Von Fluß dort hat sie auch ihren Namen, wobei Kymi wie «Kümi» ausgesprochen wird. Die 4,6 km lange Strecke setzt sich aus 18 Kurven zusammen. Das Design der GP-Rennstrecke wurde von KymiRing Circuit-Direktor Timo Pohjola und von der britischen Firma APEX Circuit Design gemeinsam ausbaldowert.

Die Dorna verfolgt wirtschaftliche Interessen und will den finnischen Grand Prix durchziehen, es existiert längst ein entsprechender Vorvertrag. Das «track layout» wurde von GP-Promoter Dorna abgesegnet. Bei der Infrastruktur wie bei Boxenanlage, Team Offices, Media Centre und Gebäuden für die Race Direction ist die Dorna im ersten Jahr zu Kompromissen bereit. Ähnlich wie beim Sachsenring, in Brünn und in Las Termas.

Die Finnen haben bisher ca. 40 Millionen Euro investiert,. Ob sie jetzt noch genug Geld haben, um die Strecke etwas umzubauen und für 2020 die Mindestanforderungen an Infrastruktur bereitzustellen, diese Frage kann momentan niemand beantworten.

«Ich kann mir nicht vorstellen, dass noch irgendwelche Modifikationen am ‘track layout’ machbar sind», sagt Mika Kallio. «Denn der Winter steht vor der Türe. Dem KymiRing-Betreiber läuft die Zeit davon.»

Noch ein zweiter Grand Prix steht unter Vorbehalt im Kalender: Brünn. Denn der Tschechien-GP-Promoter «Spolek pro porádání Grand Prix» muss für die GP-Gebühren 2020 in der Höhe von ca. 4,2 Millionen Euro eine Bankgarantie bereitstellen. Oder zumindest eine schriftliche und verbindliche Absichtserklärung der involvierten Politiker in Brünn, Südmähren und Prag an die Dorna übermitteln.

Der Motorrad-GP-Kalender 2020

08.März: Doha/Q
22. März: Buriram/TH
05. April: Austin/USA
19. Las Termas/RA
03. Mai Jerez/E
17. Mai. Le Mans/F
31. Mai: Mugello/I
07. Juni: Barcelona/E
21. Juni: Sachsenring/D
28. Juni Assen/NL
12. Juli: KymiRing/SF
09. August: Brünn/CZ
16. August: Red Bull Ring/A
30. August: Silverstone/GB
13. September: Misano/I
04. Oktober: Aragón/E
18. Oktober: Motegi/J
25. Oktober: Phillip Island/AUS
01. November: Sepang/MAL
15. November: Valencia/E

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