Fazit Wales Rally GB: Hat die FIA die WM beeinflusst?

Kolumne von Christian Schön
Siegt auch mit kleinerem Heckflügel – Toyota-Pilot Ott Tänak in Wales

Siegt auch mit kleinerem Heckflügel – Toyota-Pilot Ott Tänak in Wales

Die Heckflügel-Affäre bei Toyota wirft ein unschönes Licht auf die Regelhüter. Wir werden wohl nie wissen, wie viele Erfolge der letzten drei Jahre die japanische Marke dem Fehler bei der Homologation zu verdanken hat.

Thierry Neuville war sich sicher. «Der Vorsprung von Toyota ist kleiner, wir sind definitiv dichter dran», analysierte der Hyundai-Pilot nach der Wales Rally GB. Die hatte Neuville gerade mit 10,9 Sekunden Rückstand gegen Toyota-Speerspitze Ott Tänak verloren. «Mit dem alten Heckflügel wären es mehr gewesen», war Neuville überzeugt.

Kurz zur Erinnerung: Seit der Rallye Türkei verwendet Toyota einen kleineren, aller Wahrscheinlichkeit nach weniger effektiven Heckflügel. Während die Aerodynamik bei den niedrigen Geschwindigkeiten auf den Rumpelpisten rund um Marmaris eher nicht ins Gewicht fiel, spielte sie auf dem Highspeed-Schotter von Wales eine deutlich größere Rolle. Endgültige Klarheit über einen eventuellen Performance-Verlust dürfte die Asphalt-Etappe der bevorstehenden Rallye Spanien bringen.

Sollte Neuville richtig liegen, stellt sich die Frage: Wie hätten die Toyota-Piloten in der Vergangenheit mit dem kleineren Flügel abgeschnitten? Das Teil klebt am Yaris WRC seit der WM-Premiere zur Rallye Monte Carlo 2017. Seitdem feierten Ott Tänak, Jari-Matti Latvala und Esapekka Lappi zusammen 13 Siege. Zumindest in das Titelduell 2018 zwischen Neuville und Sébastien Ogier (damals Ford) griff Tänak entscheidend ein.

Oder anders gefragt: Hat die FIA mit ihrer Nachlässigkeit die WM seit 2017 massiv beeinflusst? Immerhin war den Kontrolleuren des Weltverbandes bei der Homologation des Yaris WRC Ende 2016 der außerhalb der Maximalmaße liegende Heckflügel nicht aufgefallen. Ob der Heckflügel, der nicht dem Reglement entspricht, aber homologiert wurde, illegal ist, ist seit dem Moment umstritten, als Konkurrent Citroën den Skandal ins Rollen brachte.

Übertragen auf den Fußball kommt mir folgender Vergleich in den Sinn: Eine Mannschaft läuft zweieinhalb Jahre lang mit zwölf Spielern auf. Was irgendwie niemandem auffällt und deswegen auch nie geahndet wird. Bis ein Konkurrenzteam bei der Analyse der überragenden Spielzüge jener Mannschaft auf einmal realisiert, dass die nur mit einem Spieler mehr als zulässig funktionieren.

Ich stelle mir außerdem die Frage, ob auf Seiten Toyotas Absicht vorlag. Hat Chefingenieur Tom Fowler nach dem Motto gehandelt: Mal schauen, ob’s einer merkt? Jedenfalls erinnert mich dieser Vorfall vehement an die 1970er bis ‘90er Jahre, als bei Homologationen getrickst wurde, dass sich die Balken bogen. Von beim Abzählen der Mindeststückzahl mehrfach vorgeführten Autos bis zu angeblich serienmäßigen Teilen, die es so nie zu kaufen gab..

Nach den Buchstaben des Gesetzes ist der Wettbewerber – in diesem Fall Toyota – trotz gültiger Homologation für die Legalität seiner Autos zuständig. Eine nachträgliche Bestrafung wäre also denkbar gewesen, wenn auch sehr schwierig. Immerhin hat der Yaris WRC seit Saisonbeginn 2017 drei Dutzend Technische Abnahmen ohne Beanstandung passiert. Ein Fußballspiel wird auch nicht wiederholt, wenn man Jahre später in einem Video einen Schiedsrichterfehler bemerkt.

Brisant ist in diesem Zusammenhang, dass Toyota schon einmal sämtliche WM-Punkte einer Saison aberkannt und außerdem eine Sperre aufgebrummt bekam. 1995 wurde in den Gruppe-A-Celica eine technisch raffinierte Umgehung des vorgeschriebenen Airrestrictors gefunden. Auch damals musste den FIA-Kontrolleuren durch einen Insider-Tipp auf die Sprünge geholfen werden. Damals war, wie man vor Gericht sagen würde, nachweislich hohe kriminelle Energie im Spiel.

Sind wir also gespannt auf die noch verbleibenden beiden WM-Läufe in Spanien und Australien. So sehr ich Ott Tänak – nach 13 Jahren Eintönigkeit zumindest was den Weltmeister angeht – den Titel auch gönne. Ich hoffe, am Ende bleiben keine Zweifel an seiner Leistung.

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