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Wilco Zeelenberg: Jorge Lorenzo ist gewappnet

Von Günther Wiesinger
Vor einem Jahr war Marc Márquez in der MotoGP eine unbekannte Grösse. 2014 wird er gejagt. Interview mit Lorenzos Yamaha-Teammanager Wilco Zeelenberg.

Wilco Zeelenberg (47) ist im Yamaha-MotoGP-Werksteam als Manager für Jorge Lorenzo zuständig. Der Niederländer spielt eine wichtige Rolle, sein Anteil an den Erfolgen des Spaniers ist beträchtlich.

Aber 2013 wurde Lorenzo vom Rookie Marc Márquez überrumpelt, dem anfangs niemand zutraute, gleich im ersten Jahr Weltmeister zu werden.

Jetzt präsentiert sich eine andere Ausgangslage. Vor einem Jahr war Dani Pedrosa überaus siegessicher, er hatte in der zweiten Saisonhälfte 2012 sieben Rennen gewonnen und war bei den Wintertests 2012/2013 sehr stark. Jorge Lorenzo hoffte mit Recht auf den nächsten Titelgewinn. Bei Márquez dachte man, er brauche ein Lernjahr.

Wie schätzt Wilco Zeelenberg die Situation für 2014 vor den ersten Sepang-Tests ein?

Wilco, wird es 2014 leichter für Jorge Lorenzo, den dritten Titel zu gewinnen? Marc Márquez steht jetzt unter Druck. 2013 hat eigentlich keiner Siege von ihm erwartet, den Titelgewinn schon gar nicht.

Ja, genau. Aber wenn man sagt, Márquez hatte letztes Jahr nichts zu verlieren, dann muss ich einwenden: Wenn du jedes Rennen unter dem Motto bestreitest, ich habe nichts zu verlieren, dann kannst du nicht so souverän Weltmeister werden.
Du brauchst die Fähigkeiten dazu und die Kontrolle über das Motorrad.

Aber jetzt wird Márquez keiner mehr unterschätzen. Jorge Lorenzo weiss, dass er härter kämpfen muss. Ein Fehler wie in der Zielkurve in Jerez wird ihm nicht mehr passieren?

(Er lacht). Ich hoffe es. Natürlich muss Jorge auf die Saison 2013 zurückblicken und aus den Fehlern lernen, die er gemacht hat. Er muss vorbereitet sein. Das Spiel beginnt in Katar von neuem. Es wird sich einiges ändern. Die Stärkeverhältnisse können sich anders sein.
Was hat Yamaha verbessert? Was hat Honda getan? Wenn ein Hersteller zwei oder drei Zehntel findet und der andere nicht, macht das einen erheblichen Unterschied. Dann beginnt die Saison mit ganz anderen Vorzeichen als im Vorjahr.
Du musst zuerst die Wintertests absolvieren, dann kannst du einen Plan für die ersten Rennwochenenden und für die Rennen am Sonntag machen.
Manchmal hast du etwas Mühe, manchmal hast du technisch einen kleinen Vorsprung. Aber ich glaube, wir wussten 2013 bereits nach den Wintertests, dass Marc einer der Fahrer sein würde, die um den Titel fighten würden. Jorge hat das frühzeitig erkannt. Und er hat sich nicht geirrt. Er hat geahnt, dass er es bei etlichen Rennen mit Marc zu tun bekommen würde. Weil er den Speed hatte.
Klar, alle waren überrascht, dass es Márquez gelungen ist, in den Rennen immer im Sattel zu bleiben und Weltmeister zu werden. Das hat keiner vorhergesehen.
Den Speed wird Márquez nicht verlieren. Wir müssen abwarten, wie Yamaha und Honda aus dem Winter raus kommen. In zwei, drei Wochen werden wir mehr wissen.

2013 waren erstmals nur noch fünf statt sechs Motoren pro Fahrer und Saison erlaubt. Jorge hat bereits beim dritten Rennen in Jerez einen Motor verloren. Hat diese Situation eure Chancen geschmälert?

Nein, eigentlich nicht. Natürlich war es nicht hilfreich. Es war keine ideale Situation, wir mussten unsere Pläne ändern. Die Crew musste öfter einen Motor ausbauen und einen anderen einbauen.
Ohne dieses Problem hätten wir manchmal einen frischeren Motor gehabt. Und wir wussten immer: Es darf kein Problem mehr auftauchen... Wir hatten keinen Spielraum mehr. Wenn man so ein Problem hat, würde man es sich lieber am Saisonende wünschen.
Wir wussten, es darf kein Crash mehr passieren wie 2012 mit Bautista in Assen. So ein Zwischenfall kann jederzeit wieder einen Motor kosten. Dann steckst du in der Scheisse...
Im Nachhinein hat sich dieser Motorschaden nicht auf die Resultate ausgewirkt. Aber das konnten wir am Anfang nicht einschätzen. Es war auch keine Motorexplosion, trotzdem konnten wir das Triebwerk nicht mehr verwenden. Ideal war es nicht.

Ich habe mich gewundert, dass Yamaha der Reduktion auf fünf Motoren zugestimmt hat. Erstens spart das kaum Geld, zweitens ging der Wunsch von Honda aus. Denn die haben schon 2012 teilweise nur fünf Motoren gebraucht und waren bei der Lebensdauer von vornherein im Vorteil.

Ja, ja. Ich bin kein Mitglied der Herstellervereinigung MSMA. Yamaha hat zugestimmt. Und es kann auch bei Honda einmal etwas passieren. Bei Fehlern, Defekten und Stürzen kann es eng werden.
Ich glaube auch, dass die Honda-Teams bei der Kilometerleistung immer auf der sicheren Seite sind.
Jetzt haben wir eine ähnliche Situation beim Treibstoff, es sind nur noch 20 statt 21 Liter erlaubt. Ist das eine schlaue Massnahme? Ich weiss es nicht. Ich hoffe, dass alle ins Ziel kommen.
Wenn du ein spannendes Rennen hast, aber zwei Fahrer in der letzten Runde mit leerem Tank liegen bleiben, ist das auch ein kleines Desaster, für die Zuschauer, für alle Beteiligten.

Aber die leichten Fahrer, heisst es, sollten mit 20 Liter durchkommen. Doch Honda könnte auch hier im Vorteil sein. Denn Rossi blieb 2013 in England in der Auslaufrunde ohne Sprit stehen. Crutchlow hat ihn dann aufgeladen. Die Honda brauchen weniger Sprit; bei ihnen ist das nie passiert.

Das kann ich nicht so genau beurteilen. Du darfst aber nicht vergessen, dass Valentino zu den grösseren Fahrern zählt. Als Simoncelli bei Honda fuhr, hatte er auch immer Probleme mit dem Sprit. Er war auch sehr gross.
Jorge verbraucht viel weniger Sprit als Valentino. Wir haben da nie Probleme gehabt. Das ist ein bisschen merkwürdig. Es hängt auch vom Fahrstil ab, nicht nur von der Körpergrösse.
Ich weiss nicht, ob wir beim Verbrauch Nachteile gegen Honda haben.

Musste bei Jorge 2013 manchmal im Rennen die Power reduziert werden, damit der Sprit bis zum Ziel reichte?

Ja, ganz sicher, wir mussten die Drehzahl manchmal reduzieren. Das hat nicht viel ausgemacht. Das war bei Honda nicht anders.

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