Deutscher GP-Nachwuchs: Verband tut gar nichts

Kolumne von Günther Wiesinger
Moto3-Aufgebot: Folger, Alt, Finsterbusch und Öttl

Moto3-Aufgebot: Folger, Alt, Finsterbusch und Öttl

Deutschland verfügt zwar 2013 über sieben hoffnungsvolle GP-Fahrer. Der Verband DMSB konnte es nicht verhindern.

Deutschland verfügt in dieser Saison wieder über ein stattliches Aufgebot von GP-Piloten. In der Moto3 fahren die Teenager Florian Alt (16), Philipp Öttl (16), Toni Finsterbusch (19) und Jonas Folger (19). In der Moto2 treten Sandro Cortese (23) und Marcel Schrötter (20) an, in der MotoGP hält Stefan Bradl (23) die Flagge hoch. Diese erfreuliche personelle und qualitative Stärke ist fast ausnahmslos auf Eigeninitiativen zurückzuführen. Dem Verband DMSB kann man bestenfalls zugute halten, dass er aufstrebende Talente nicht behindert. Der Begriff Nachwuchsförderung ist ein Fremdwort für ihn. Auch der ADAC buttert mehr als 90 Prozent seines Motorsportbudgets in den Automobilsport. In vielen europäischen Ländern ist das anders.

In Italien werden Talente wie Romano Fenati durch das Team Italia professionell gefördert, es wird auch in der heimischen Meisterschaft gefahren, mit Ex-Weltmeister Roberto Locatelli wurde ein umsichtiger Betreuer und Talente-Entdecker engagiert. In Frankreich fungiert Teamchef Alain Bronec mit seinem CIP-Team als verlängerter Arm des Verbands, er greift dann Talente wie Alan Techer auf. In England existiert die private Racing Steps Foundation, die John McPhee in der Moto3-WM finanziert (und ihn beim Racing Team Germany eingekauft hat). Selbst in Malaysia haben Experten wie Sepang-Circuit-Chef Razlan Razali gemeinsam mit AirAsia und Petronas eine ganze Rennserie entwickelt, um begabte Rennfahrer aufzuspüren – Zulfahmi Khairuddin hat es bereits bis zu einem Podestplatz gebracht.

In Deutschland – Fehlanzeige.

Meistens helfen die Väter
Florian Alt wurde und wird von seinem tüchtigen Vater Uwe zu allen Tests und Rennen begleitet – seit zwölf Jahren. Er hat alle Deals eingefädelt und «Flo» über den Red-Bull-Rookies-Cup bis zu Kiefer Racing in die WM gebracht und auch die nötigen Sponsoren aufgetrieben.

Bei Philipp Öttl steckt Papa Peter dahinter, der selber fünf GP-Siege errungen und den Junior gewissenhaft und sorgfältig an die Weltspitze herangeführt hat. Peter Öttl hat sogar für die IDM und CEV ein eigenes Team gegründet, überall seine Connections spielen lassen und rechtzeitig den Kontakt zu KTM hergestellt, wo er früher als Supermoto-Betreuer tätig war.

Auch bei Toni Finsterbusch hat der Senior alles eingefädelt und Geld aus seinem eigenen Betrieb beigesteuert, nur so ist der ehemalige IDM-Vize in der WM gelandet.

Jonas Folger wurde durch seinen Papa Jakob aufgebaut, auch Onkel Alex war Rennfahrer, zum Beispiel Gesamtsieger im ersten ADAC Junior-Cup 1993. Die Familie hat alle Verbindungen spielen lassen, zu Red Bull, KTM, zu Adi Stadler von HRC und zur Dorna, wo Jonas in der MotoGP Academy Unterschlupf fand.

Sandro Cortese konnte noch nicht einmal richtig laufen, da packte ihn der rührige Papa Antonio schon auf die ersten einspurigen Gefährte, Sandrino tapste über irgendwelche Motocross-Pisten, danach folgten die Pocketbikes, als die Zeit reif für die IDM war, nahm Papa Cortese Kontakt zu Weltmeister Dirk Raudies auf, der den schnellen Jüngling in einem eigenen IDM 125-Team betreute. Sponsor Wolfgang Kuhn (Kuhn Bau) half finanziell schon aus, als Sandro sechs Jahre alt war. Später stiess auch Stefan Keckeisen (Intact Akkumulatoren) dazu, der jetzt mit Kuhn für Sandro Cortese das Dynavolt Intact GP-Team in der Moto2 aus der Taufe gehoben hat.

Auch Marcel Schrötter wurde von einem rennsportbegeisterten Vater gefördert und fand immer wieder leidenschaftliche Rennsportanhänger wie Toni Mang, Sepp Schlögl und Adi Stadler, die weiterhalfen.

Stefan Bradl hat seinem Papa Helmut im Rennsport sehr viel zu verdanken. Er hatte die Kontakte zu Honda, zu KTM, zu Uvex und so weiter und war dadurch in der Lage, die Lernphase seines Sprösslings zu verkürzen und ihn jeweils zum richtigen Zeitpunkt in die richtige Serie und mit dem richtigen Motorrad und ins richtige Team zu manövrieren.

Applaus für das neue Dynavolt Intact GP-Team
Dass ohne familiären Background nichts geht, hat sich in Deutschland schon in der Vergangenheit oft gezeigt. Das war bei Waldmann so, bei Wimmer, bei Stolz, Hafeneger, Giuseppetti, Hofmann und so weiter.

Vielleicht wäre es an der Zeit, dass auch in Deutschland eine Initiative gestartet wird, bei der Teams, Funktionäre, Hersteller und Sponsoren an einem Strang ziehen und erkennen, dass nur mit einer breiten Basis auch langfristig eine vielversprechende Spitze zu erwarten ist.

Aber in Deutschland kocht jeder sein eigenes Süppchen, man beäugt sich eifersüchtig, schnappt sich die Sponsoren weg, mit einem Wort: Es fehlt vielerorts die Professionalität. Und wie gesagt: Von DMSB ist gar nichts zu erwarten. Das ist ein Autoverband, die Motorradabteilung glänzt durch einen starken Hang zum Dilettantismus.

Und solange ein Racing Team Germany mit einem Engländer und einem Australier fährt und siegreiche deutsche Fahrer bis ans Existenzminimum schröpft, habe ich wenig Hoffnung.

Umso mehr Applaus verdienen erfolgreiche Geschäftsleute wie Keckeisen und Kuhn, die viel Zeit, Herzblut und eigenes Geld in ein Projekt wie ihr eigenes Moto2-Team stecken.

Man kann nur sagen: Zur Nachahmung empfohlen.

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