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Gedanken an Chris Pfeiffer: Sein Feuer lodert ewig

Von Ivo Schützbach
Am kommenden Samstag wird Chris Pfeiffer (51) in Trauchgau zu Grabe getragen. Der ehemalige BMW-Rennchef Berthold Hauser erinnert mit ergreifenden Anekdoten an den grandiosen Stuntrider aus dem Allgäu.

Chris Pfeiffer hat Stuntriding salonfähig gemacht, er ist bis heute der bekannteste Zweiradakrobat der Welt. Was der 51-Jährige Motorradfans gegeben hat, lässt sich kaum in Worte fassen, so beeindruckend und verblüffend waren seine Shows.

«Er hat Dinge gemacht, bei denen ich immer gesagt habe, dass das außerhalb der Physik ist, dass das nicht geht», erzählte der frühere BMW-Rennchef Berthold Hauser SPEEDWEEK.com. «Er hat die Physik umgeschrieben – er tanzte mit dem Motorrad

2005 wechselte Pfeiffer, Spitzname «Pfiff», von Ducati zu BMW und stellte in den Jahren seither das Image der früher biederen Marke aus München auf den Kopf.

«Den zuständigen Mann von Ducati hatte ich damals am Telefon und er machte mich rund», erinnerte sich Hauser an die Übergangszeit. «Wie mir einfallen kann, dass ich den Chris Pfeiffer unter Vertrag nehme und von Ducati wegluchse. Der hat mich zusammengeschissen, ich habe ihn toben lassen. Irgendwann sagte ich ihm dann, dass Angebot die Nachfrage regelt und umgekehrt. Jetzt ist er bei BMW – und so schnell lasse ich ihn nicht mehr gehen. Er meinte, das würde noch Konsequenzen haben – ich pfiff darauf. War der damals angefressen – und ich habe in mich reingegrinst.»

Pfeiffers sportliche Karriere begann im Trial-Sport, auch als Hard-Enduro-Fahrer war er herausragend, wie unter anderen seine vier Siege beim Red Bull Hare Scramble in Eisenerz belegen.

«Als bei uns die Zeit mit der HP2 Enduro kam, haben wir ihn auch dort integriert», schilderte Hauser. «Ich habe ihn damals auch überredet am Erzberg den Prolog mitzufahren. Chris gelang auf der langen Geraden mit 174 km/h ein Geschwindigkeitsrekord. Er hatte vor nichts Angst. Irgendwann hat er entschieden, dass im Enduro andere besser sind, und er sich deshalb nicht mehr so sehr berufen fühlt, das zu tun. Obwohl ihm das fetzigen Spaß gemacht hat. Er fuhr auch Cross-Country, hat sich dann aber auf Stuntriding konzentriert.»

Der Allgäuer wurde jeweils viermal Welt- und Europameister im Stuntriding. «Weil er so erfolgreich war, haben sich immer mehr Leute dafür interessiert», weiß der ehemalige BMW-Rennchef. «Er tingelte durch die Länder, von uns brauchte er nur noch das Material. Das konnte ich ihm auch geben, weil ich die Rückendeckung hatte. Chris hat nicht nur Titel eingefahren, sondern die Leute bei den Events vom Hocker gerissen. Ich habe ihn immer wieder live erlebt und mich gefragt, wie man mit dem Körper eine solche Koordination auf dem Motorrad haben kann.»

Einige Aktionen Pfeiffers sind besonders in Erinnerung geblieben.

Hauser: «Chris fuhr damals auf dem BMW-Tower. Ich dachte mir, der ist wahnsinnig. Ein Fehltritt und es hätte ihn runtergehauen. Damit hat er ein Feuer der Begeisterung durch das ganze Haus durchgelassen. Die Formel-1ler haben ihn dann mal auftreten lassen, die waren danach fix und fertig. Nach seinem Ausflug nach Indien sagte er mir, dass er das Gefühl hatte, ganz Indien wäre durchgedreht. Spektakulär war auch, als er in Italien mit der Trial-Maschine über die Brücke fuhr. Ich sagte ihm damals, dass ich ihm noch eine runterhaue, wenn er sich bei so etwas zerlegt. Was wäre gewesen, wenn die Brücke das nicht ausgehalten hätte? ‚So schwer bin ich nicht‘, entgegnete der Pfiff. Mit der HP2 Enduro ist er ins Foampit gesprungen, er wollte einen Backflip machen. Da hat es ihn ziemlich reingebrezelt und er hat sich auch weh getan. Was der alles getrieben hat, er muss einen Bund mit dem Teufel gehabt haben.»

«Ich habe da nie groß Tamtam drum gemacht, aber ich bin sehr stolz, dass ich eine F800 Replika von ihm habe. Er hat aus diesem Fahrzeug das gemacht, was es heute ist: Er hat dem Motorrad Leben eingehaucht, das war unglaublich. Er hat auch die BMW LT aufs Hinterrad gebracht und ist mit der Doppel-R rumgeblasen. Ich wollte mit ihm nach Ungarn zum Enduro-Fahren und habe ihn angerufen. Er sagte mir, dass er wieder raus sei aus dem Loch und alles passen würde. Das war kurz vor der Seuche. Chris und ich hatten ein unglaublich gutes Verhältnis, dass ich diesen Menschen kennenlernen durfte, ist eine wahnsinnige Ehre. Das wird immer so bleiben, das sitzt in mir drin. Mir blieb die Luft weg, als ich die schlimme Nachricht von seinem Tod bekam. Noch dazu, weil ich dachte, dass er diese Krankheit hinter sich lassen konnte. Es ist erschütternd, dass er aus dieser Spur wieder rausrutschte. Er fuhr nicht nur auf zwei Rädern, er hat der Welt sehr viel gegeben. Er hat den Menschen ein Strahlen ins Gesicht gezaubert, den Enthusiasmus der Zuschauer kann man kaum beschreiben. Wer den Pfiff nicht kennt, der kennt die Welt nicht.»

«Das ist, was von Chris bleibt: Die unglaubliche Begeisterung, das Feuer, aber auch der Mensch. Er war immer zugänglich und einer von uns. Und wird das auch immer bleiben. Er ist nie abgehoben und war für alle da. Er trug die Nase nie höher als ein normaler Mensch. Er war so nahbar und doch vom anderen Stern. Er hatte Energie. Auch wenn sein Lebenslicht erloschen ist, diese irre Dynamik, sein Wille, seine Augen – die werden immer leuchten. Sein Feuer wird immer lodern, so etwas kann man nicht auslöschen. Auch wenn sein Leben beendet ist, der Pfiff wird immer da sein.»

Chris Pfeiffer wird am kommenden Samstag (26. März) um 9.30 Uhr in Trauchgau beerdigt. Wer persönlich von ihm Abschied nehmen will, ist herzlich willkommen.


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