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Motorsport: Entschleunigung ist das Gebot der Stunde
Die Coronakrise hat den globalen Motorsport und viele andere Großanlässe zum Erliegen gebracht. Jetzt ist Zeit für Besinnung. Ein Impfstoff ist momentan wichtiger als die Austragung von Risikosportarten.
MotoGP
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Am Wochenende des 8. März (Katar-GP in den Klassen Moto3 und Moto2) haben die meisten Beteiligten noch erwartet, dass die Covid-19-Seuche ohne allzu drakonische Maßnahmen uns vorbeigehen würde wie einst AIDS, die Maul- und Klauen-Seuche, MERS, SARS, die Schweinegrippe, Ebola und so weiter.
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Doch plötzlich hörten wir nur noch von Herden-Immunität, von Ausgangsbeschränkungen, Lockdown, Hausarrest, Testungen, Antikörpern, Blutplasma, FFP-2-Masken, Schutzanzügen, Beatmungsgeräten, von Tausenden Infizierten und Toten – und von einer überschaubaren Zahlen von Genesenen. Versammlungsverbote wurden uns auferlegt, die USA ließen zuerst keine Chinesen und dann keine Europäer (Ausnahme Großbritannien und Irland!) mehr ins Land, es folgten die Abstandsregeln (1 bis 2 Meter) sowie die Flug- und Reiseverbote. Der Motorsport kam weltweit zum Erliegen. Es gab Absagen statt Rennberichte. Aber manche Teamchefs und Fahrer hofften vor wenigen Tagen und zwei Wochen noch auf einen Re-Start im Mai oder Juni und einen möglichst prallen GP-Kalender.
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Durchhalteparolen standen an der Tagesordnung.
Aber wer die Situation in Italien, dann Spanien und wenig später auch in Frankreich aufmerksam, verfolgt, dem wurde bewusst: Risikosportarten standen jetzt nicht mehr im Vordergrund.
Es ging ums nackte Überleben, um Arbeitsplätze, um Firmenpleiten en masse, um den Untergang ganzer Branchen wie Luftfahrt und Tourismus. Aber wir sinnierten immer noch: Wie kann man möglichst viele WM-Läufe in die Monate ab August stopfen? Veranstaltungen mit vier Tagen oder mit zwei? Jeweils drei Events an drei Wochenenden, dann ein freies Weekend.
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Irgendwann sahen auch die Dorna-Manager ein, dass sie den abgesagten Rennen kein neues Datum geben sollten, weil es am nächsten Tag sowieso wieder hinfällig war. Seit am Sonntag die österreichische Regierung mit der einleuchtenden Erklärung herausrückte, dass die Reiseverbote erst gelockert und die Grenzen erst geöffnet werden, wenn es einen wirksamen Impfstoff gegen SARS-CoV-2 gibt, griff ein Blinder mit dem Stock: Die Saison 2020 ist gelaufen. Seither werden die Hiobsbotschaften immer schlimmer. Am gestrigen Dienstag (7. April) raffte der Virus in Großbritannien 786 Menschen hin, in den USA 1690. in Frankreich 1417, in Italien 571, in Spanien 604. Kein Wunder, wenn die meisten Flughäfen gesperrt sind, alle Flugzeuge gegroundet wurden, wenn immer mehr Grenzen geschlossen werden, Finnland hat sich gestern sogar von Schweden und Norwegen abgeschottet.
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Natürlich lesen wir täglich oder sehen in den TV-Nachrichten, wie emsig an Medikamenten und Impfstoffen geforscht wird, immer mehr Wichtigtuer melden einen Durchbruch in der Forschung, sie machen falsche Hoffnungen. Denn jeder Virologe, Immunologe, jeder Pandemieforscher und Normalmediziner sagt uns: Für die Entwicklung eines Impfstoffs sind drei Phasen zu durchlaufen, jede dauert im Normalfall sechs Monate. Also insgesamt eineinhalb Jahre. Die EU hat jetzt ein beschleunigtes Verfahren für die Zulassung angekündigt. Aber zuerst muss geforscht werden, dann kommen Tierversuche, erste Anwendungen an Menschen mit leichter Dosis (in Amerika bekommen Testpersonen dafür 4000 US-Dollar), denn es müssen Nebenwirklunge erprobt werden. Dann geht es um die Zulassung und Zertifizierung (da werden Qualität, Wirksamkeit und Sicherheit sorgfältig und aufwändig geprüft) und die weltweite Produktion und den Vertrieb. Ungefähr 35 Pharma-Unternehmen und akademische Institutionen weltweit forschen nach Impfstoffen ("vaccine"), zumindest vier Unternehmen machen mit ihren Wirkstoff-Kandidaten bereits Tierversuche. Der Biotech-Firma Modern in Boston/USA wird eine Vorreiterrolle zugesprochen. Bei ihr stehen die Probeläufe mit Menschen unmittelbar bevor. Im günstigen Fall kann so ein Produkt im November oder Dezember auf den Markt kommen.
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Deshalb wird sich in den nächsten sechs Monaten an den Abstandsregeln, am Verringern der persönlichen Kontakte, am häufigen Händewaschen, Maskentragen und so weiter nichts ändern. Wir halten bei total 1,5 Millionen Infizierten und bei mehr als 82.000 Toten. Millionen Menschen leben in Angst – vor dem Virus, vor dem Verlust des Arbeitsplatzes, vor dem finanziellen Ruin, vor den überfüllten Spitälern, in denen manchen Menschen gar nicht mehr geholfen wird, sie haben Angst um ihre Angehörigen, vor dem totalen Zusammenbruch der Wirtschaft. Angesichts solcher Schicksale muss der Motorsport in den Hintergrund treten. Vielleicht nur für das nächste halbe Jahr. Diese Zeit können alle Beteiligte nutzen, um sich Gedanken darüber zu machen, ob das System des "höher, schneller, weiter" im Sport und anderen Bereichen nicht gründlich überdacht werden muss. In den letzten Jahren wurde pausenlos über Entschleunigung geredet. Gemacht haben es die wenigsten.
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Und wenn, dann wurde die Entschleunigung in Form eines Zwei-Tage-Trips ins 600 km entfernte Wellness-Hotel absolviert. Es konnte ja nicht schnell genug gehen.
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