Absage Rallye Australien: Richtige Entscheidung

Kolumne von Christian Schön
Pechvogel des Jahres – der Neuseeländer Hayden Paddon

Pechvogel des Jahres – der Neuseeländer Hayden Paddon

Beim Finale stand mehr als nur eine Rallye auf dem Spiel. Toyota und Hayden Paddon sind die sportlichen Verlierer

Absagen einzelner Läufe sind nichts Neues in der Rallye-WM. 2016 fiel die Rallye China aus, weil zumindest nach offizieller Begründung des Veranstalters Unwetter die vorgesehene Strecke zu stark beschädigt hatten.1974 begann die gesamte Saison wegen der vom Jom-Kippur-Krieg zwischen Israel und Ägypten ausgelösten Ölkrise sogar erst Ende März.  Doch noch nie erfolgte der Stopp so kurz vor dem Start wie jetzt in Australien. Am Donnerstag hätte es losgehen sollen.

Meiner Meinung nach die einzig richtige Entscheidung – die durchaus schon früher hätte fallen können. Dass sich die Situation im Bundesstaat New South Wales und speziell in der Gegend rund um Coffs Harbour in naher Zukunft nicht entspannt, war schon seit Tagen klar. Die kurzzeitig angedachte auf knapp 90 WP-Kilometer eingedampfte Variante, vielleicht Sponsorenverpflichtungen und Versicherungsverträgen geschuldet, wäre nicht nur zynisch gewesen. Sie hätte auch ein hohes Risiko in sich getragen.

Wäre es verantwortlich gewesen, eine Motorsportveranstaltung in einer Gegend durchzuführen, in der Buschfeuer wüten? Wo Menschen ihr Leben verloren haben oder buchstäblich vor den Trümmern ihrer Existenz stehen? In der jeder verfügbare Feuerwehrmann, Arzt und Sanitäter für wichtigere Dinge als Motorsport gebraucht wird?

Sicherlich nicht. Ganz zu schweigen von der drohenden PR-Pleite. Fotos von Rallyeautos mit Rauchwolken im Hintergrund will keiner sehen. Eine Steilvorlage für alle Kritiker des Rallyesports, nicht nur in Australien.

Dass eine solche Absage immer auch tiefgreifende Folgen hat, zeigen die Beispiel Toyota und Hayden Paddon. Toyota war nach Australien mit dem festen Willen gereist, Hyundai im Kampf um den Marken-Titel noch abzufangen. 18 Punkte Rückstand schienen aufholbar. Daraus wird jetzt nichts.

Toyota steht damit 2020 mit leeren Händen da. Fahrer-Champion Ott Tänak trägt dann den Hyundai-Overall. Und die koreanische Marke kann außerdem mit dem - durchaus verdienten - Hersteller-Titel werben. Wer ein wenig Vorstellung von der japanischen Mentalität hat, kann sich vorstellen, wie bitter das für Firmenchef Akio Toyoda und die Motorsport-Fans in seiner Mannschaft sein muss.

Geradezu tragisch ist das Pech von Haydon Paddon. Von Hyundai eiskalt ausgebootet, hatte der Neuseeländer im Sommer mühsam ein Budget aufgetrieben, um die Rallye Finnland zu bestreiten. Beim Test davor lag ein Stein mitten auf der Fahrbahn. Ausweichen unmöglich, Rolle in den Wald, Ford Fiesta WRC so stark beschädigt, dass Paddon den Start absagen musste.

Zweite Chance bei der Rallye Australien. Wieder mit viel privatem Geld und einer Menge Unterstützung von M-Sport, wo man Paddon keine Schuld am Finnland-Unfall gibt. Vielleicht dessen letzte Möglichkeit, sich irgendwie doch noch einmal für ein Werkscockpit zu empfehlen. Auch die wird er jetzt nicht haben.

«Ich habe rund 350.000 Euro investiert, die sind ohne Gegenwert weg», erläuterte Paddon einer neuseeländischen Zeitung. «Mein Plan war, mich den Werksteams zu zeigen. Das kann ich jetzt vergessen. Ich befürchte, das Kapitel WRC ist für mich endgültig abgeschlossen.»

Ironie des Schicksals: 2020 findet in Neuseeland erstmals seit 2012 wieder ein WM-Lauf statt. Die Bewerbung war vor allem getragen von der Euphorie um Hayden Paddon, dem einzigen «Kiwi» unter den Werksfahrern, der bei bisher 81 Starts einen Sieg (Argentinien 2016) feiern konnte.

Was die jetzige Absage für die langfristige Zukunft der Rallye Australien bedeutet, bleibt abzuwarten. 2020 ist sie ohnehin kein Teil des WM-Kalenders, für die Zeit danach planen die Organisatoren einen Neustart in einer weniger abgeschiedenen Gegend als Coffs Harbour.

Seit 2011 war der australische WM-Lauf hier zu Hause. Die lokale Mannschaft hätte ein Happy-End verdient gehabt.

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