Speedway: Trauer um Andrey Kudryashov

Eintagsfliege Deutschland-Grand-Prix in Schotten

Von Thorsten Horn
Werner Haas und Walter Zeller feierten in Schotten jeweils einen Sieg

Werner Haas und Walter Zeller feierten in Schotten jeweils einen Sieg

Nachdem der erste Motorrad-WM-Lauf auf deutschem Boden 1952 auf der Stuttgarter Solitude ausgetragen worden war, war am 19. Juli 1953 – heute vor 70 Jahren – Schotten an der Reihe. Es sollte das einzige Mal bleiben.

Die Anfänge des motorsportlichen Treibens im hessischen Vogelsbergkreis gehen bis in die 1920er-Jahre zurück. Auch hier begann alles mit der Gründung eines Motorradclubs, in diesem Fall mit dem Vogelsberger Automobil- und Motorradclub mit Sitz in Schotten 1925.

Noch im selben Jahr führte der VAMC seine erste Veranstaltung durch. Diese war ein Motorradturnier mit Bergrennen und Geschicklichkeitsprüfung. Im Mittelpunkt des Interesses stand an diesem 12. September allerdings das über 2 Runden zu je 16,08 km angesetzte Rundstreckenrennen mit 43 Teilnehmern.

1927 kamen dann mit einer Vielzahl bekannter Fahrer aus ganz Deutschland über 10.000 Zuschauer nach Schotten. Zwei Jahre später war Schotten bereits Austragungsort eines Laufes zur Deutschen Motorradmeisterschaft. Arthur Geiß auf DKW und Karl Gall auf Standard hießen die Sieger in den Klassen bis 250 bzw. 500 ccm.

1930 kamen schon über 50.000 Zuschauer zum Schottenring. Dabei schraubte der englische NSU-Werksfahrer Tom Bullus trotz strömenden Regens den Rundenrekord erstmals über die 100 km/h-Marke. Auf Grund einer gerissenen Kette musste er allerdings vorzeitig die Segel streichen, sodass Toni Bauhofer auf DKW die große Klasse gewann.

Ab 1933 wurden dann die Rennen «Rund um Schotten» mit internationaler Beteiligung ausgetragen. Die Siege räumten aber weiterhin Fahrer der gastgebenden Nation ab. Somit blieb Tom Bullus‘ Sieg von 1932 vorerst der einzige eines ausländischen Fahrers. Doch der NSU-Werksfahrer lebte viele Jahre in Deutschland und galt quasi als Einheimischer. 1935 benannten die Neckarsulmer ihre 350er sogar nach ihm.

Nach Ende des Zweiten Weltkriegs vergingen nur zwei Jahre, bis die ersten Rennmotoren wieder im Vogelsbergkreis dröhnten. Zunächst wurden wie in den letzten beiden Vorkriegsjahren kombinierte Motorrad- und Autorennen abgehalten, doch die Motorräder hatten in der Gunst der Zuschauer stets die Nase vorn.

1953 gelang dann den Mitgliedern des «MSC Rund um Schotten» der große Coup. Nicht zuletzt auf Grund der stattlichen Zuschauerzahlen, die damals um die 250.000 lagen, erhielten sie den Zuschlag zur Austragung des Großen Preis von Deutschland, dem WM-Lauf für Motorräder.

Der große Coup und die große Enttäuschung

Der 19. Juli 1953 sollte nun zum größten Tag des hessischen Clubs werden. War es im Nachhinein betrachtet auch, zum damaligen Zeitpunkt aber eine riesige Enttäuschung. Was war passiert? Die Werksteams von Norton, AJS, Gilera und Moto Guzzi boykottierten die Rennen auf dem Schottenring mit dem Hinweis auf eine zu gefährliche Strecke. Doch der Schottenring war damals kaum gefährlicher als andere für diese Zeit typische Straßenkurse. Außerdem traten die Werksteams von Moto Guzzi und Norton schon im Vorjahr erfolgreich in Schotten an.

Eigentlich wollten die Teams und ihre Fahrer in Richtung FIM ein Exempel für mehr Sicherheit statuieren. Leider in Schotten. Nach langem hin und her einigte man sich darauf, dass die Rennen der Klassen bis 125 und 250 ccm zur WM zählten und die beiden großen Klassen lediglich als internationale Rennen ausgetragen wurden.

In der Achtelliterklasse gewann der Italiener Carlo Ubbiali auf MV Agusta knapp vor den NSU-Werksfahrern Werner Haas und Otto Daiker. Bei den 250ern gewann Werner Haas souverän vor Alano Montanari auf Moto Guzzi. Dritter wurde August Hobl auf DKW. Mit diesem zweiten Platz und dem Sieg in der Viertelliterklasse sammelte der Augsburger beim Heim-Grand Prix in Schotten wichtige Punkte auf dem Weg zu seiner Doppelweltmeisterschaft 1953.

Carlos Bandirola (MV Agusta) und Walter Zeller (BMW) hießen die Sieger in den großen Klassen, wobei Bandirola mit der 350er die schnellste Zeit des Tages fuhr.

Zwei Jahre nach dem ominösen Weltmeisterschaftslauf wurde dann das letzte Kapitel des alten Schottenrings aufgeschlagen. Einen vielbeachteten Erfolg feierte dabei die neu aufgebaute Zschopauer Rennabteilung, als der Chemnitzer Horst Fügner das Rennen der Achtelliterklasse gewann. H.-P. Müller (NSU, 250ccm), August Hobl (DKW, 350ccm) und Walter Zeller (BMW, 500ccm) hießen die weiteren Sieger in den Soloklassen. Bei den Seitenwagen gewannen die späteren Weltmeister Willy Faust/Karl Remmert.

Gegen Ende der 1960er-Jahre versuchte man in Schotten zwar noch einmal mit Bergrennen Fuß zu fassen, doch an die ruhmreiche Zeit konnte nicht mehr angeknüpft werden. Seit 1989 dröhnen nun in Schotten beim jährlich im August stattfindenden Schottenring-Classic-Grand Prix die Motoren aus der guten alten Zeit wieder. Diese wirklich gelungene und stets mit vielen Stars gespickte Veranstaltung ist mittlerweile eine der langlebigsten, größten und bestbesuchten ihrer Art in Deutschland.

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