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Jean Alesi in Monza: Ferrari ist für Tifosi Religion

Von Mathias Brunner
​Der Franzose Jean Alesi (59) ist fünf Jahre lang für Ferrari gefahren. Er spricht über den berühmtesten Rennstall der Welt und über den Druck, hier in Monza vor eigenem Publikum an den Start zu gehen.

Als der Südfranzose Jean Alesi für Ferrari unterzeichnete, wurde er von den Italienern im Handumdrehen adoptiert: Erstens wegen seines spektakulären Fahrstils, zweitens wegen seines grossen Kämpferherzens und drittens wegen seiner Herkunft, denn die Familie Alesi war einst von Sizilien nach Avignon in Frankreich umgezogen.

Unvergessen, wie Alesi hier in Monza mit Ferrari führte, dann aufgeben musste, und – wütend über den Tiefschlag – noch im Rennoverall ins Privatauto sprang, nur sein Bruder konnte knapp mithalten, und mit rauchenden Rädern aus dem Parco verschwand, Richtung Avignon.

Es passt zur Formel-1-Karriere von Jean, dass Alesi seine beiden Pole-Positions hier in Monza erringen konnte, 1994 mit Ferrari, zum Delirium der Fans, 1997 mit Benetton, da war der Applaus höflich, aber verhalten.

Als Ferrari-Fahrer in Monza an den Start zu gehen, mehr Druck geht nicht, wie Jean aus eigener Erfahrung weiss: «Das war immer eine gewaltige Verantwortung. Die Tifosi erwarten, dass Ferrari-Fahrer vorne mitmischen, ungeachtet aller Schwierigkeiten. Charles Leclerc hat hier 2019 mit Ferrari gewonnen, der Monegasse weiss also, wie er mit diesem Druck umgehen kann.»

«Ich bin in der Formel 1 für sechs Teams gefahren, aber Ferrari ist unvergleichlich. Ferrari ist nicht einfach ein Rennstall, er ist hier die Nationalmannschaft, und für viele Tifosi ist Ferrari Religion. Ich empfand die Unterstützung der Fans bei aller Verantwortung immer als überaus beflügelnd.»

Alesi war ein Instinktfahrer. Ist ihm die moderne Formel 1 zu sehr datengetrieben, bestimmt von Ingenieuren und abhängig vom Rennwagen? Jean meint: «Was die Ingenieure angeht, so erkenne ich keinen Unterschied zu früher – es waren früher die klügsten Köpfe der Branche, und das sind sie heute auch. Und früher war es ebenso wichtig, in einem konkurrenzfähigen Wagen zu sitzen, wie heute. Aber wir hatten viel weniger Daten zum Wälzen, und das Reglement liess es zu, dass die Autos zu meiner Zeit markant unterschiedlich aussehen konnten.»

«Aber egal wie hochspezialisiert der Sport geworden ist, der Mensch macht noch immer den Unterschied. Schau dir an, welch tolles Rennauto Adrian Newey vor dem Hintergrund eines engmaschigen Reglements gebaut hat. Schau dir an, welche Leistungen Max Verstappen zeigt, gemessen an seinen Stallgefährten. Letztlich ist die Formel 1 nicht zu technisch geworden, einfach anders.»

Eine der schönsten Erinnerungen von Jean Alesi: «Als ich beim Grossen Preis der USA in Phoenix 1990 ein rundenlanges Duell mit Ayrton Senna hatte, er im McLaren, ich im Tyrrell. Die Führung wechselte ein paar Mal hin und her. Ich konnte Ayrton komplett vertrauen bei diesem Rad an Rad-Duell. Das war pure Magie.»

Was der 201-fache GP-Sieger bedauert: «Ich habe immer davon geträumt, mit Ferrari in Monza zu siegen. Leider hat das nie geklappt. Das bereue ich sehr.»

Was Jean Alesi berührt: «Wenn ich durch die Tore in den königlichen Park komme, liegt so viel Liebe und Leidenschaft in der Luft, das ist ein berauschendes Gefühl. Die Fans haben mich bis heute im Herzen behalten, und ich merke, dass ich auf Lebzeiten zur Familie gehöre. So etwas gibt es nur bei Ferrari.»


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