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Die Hintergründe: Warum Michelin zurückkehrt

Von Günther Wiesinger
Ende 2008 wollte kein MotoGP-Spitzenteam mehr Michelin fahren. Deshalb wurde Bridgestone zum Einheits-Reifenlieferant gekürt. 2016 kehrt Michelin unter neuen Vorzeichen zurück.

Im Vorjahr stand Michelin in der Formel 1 nach den Reifenplatzern von Pirelli als künftiger neuer Einheitsreifen-Lieferant zur Diskussion.

«Wir könnten innerhalb von sechs Monaten startklar sein», versicherte damals der Technische Direktor Nicolas Goubert. Er war auch in der MotoGP-Klasse jahrelang Michelin-Rennchef und gewann mit Valentino Rossi einen 500-ccm-WM-Titel nach dem anderen.

Insgesamt hat Michelin von 1976 (Barry Sheene auf Suzuki) in der Königsklasse (500 ccm, aber 2002 MotoGP) 27 von 31 möglichen Titeln gewonnen, ehe Casey Stoner (Ducati) 2007 erstmals mit Brigdestone triumphierte.

Nur Kenny Roberts (1978, 1979, und 1980 auf Yamaha mit Goodyear) und Wayne Rainey (1991 auf Yamaha mit Dunlop) pfuschten den Franzosen ins Handwerk.

Als Rossi 2008 auf Bridgestone umstieg, weil Michelin auf Pisten wie Laguna Seca nicht mehr konkurrenzfähig war und die Dorna für 2009 erstmals eine Ausschreibung für Einheitsreifen machte, zog sich Michelin beleidigt zurück. Damals kam für die Franzosen ein Einheitsreifen-Deal nicht in Frage, man wollte unbedingt den freien Reifen-Wettbewerb.

Inzwischen sind die Einheitsreifen in den meisten namhaften Motorsport-Rennserien Standard geworden.

Seit April 2012 herrscht bei Michelin mit Pascal Gouasnon ein neuer Motorsport-Direktor, Vorgänger Nick Shorrock wurde in den Ruhestand verabschiedet.

Inzwischen existiert bei Michelin keine grundsätzliche Abneigung mehr gegen Einheitsreifen.

«Michelin ist entschlossen, allen Notwendigkeiten des Motorsports Rechnung zu tragen», sagt Gouasnon. «Das heisst, wir sind dabei, wenn es um die Entwicklung von innovativen Technologien und konkurrenzfähigen Reifen geht. Reifen-Lebensdauer, Energie-Effizienz und das Fahrvergnügen, das sind lauter Faktoren, die in unserer Rennabteilung im Vordergrund stehen.»

Michelin hat bisher in jeder Motorsport-Disziplin Erfolge erzielt. Allein bei der Dakar-Rallye wurden zum Beispiel seit 1980 nicht weniger als 79 Klassensiege errungen.

«Der Rennsport spielt eine vitale Rolle, auch wenn es um die Entwicklung von Serienreifen für die Strasse geht», beteuert Pascal Gouasnon. «Wenn ein Produkt auf der Rennstrecke zufriedenstellend funktioniert, dann werden wir es auch dem Publikum auf der Strasse zugänglich machen. Es ist gut möglich, dass sich zum Beispiel ein Motorradrennfahrer und ein Motorradfan finden, deren Reifen ganz ähnliche Charakteristiken aufweisen.»

Und wo liessen sich die Qualitäten und die Vorzüge eines Motorradreifens besser zur Schau stellen, als in der MotoGP-Weltmeisterschaft?

Deshalb wird Michelin nach der Saison 2015 in der MotoGP-WM erstmals die Einheitsreifen liefern – für drei Jahre.

Bridgestone: Ezpeleta wollte Zugeständnisse

Als im Jahr 2008 die erste Ausschreibung für die MotoGP-Einheitsreifen lief, gab es nur einen Interessenten: Bridgestone.
Deshalb musste die Dorna alles hinnehmen, was die Japaner anboten. Nach drei Jahren wurde ein neuer Drei-Jahres-Vertrag vereinbart.

Bridgestone lieferte aber immer weniger Auswahl an unterschiedlichen Mischungen, es kam deshalb oft zu Diskussionen mit den Teams und Fahrern. Die Kritik wurde immer lauter.

Bridgestone hingegen sprach von jährlichen Kosten von 20 Millionen Euro. Denn alle Teams werden gratis beliefert, es werden 15.000 MotoGP-Reifen im Jahr produziert.

Eine breitere Auswahl hätte zusätzliche Millionen verschlungen, an Produktions-, -Logistik und Transportkosten.

In der Saison 2013 war die harte Hinterreifen-Option praktisch nie brauchbar, die Fahrer wetterten. 

Zum Saisonstart 2014 lieferte Bridgestone dasselbe Kontingent wie im Vorjahr: Elf Hinterreifen und neun Vorderreifen pro Fahrer und GP-Wochenende.

Dorna-Chef Carmelo Ezpeleta verlangte Zugeständnisse, er machte Druck, offenbar bereits wissend, dass Michelin als Nachfolger bereit steht und vor ein paar Monaten auch Dunlop und Pirelli nicht grundsätzlich ablehnten, als es um das Thema MotoGP ging.

Bridgestone wollte jedoch in den letzten Monaten auf die Wünsche der Dorna nicht ausreichend eingehen, willigte aber immerhin für einen zusätzlichen Ein-Jahres-Vertrag 2015 ein.

2016 kommt Michelin. Auch wenn das momentan niemand offiziell bestätigen wird.

In den Verträgen zwischen Bridgestone, der Dorna und den Teams wird für 2015 sogar eine zusätzliche Klausel aufgenommen, die Testfahrten mit einem anderen Fabrikat als Bridgestone gestattet.
Im Februar 2015 werden die ersten MotoGP-Maschinen bei Tests auf Michelin-Reifen herumrollen.

Bridgestone hatte sich 2002 mit einer einjährigen Testsaison auf die Königsklasse vorbereitet und damals das stillgelegte 500er-Team von Erv Kanemoto als Testteam genützt – mit Fahrer Jürgen van den Goorbergh auf einer Honda NSR 500.

Aber in diesem Jahr setzten die Spitzenteams in der WM schon die deutlich stärkeren 990-ccm-Viertakter ein. «Deshalb mussten wir 2003 in der Viertakt-Klasse fast wieder von vorne anfangen», erinnert sich Bridgestone-Chefkoordinator Thomas Scholz.

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