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Schleiz: Schlimmer Abflug mit über 200 km/h

Von Rudi Hagen
Bis zu dem Ölspurdesaster fuhren Lennard Göttlich und Lucas Krieg ein Superrennen

Bis zu dem Ölspurdesaster fuhren Lennard Göttlich und Lucas Krieg ein Superrennen

Nach dem schrecklichen Sidecar-Crash auf der Schleizer Dreieck aufgrund einer Ölspur ist vor allem Lennard Göttlich (Bonovo Action) immer noch fassungslos. Drei Beteiligte im Krankenhaus und obendrein disqualifiziert.

12 von 19 Runden waren am Sonntag auf dem Schleizer Dreieck schon gefahren im zweiten Sidecar-Rennen des IDM-Wochenendes. Dann passierte es. Bei der Einfahrt in die Seng gerieten die beiden führenden Bonovo Action Teams, Lennard Göttlich/Lucas Krieg und Josef Sattler/Luca Schmidt, auf eine Ölspur. Die hatte das Duo Schwegler/Kopecky ausgelöst, da bei ihrem Motorrad der Motor geplatzt war.

Göttlich konnte einen Überschlag verhindern, aber sein Beifahrer konnte sich nicht schnell genug festhalten und flog heraus. Die knapp dahinter rasenden Sattler/Schmidt überschlugen sich dagegen und landeten beide im Krankenhaus in Schleiz. Lucas Krieg wurde ins Klinikum in Hof gebracht. SPEEDWEEK.com sprach am Tag danach mit Lennard Göttlich.

Lennard, wie geht es Lucas?

Ich bin auf dem Weg zu ihm, vorher schaue ich noch beim Sepp in Schleiz vorbei, Luca hat sich schon wieder selbst entlassen. Lucas ist aktuell noch auf der Intensivstation, er wurde gestern Abend an der rechten Hand operiert. Es ist ein schlimmer offener Bruch und auch sonst geht es ihm ganz schlecht. Er hat überall Prellungen und Schmerzen ohne Ende.

Erzähl mal, was in der Seng genau passiert ist.

Wie wir hinterher gehört haben, hatte der Schwegler einen Motorplatzer und ist dann noch die ganze Seng hinunter gefahren. Aber für den Motorschaden konnte er ja nichts. Aber man hätte direkt abbrechen müssen, die Flüssigkeit hätten die Streckenposten sehen können. Und es gibt im ganzen Rennkalender keine beschissenere Stelle als die Seng für einen Abflug. Wir waren da über 200 km/h schnell.

Hast du die Ölfahnen gesehen?

Ich habe sie erst in der letzten Sekunde aus dem Augenwinkel wahrgenommen. Ich habe dann voll gebremst, doch da war es schon zu spät. Ich selbst hatte das Glück, dass wir uns nur nach rechts weggedreht haben. Aber der Lucas war in der Rechtskurve noch voll oben drauf und wollte gerade runter wegen der nächsten Links. Da hatte er keine Chance sich festzuhalten und ist raus.

Du bist aber im Gespann sitzengeblieben.

Ja, ich bin die Seng rückwärts fast 100 m runtergerutscht und hatte Glück, dass die Räder keinen Grip mehr bekommen haben. Sepps Räder bekamen dagegen Grip, dann haben sie sich überschlagen. Ich hatte mit Abstand das meiste Glück von uns Vieren.

Die Rennleitung entschied dann, euch vier zu disqualifizieren und die Peugeots als Sieger zu werten. Wann hast du davon erfahren?

Zuerst haben die Streckenposten unten in der Seng gesagt, es würde nicht neu gestartet und wir hätten gewonnen. Über Funk haben wir dann aber mitbekommen, dass wir disqualifiziert worden wären.

Wie hast du darauf reagiert?

Ich war voll sauer und habe der Rennleitung gesagt, dass ich das nicht einsehen würde.

Wie haben die Verantwortlichen reagiert?

Mir und meinem Team wurde vom Rennleiter Stefan Beck mitgeteilt, es gäbe eine WM-Regel, nach der man innerhalb von fünf Minuten zurück in der Box sein müsse um gewertet zu werden. Das steht im WM-Reglement. In der Ausschreibung für Schleiz steht aber, dass wir nach IDM-Regeln fahren. Da gibt es die 5-Minuten-Regel zwar auch, aber nur bei Neustart. Es war aber klar, dass nicht neu gestartet würde, denn wir waren über die Hälfte der Strecke gefahren und es waren nur noch drei Gespanne einsatzbereit.

Wie fandet ihr die Entscheidung?

Wir hatten absolutes Unverständnis für die Entscheidung und wollten Protest einlegen, aber der Rennleiter hat uns gesagt, wir sollten uns das Geld sparen, der Protest würde eh abgewiesen. Eine Ölspur, wo die beiden Führenden angerast kommen, ohne etwas davon zu sehen, das ist für mich höhere Gewalt. Und da sollte der gesunde Menschenverstand auch bei der Rennleitung greifen. Die sollten sagen, ok, die können ja nichts dafür. Ich habe dem Stefan Beck gesagt, dass ich die 5-Minuten-Regelung im WM-Reglement voll verstehe, in unserem Fall hatten weder der Sepp noch ich die geringste Chance zu reagieren. Die Fahne kam in der letzten Sekunde, da sind wir schon in die Kurve eingebogen.

In Schleiz wurde aber nach DMSB-Regeln gefahren und nicht nach WM-Reglement.

Wir haben gleich nach dem Unfall gesagt, als mit dem WM-Reglement argumentiert wurde, dass wir in Schleiz auf einer Strecke fahren, die nicht für die WM zugelassen ist und dass keiner von uns mit WM-Helmen fährt. Zudem ging im Fahrerlager das Gerücht, dass ein Team noch nicht einmal eine gültige Lizenz für die IDM vorzeigen konnte. Der Punkt ist, entweder ganz oder gar nicht. Geht es nach WM-Reglement, dann müssen wir alle danach fahren. Aber keiner hatte eine WM-Lizenz vorgezeigt und keiner hatte einen WM-Helm auf.

Also müsste der Sieg euch gehören?

Wenn in der Ausschreibung steht, dass wir nach DMSB-Regel fahren, dann sind wir die Sieger von dem Rennen. Wenn es nach WM-Regeln ginge, dann würde ich sagen, ok, wir haben es innerhalb der fünf Minuten nicht zurück geschafft. Aber laut DMSB-Reglement müssen wir bei einem Nicht-Neustart das Gespann nicht innerhalb von fünf Minuten zurück an die Box bringen. Und disqualifiziert werden kann nur der Abbruch-Verursacher, das waren wir aber nicht. Das war ein Versagen der Rennleitung und der Organisation auf ganzer Linie.

Wie geht es mit euch weiter?

Wir werden uns, Stand jetzt, für dieses Jahr aus der IDM zurückziehen, weil wir um den Sieg betrogen wurden. Außerdem weiß man nicht, wie schnell die Verletzungen beim Lucas geheilt sind.

Die Fans auf den Tribünen wussten lange nicht, was genau passiert war und wie es um euch stand.

Also wenn meine Mutter in der Stunde nach dem Unfall noch nicht wusste, was genau mit uns ist und wenn keiner auf der Tribüne bis nach der Mittagspause wusste, ob von den Beteiligten überhaupt noch alle am Leben sind, dann kann das nicht richtig sein. Meine Mutter und die vom Luca Schmidt waren zur Rennleitung gegangen und wollten wissen, wie es um uns stand. Es gab so viele Funksprüche zwischen der Rennleitung und den Personen am Unfallort, aber keinen einzigen, der erkennen lies, wie es uns ging, damit die Angehörigen beruhigt waren. Dieser eine Funkspruch hätte schon genügt. Nur der Uwe Neubert ist mit einem Schlepper an die Unfallstelle gefahren, ist die einzelnen Krankenwagen abgegangen und hat geschaut, wie es uns ging. Er hat dann auch Sepps Frau angerufen und Monja Schmidt und meine Eltern.

Eine Siegerehrung gab es hinterher noch.

Ich habe noch nie etwas Geschmackloseres erlebt. Ich persönlich wäre an deren Stelle nicht auf das Siegerpodest gestiegen.

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