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Marc van der Straten/VDS: Ein Löwe als Markenzeichen

Von Enrico Borghi
Der belgische Bier-Milliardär und Graf Marc van der Straten ist im Kongo aufgewachsen, deshalb hat er den Löwen als Wappentier für sein Team gewählt. Ein aussergewöhnliches Interview.

Der belgische Bier-Magnat Marc van der Straten hat mit seinem Marc-VDS-Team 2014 erstmals die Moto2-WM gewonnen. Er hat aber im Team keine operative Funktion inne. «In einer Organisation, die funktioniert, hat jeder seine Rolle und sollte sich in Ruhe dafür einsetzen können. Ich kümmere mich um die Finanzen und ich glaube, das reicht doch», erklärte van der Straten im Gespräch mit SPEEDWEEK.com.

Graf Marc van der Straten ist selber nie Motorrad gefahren. Das hat mit der Vergangenheit zu tun.

«Vor vielen Jahren habe ich mich für Motorräder interessiert, aber nach einem schlimmen Erlebnis ging ich wieder auf Distanz. Ich fuhr auf einer Honda CB 750 als Sozius mit. Wir waren an der Costa Azzura, die Strasse war kurvig und überall standen Mauern», erinnert sich der 66-jährige Unternehmer. «Der Fahrer fuhr sehr schnell und ich bat ihn, das Tempo zu drosseln. Aber er hat nicht zugehört und wir sind daraufhin gestürzt. Wir hätten uns sehr schwer verletzen können. Kaum war ich wieder auf den Beinen, habe ich ihm einen kräftigen Faustschlag versetzt. Das war für mich so ein negatives Erlebnis, dass es sehr lange dauerte, bis ich mich wieder auf zwei Räder wagte. Vorerst ist es nur der Roller, mit dem ich mich im Fahrerlager oder auf der Strecke bewege.»

Was hat Sie den schliesslich bei den Motorradrennen fasziniert?

Mir gefallen die schönen und exklusiven Dinge. Dies geschieht durch Leidenschaft und das Talent der Personen. Der Artisten. Das hängt nicht alleine vom Geld ab.

Davon geben sie aber als Mäzen oder Sponsor trotzdem ordentlich viel aus.

Das stimmt, aber diese Sache mit dem Mäzenatentum ist überholt. Das gibt es vielleicht noch in der Musik, in der Malerei oder generell in der Kunst. Aber in der Welt des Motorsports kann noch so viel Talent vorhanden sein, es braucht auch Geld. Ja, es stimmt, ich gebe viel davon aus, aber ich werfe es nicht einfach so zum Fenster raus.

Sie wurden 2014 mit Tito Rabat Moto2-Weltmeister. Ihr Schützling Scott Redding konnte sein Talent bisher noch nicht festigen konnte und richtig unter Beweis stellen?

Ich wollte Scott Redding für 2015 unbedingt wieder im Team haben. Dank dem neuen MotoGP-Projekt ist er wieder in unserer Familie. Es hat mir nicht gefallen, dass er uns am Ende 2013 verlassen hat. Wissen sie, was mein Konzept eines Teams ist? Die Familie, das Familiäre muss der Kern sein.
Ich verfolge die Philosophie des Löwen, dem König der Tiere. Der junge Löwe sammelt das Erbe des alten Vaters, um gegen Widrigkeiten und Feinde anzukämpfen. Das ist auch die Geschichte meines Lebens, so sehe ich auch das Team. Auch meine Söhnen habe ich früh beigebracht, dass sie möglichst schnell auf eigenen Beinen stehen sollen, denn im Leben kann man sich nicht immer nur auf den Vater verlassen. Mein Konzept König Löwe ist gleichbedeutend für Familie. Das ist auch der Grund, warum ich das mit dem Logo im Team-Design rüberbringen will.
Der Löwe ist bekannt dafür, dass er sich einer Gruppe eingliedert und sie dann auch verteidigt. Ich habe das in meiner Jugend vor Ort lernen können.

Vor Ort?

Ja, ich bin in Afrika geboren. Meine Heimat ist zwar Belgien, wo ich auch heute wohne, aber ich bin in einem Land geboren, dass damals noch Zaire hiess und heute als Demokratische Republik Kongo bekannt ist.
Ich habe meine Jugend in diesem wundervollen Land verbracht. Aber es war hart und erbarmungslos. Ich habe schon als Kind gelernt, mit Schlangen und Raubkatzen zu leben und bin der Meinung, dass gefährliche Tiere eine gute Metapher sind. Dort unten musste man jeden Tag um sein Überleben kämpfen. Du musstest lernen, für dich zu sorgen und auch die Gruppe zu verteidigen.

Wie kam es, dass Sie in Afrika geboren sind?

Mein Vater besass zuerst Kaffee- und später auch Teeplantagen. Bis zu meinem 14. Lebensjahr war ich in Afrika daheim. Dann bin ich mit der Familie an vielen anderen Orten auf der Welt gewesen. Aber mein Hauptquartier ist in Belgien, in Charleroi, wo mein Sitz ist und wo auch alle meine Teams stationiert sind. Also beim Löwen.

Gut, fangen wir mit dem Kopf des Löwen an.

Ich wollte zuerst den Kopf eines Geparden, es ist das schnellste Tier auf der Welt. Das wäre ein gutes Symbol für ein Rennteam – oder nicht? Aber ich entschied mich für den Löwen aus Gründen, die ich bereits erwähnt habe. Wollen sie wissen, wie ich die Farben ausgewählt habe? Das Gelb ist für den Kopf der Raubkatzen. Grau, weil diese Farbe sowohl in der Sonne glänzt wie auch bei bewölktem Himmel. Dann Bordeaux, die Farbe des Weins. Wenn Sie den Wein im Gegenlicht betrachten, gibt er sehr schöne Farben ab. Übrigens, wir haben noch nichts getrunken...

Sie haben für 2015 mit der spanischen Biermarke Estrella Galicia 0,0 einen neuen Hauptsponsor gefunden?

Das ist korrekt. Ich stamme aus einer Familie, die eine globale Brauerei gegründet hat. Wir reden da von meinem Grossvater und Vater. Ich zähle da nicht dazu. Das Management dieser Gruppe liegt nicht in meinen Händen. Ich höre Stimmen, die sagen, es wäre absurd, dass mein Team von einer Biermarke abhängig ist. Diese Firma ist mehr als nur ein Sponsor, sie ist Teil eines viel grösseren Projekts. Da ist Honda, da sind wir, da ist die Struktur von Emilio Alzamora und dann ist dieser neue Sponsor. Das beweist doch deutlich, dass wir ein Kundenteam sind. Wir konstruieren einen Kanal, der von jungen Talenten benützt wird, um in die MotoGP zu gelangen.

Das ist Alzamora mit Marc Márquez bereits gelungen.

(Er lacht). Aber jetzt haben wir bei VDS Scott Redding in der MotoGP-Klasse. Und ich möchte das Maximum für ihn tun. Honda hat uns eine Werksmaschine gegeben und Scott wird jetzt seine grosse Chance bekommen.
Nehmen Sie jetzt wenigstens ein Bier?

Schauen sie, ich halte nichts von Bier.

Lassen wir das Formelle, duzen wir uns, ich bin Marc. Bei dieser Gelegenheit sollten wir aber zusammen anstossen.

Es tut mir leid, ich trinke nicht.

Unmöglich. Hast du was gegen meinen Kühlschrank?

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