Ducati in Sepang: Mysteriöse neue Startvorrichtung

Von Günther Wiesinger
Ducati Corse experimentierte beim MotoGP-Test in Malaysia mit einer mechanischen Startvorrichtung, die das Federbein absenkt. Im Motocross sind ähnliche Systeme bekannt. Sie wirken aber auf die Gabel.

Bei Ducati wurde beim Sepang-MotoGP-Test wieder einmal eine technische Neuheit sichtbar, die großes Interesse hervorrief – und so manche Journalisten auf eine falsche Fährte brachte. Es handelt sich um ein sogenanntes «launch device», also um eine Startvorrichtung, die beim Rennstart wertvolle Dienste leisten soll.

Im Motocross-Sport ist diese Apparatur gemeinhin als «holeshot device» bekannt. Sie gehört dort zum guten Ton, hat aber eine unterschiedliche Auswirkung – sie nimmt beim Motocross Einfluss auf die Vordergabel. Bei Ducati wird hingegen mit einer mechanischen Hebelvorrichtung das Federbein betätigt.

Honda hat mit so einer Vorrichtung in der MotoGP-WM schon vor zwölf Jahren experimentiert. Aber damals wurde wie beim Motocross die Gabel abgesenkt. In der Superbike-WM kam das Device bei Honda zum Einsatz, als sich HRC zuletzt um diese Rennserie kümmerte.

KTM-Teammanager Mike Leitner kennt aber die Schwachstelle des damaligen Systems. «Der Clou bei diesen Startvorrichtungen, die ich kenne: Sie machen ein Motorrad schwerfälliger. Beim Motocross stehen alle auf einer Linie. Es geht nur darum, wer besser herausschießt. Wenn die Gabel aber beim GP-Start durch einen mechanisch betätigten Hebel abgesenkt wird, wird das Manövrieren der Rennmaschine schwerfällig. Wenn du zum Beispiel in der vierten Reihe losfährst und unmittelbar nach dem Start einem Vordermann ausweichen musst, muss man eventuell mit so einer Startvorrichtung Nachteile in Kauf nehmen.»

Das dürfte Gigi Dall’Igna, der schlaue Fuchs, auch mitbekommen haben, deshalb hat er das alte Honda-System nicht nachgeahmt – und sein «launch device» statt mit der Gabel mit dem Federbein hinten verknüpft. Bei Jack Miller war das System schon 2018 einmal zu sehen, aber damals hat sich niemand so richtig darum gekümmert. In Sepang war es auch beim Werksteam mit Dovizioso und Petrucci in Betriebe.

Die Medien wurden hellhörig, es wurden wüste Spekulationen angestellt. Italienische Journalisten schrieben sogar, mit dieser Vorrichtung werde das Seamless-Getriebe angesteuert. Sie solle helfen, beim Start den Leerlauf einlegen zu können. Unsinn: Schon im Motocross und in der Superbike-WM wurde die Startvorrichtung nie in Zusammenhang mit einem Seamless-Getriebe aktiviert.

«Bei den Motocross-Motorrädern ist es üblich, dass man beim Start vorne für den Start die Gabel zusammendrückt, um den Schwerpunkt runterzukriegen, das geht bei den Motocross-Bikes mechanisch. Da musst du wirklich einen Haken einhaken», bestätigt Ing. Sebastian Risse, der Head of Factory Road Racing bei KTM. «Das geht bei unserer MotoGP-Startprozedur nicht. Ich denke, Ducati hat sich irgendetwas ausgedacht, was das den Fahrer machen lässt. Denn laut Reglement darf nur der Fahrer mechanisch in das Fahrwerk eingreifen. Ich habe mir das System letztes Jahr von außen einmal angeschaut, als Jack Miller damit gefahren ist. Ich würde mir wie Mike Leitner auch vorstellen, dass eine MotoGP-Maschine schwerfälliger wird, wenn du die Gabel runterdrückst. Es kommt darauf an, wie das System ausgelöst wird. Und irgendwo muss man es ja nach dem Start auch wieder deaktivieren.»

Es gibt allerdings tatsächlich auch Systeme, mit denen die Hersteller ihre Seamless-Getriebe zusätzlich mechanisch sichern. Risse: «Damit man nicht versehentlich im Leerlauf landen kann, sondern dass man dafür einen eigenen Hebel braucht.»

Und welchen Vorteil hat eine Absenkung des Schwerpunkts beim Start? Ing. Rossi: «Grundsätzlich ist es so: Je weiter du den Schwerpunkt absenkst, desto härter kannst du beschleunigen und desto höher ist das Wheelie-Limit. Aber dafür musst du auch den richtigen Schritt tun. Da geht es nicht um drei Millimeter, sondern um einiges mehr.»

Gigi Dall’Igna, General Manager von Ducati Corse, widersprach nicht, als sich SPEEDWEEK.com bei ihm erkundigte, ob die Startvorrichtung bei der GP19 auf das Federbein statt auf die Gabel einwirke. Und der «launch button» ist nichts anderes als eine simple große Drehschraube auf der linken Seite der Gabelbrücke, die der Fahrer mit der linken Hand betätigt. Er braucht diese Schraube auch zum Deaktivieren des Systems. Die rechte Hand braucht der Fahrer ja zum Gasgeben und Bremsen. Man darf davon ausgehen, dass diese Startvorrichtung bereits beim Anfahren zur ersten Kurve deaktiviert wird.

Ein ähnliches System mit so einem mechanischen «pull rod» (Zugstange) wurde in der MotoGP-Klasse auch schon probiert, um beim heftigen Bremsen das Federbein hinten abzusenken und so ein Abheben des Hinterrads zu verhindern.

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