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Überraschung: Superbike-WM wurde in München erfunden

Von Günther Wiesinger
Steve McLaughlin stattet auch heute noch Deutschland einen Besuch ab – hier beim Sachsenring Classic 2022

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Der US-Amerikaner Steve McLaughlin gilt als Erfinder der heutigen Superbike-WM. Der ehemalige Rennfahrer erzählt, wie die seriennahen Weltmeisterschaft ihren Anfang nahm und welche Hürden es zu meistern galt.

Die Brüder Maurizio und Paolo Flammini von Infront stellen sich gern als Erfinder der Superbike-WM dar, tatsächlich hat aber Steve McLaughlin die zweitgrößte Motorrad-Rennserie erfunden. Der redegewandte amerikanische Ex-Rennfahrer hat diese erfolgreiche Rennserie 1988 gegründet, erst später übernahmen die italienische Agentur das Kommando und seit Herbst 2012 die Dorna, die auch die MotoGP organisiert.

Der Ursprung der Superbike-Serie liegt in Amerika. «Ich habe die Rechte an der Superbike-WM 1988 besessen», hält Steve McLaughlin fest. «Aber die Arbeit an diesem Projekt hat bereits 1984 begonnen. Das war beim FIM-Kongress in München.»

McLaughlin brauchte für die erste Superbike-WM-Saison Geld, deshalb ließ er sich mit neuseeländischen Partnern ein, mit deren Hilfe er die «Sports Marketing Company» gründete.

Wie kam der Begriff «Superbike» zustande?

McLaughlin fand auch hier eine weitschweifende Antwort. «Nicht umsonst nennt man mich in Amerika den ersten Superbike-Sieger», hielt er im Gespräch mit SPEEDWEEK.com fest. Dann blendete er zurück. «Der US-Verband AMA sträubte sich lange gegen die Bezeichnung Superbike», erzählte der Kalifornier. «Zuerst hießen die Maschinen ‹Heavy Weight Production›. Dann einigte man sich auf ‹Superbike Production›, ehe man schließlich den Namen ‹Superbike› zuließ. Das war typische Verbands-Bürokratie. Das erste Jahr fuhren die Superbikes 1976.»

Den Namen hatte ursprünglich 1969 ein Journalist namens Bob Braverman vom «Cycle Guide Magazine» in die Welt gesetzt. «Er bezeichnete damals die neuen Triumph, BSA und Honda als Superbikes», weiß McLaughlin. «Und der Australier Warren Willing hat mir damals erzählt, dass in Australien eine Meisterschaft namens ‹Levi’s Superbike Series› existierte. Da sind zum Beispiel die Kawasaki-Dreizylinder-Zweitakter mitgefahren. Sie waren von der Serie abgeleitet, keine Prototypen. Ich dachte: Hm, ein guter Name – vom Branding her.»

Gleichzeitig erkundete Steve McLaughlin 1984 in Europa die Szene. «Ich habe in allen wichtigen Ländern mit Verantwortlichen gesprochen, um ihre Gedanken über neue Rennserien auszuloten», schilderte er. «Alle waren nur an einer neuen Weltmeisterschaft interessiert. Also habe ich das Bill France erzählt. Nachher bin ich zum FIM-Kongress nach München gereist, um so eine WM zu inszenieren. Vom US-Delegierten Ed Youngblood habe ich aber null Unterstützung erfahren. Ich habe alles allein gemacht. Trotzdem habe ich innerhalb von drei Jahren die Superbike-WM aus der Taufe gehoben.»

McLaughlin war damals als Promoter an der Ausrichtung einiger internationaler Events beteiligt, er vermittelte Starts von US-Helden wie Fred Merkel. Doch es fehlte ihm das Geld, um eine neue WM zu promoten. Eines Tages erhielt er einen Anruf aus Australien von Brian Lawrence. «Er erzählte mir von einer neuseeländischen Agentur, die Interesse an der Superbike-WM habe. Einer der Topmanager war ein Finne namens Ari; er befand sich gerade in Beverly Hills, also habe ich ihn getroffen. Wir haben ein paar Bier getrunken und uns glänzend unterhalten. Er war sehr redselig. Am nächsten Tag wurde ich nach Auckland in Neuseeland eingeladen. Das war für mich am Ende der Welt. Sie haben als Investoren zugesagt; ich habe einen Businessplan für zehn Jahre gemacht.»

Die rührigen Daytona-Speedway-Betreiber Jim und Sohn Bill France hatten Steve McLaughlin die ganzen Vorgespräche in Europa und mit der FIM finanziert. «Ich habe nicht viele Spesen gemacht. Wenn ich in Europa war, habe ich bei Steve Parrish oder Roger Marshall gewohnt.»

Die France-Familie aus Daytona/Florida hatte ein paar 100.000 US-Dollar an Spesen investiert. «Ich bin 1987 und 1988 fast 200.000 Luftmeilen geflogen», zog McLaughlin Bilanz. «Die Neuseeländer haben dann den Start für die neue Weltmeisterschaft finanziert. Als dann alles den Bach runterging, habe ich fast zwei Monate nicht geschlafen.»

Steve McLaughlin gründete mit den Eigentümern der «Sports Marketing Company» eine neue Gesellschaft und machte sich für 1988 an die Erstellung eines Superbike-WM-Kalenders. «Wir haben 19 Bewerbungen erhalten. Sechs hätten schon für eine WM-Serie gereicht», erinnerte sich der Amerikaner.

Die Superbike-WM war trotz etlicher Querelen nicht mehr aufzuhalten. «Für das erste Rennen auf dem Hungaroring hatten wir 118 Nennungen», erinnerte sich Steve. «89 Fahrer sind aufgetaucht. Die Ungarn hatten Mitleid mit den vielen Nichtqualifizierten. Deshalb haben sie für die Nachzügler ein eigenes Rennen gemacht.»

Heute lässt Steve McLaughlin kein gutes Haar am nachfolgenden Promoter Flammini. «Er hat die Superbike-WM zu einer Serie für reiche Italiener gemacht. Man raunte sich zu, er stecke bei jedem Fahrer 3000 der 6000 Euro pro Rennen für die Pirelli-Reifen in die eigene Tasche. Wenn du alle Klassen zusammennimmst, hatte er 100 Fahrer. Dann nahm er allein dadurch 300.000 Euro ein. Dazu kamen noch die Millionengebühren der Veranstalter.»

McLaughlin wickelte in der Auftaktsaison der Superbike-WM neun Rennen ab. Aber die Mutterfirma des neuseeländischen Partners verlor 1987 an der Börse viele Millionen. Sie beglichen keine Rechnungen mehr und wurden zahlungsunfähig.

«Ich gebe zu, ich bin vielleicht ein seltsamer Kauz», räumte McLaughlin ein. «Aber niemand auf der Welt kann mir vorwerfen, ich würde keine Rechnungen bezahlen. Als das passierte, wurde ich ziemlich nervös. Das Zahlen war die Aufgabe der Neuseeländer; ich hatte ihnen einen Mehrheitsanteil überlassen. Sie besaßen 65 Prozent und hätten über zehn Jahre hinweg 1 Million US-Dollar pro Jahr investieren müssen. Dafür sollten sie einen Anteil meiner Einnahmen erhalten. Luigi Brenni von der FIM hat für die ersten WM-Jahre kaum Gebühren verlangt. Als die Situation im Lauf der Saison 1988 eskalierte, habe ich den Neuseeländern meine restlichen Anteile verkauft. Sie wollten die WM weiterführen. Ich war draußen, das war okay für mich. Ich und Keith Jones von der Sports Marketing Company hatten die japanische Agentur Dentsu an Bord geholt. Sie sollten Sponsoren für unsere Werbeflächen finden. Sie verbündeten sich dann mit Flammini, der ihnen für 1 Million TV-Rechte verkaufte, die damals praktisch wertlos waren.»

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