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Mercedes zeigt: Das Rennen von China nach Bahrain

Von Rob La Salle
​Im Anschluss an den WM-Lauf von China in Shanghi begann für die Teams eine atemraubende Hetzjagd, um rechtzeitig in Bahrain zu sein. Was hinter den Kulissen alles ablief, erklärt Weltmeister Mercedes-Benz.

Der Grosse Preis von China ergab den ersten Sieg von Lewis Hamilton und Mercedes in dieser Saison. Doch kaum waren die karierte Flagge gefallen und der Schaumwein auf dem Podium versprüht, da begann bereits ein neues Rennen – der Countdown bis zum Grossen Preis von Bahrain hatte bereits begonnen.

Die Fans lieben zwei Rennen unmittelbar hintereinander, da sie an zwei Wochenenden in Folge Formel-1-Action geniessen dürfen. Aber für die Teams ist es eine enorme logistische Herausforderung. Sie müssen bis zu 15 Luftfracht-Container, 10 Frachtboxen und zahlreiche Koffer (alles zusammen beinahe 39 Tonnen) quer von Shanghai nach Bahrain transportieren. Dabei haben wir noch gar nicht von der Seefracht gesprochen, die bereits im Januar nach Bahrain verschifft worden war. Also wie läuft das alles eigentlich genau ab?

Noch bevor das Team sich in Shanghai für das Sieger-Gruppenfoto in der Boxengasse zusammenfindet, werden bereits die ersten Abbau- und Packarbeiten durchgeführt. Unbeobachtet von den TV-Kameras kommen die ersten Frachtpaletten des Teams bereits gegen Rennmitte im Fahrerlager an. Dann macht sich eine kleine Armada an Gabelstaplerfahrern an die Arbeit. Bei einem Überseerennen bleiben dem Team drei Tage (Montag bis Mittwoch), um die Box aufzubauen, aber nur sechs Stunden, um alles nach dem Rennen am Sonntagabend wieder abzubauen. Der Abbau der Mercedes-Box begann nur 15 Minuten nach dem Fallen der karierten Flagge um 15.37 Uhr Ortszeit in China. Um 22.30 Uhr schlossen die Jungs den Deckel der letzten Palette und verliessen dann das Fahrerlager. Eine beeindruckende Leistung.

Die Planungen für den Abbau beginnen bereits am Donnerstag. Dann bestimmen der Chef-Boxentechniker und der Chefmechaniker bei einem Meeting, wie sie die Arbeit am Sonntag einteilen und was bereits vorher vorbereitet werden kann. Ersatzgetriebe können oftmals schon am Samstagabend eingepackt werden. Dann sind sie bereit, um am Sonntagabend mit den Ingenieuren als Handgepäck transportiert zu werden. Bis zum Samstag legt der Chef-Boxentechniker einen Abbauplan vor. Darin legt er fest, wo die Frachtpaletten im Fahrerlager platziert werden – in der Reihenfolge, in der sie zuerst benötigt werden. Es ist eine detaillierte und gut geölte Maschine.

Die erste wichtige Aufgabe am Sonntagabend ist es, die Fracht mit der höchsten Priorität abzuwickeln. Jedes Team hat drei Prioritäts-Paletten, die zum sofortigen Transport an die FOM (Formula One Management) übergeben werden. Diese müssen noch vor Mitternacht am Sonntagabend beladen und versiegelt sein. Nur so erreichen sie Bahrain nach einer Reise von 6820 Kilometern bereits am Dienstag. Wenn man eine solche Prioritäts-Palette öffnet, sieht man sofort, dass sie mit dem Gerüst der Boxen gefüllt ist – der Verkleidung, dem VIP-Bereich, dem Kommandostand und den Boxenwänden. Alle strukturellen Elemente, die das Gerüst einer Box am Rennwochenende bilden.

Interessanter Fakt: Selbst wenn die Fracht eines Teams zwölf Stunden vor der eines anderen ankommt, dürfen sie sie nicht öffnen, bis die Fracht von allen Teams angekommen ist. Dieser Grundsatz wird von der FOM aus Gesundheits- und Sicherheitsgründen umgesetzt. Niemand möchte, dass Teammitglieder zwischen Paletten herumklettern, während andere Teams noch mit 12-Tonnen-Gabelstaplern in der Boxengasse herumfahren! Aber sobald die letzte Palette den Boden berührt, beginnt das Rennen erneut.

Kurz nach der Landung in Bahrain um 6.00 Uhr machen sich acht Garagentechniker, zwei Elektriker und zwei IT-Experten an die Arbeit. Sie übernehmen die leitende Rolle beim Aufbau. Gleichzeitig beginnt das Hospitality-Team damit, die Teamräumlichkeiten für das Wochenende einzurichten – und natürlich versorgen sie auch die Crew für die anstehende Mammutaufgabe. Das Ziel ist es, am Dienstag die zentrale Basis der Ingenieure, den IWC-Hauptkommandostand und die Streckenhäuschen aufzubauen, damit die Elektronik und die IT-Systeme installiert werden können, bevor der Bahrain International Circuit um 18.00 Uhr abends zu einer Zollkontrollzone wird.

Diese zwölfstündige Sperre verhindert weitere Fortschritte bis Mittwochmorgen. Dann kommen die restlichen zwölf Paletten um 6.00 Uhr an. Die Truck-Fahrer und die IT-Jungs müssen dann früh aufstehen und das Hotel um 5.30 Uhr verlassen, um ins Fahrerlager zu fahren und dort die Kisten zu öffnen. Um 8.00 Uhr schliessen sich ihnen 25 Mechaniker an, sodass die Box zwischen 10.00 und 11.00 Uhr fertig sein sollte. Erst dann werden die Autos, der Kommandostand, die Motoren und die Getriebe aus ihren Kisten entladen. Jetzt ähnelt die Box erstmals einem normalen Aufbau für die Rennwochenenden.

Jedes Back-to-Back-Rennen bringt seine eigenen Herausforderungen mit sich. Die Formel 1 wechselt aus einem riesigen Fahrerlager ins nächste – von China nach Bahrain. Dabei hat sie jede Menge Platz, um zu arbeiten. Das gestaltet das Leben definitiv einfacher, als wenn alles beispielsweise in die enge und winklige Umgebung eines Strassenkurses wie Baku oder Montreal gequetscht werden muss. Auf der anderen Seite muss das Team aufgrund der grossen Distanz zwischen den beiden Austragungsorten auch länger warten, bis seine Fracht ankommt. Es ist eben nie so einfach wie es scheint. Die Männer und Frauen, die all das umsetzen, sind die wahren Helden.

Unglaublich, aber wahr: Noch bevor das Team Bahrain am kommenden Mittwoch nach dem ersten Test während der Saison verlässen wird, ist bereits eine Mannschaft in Russland zugegen. In der Formel 1 findet wirklich immer ein Rennen statt – entweder auf der Strecke oder daneben.

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