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Hahne: Als am Ring die Tourenwagen-Schallmauer fiel
Traditionell am Samstagnachmittag nach dem F1-Zeittraining rollten die Tourenwagen zum Rennen um die «AvD-Trophäe» an den Start. Rainer Braun erinnert sich, wie die Tourenwagen-Schallmauer fiel.
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Es war eine meiner ersten Strecken-Reportagen beim Tourenwagen-Rennen im Rahmenprogramm des deutschen F1-Grand Prix am 6./7. August 1966. Traditionell am Samstagnachmittag nach dem F1-Zeittraining rollten die Tourenwagen zum Rennen um die "AvD-Trophäe" an den Start.
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Angesetzt waren fünf Runden Nordschleife, es ging um wichtige Punkte zur deutschen Rundstrecken-Meisterschaft. Fast 50 Tourenwagen aus sechs verschiedenen Hubraumklassen von 700 bis 2500 ccm rollten in die Startaufstellung. Ich saß in meinem "Sprecher-Kerker" im Zielhaus am Mikro und stellte die Starter der ersten Reihen und die jeweils Klassenbesten vor. Hubert Hahne, 31, BMW Werksfahrer aus dem rheinischen Moers, bestieg lächelnd seinen silbergrauen 2000 TI, wild entschlossen, an diesem Tag die 10 Minuten-Schallmauer für Tourenwagen zu knacken. Die Bedingungen waren ideal, nicht zu warm, nicht zu kalt. Schon am Samstag säumten 50.000 bis 60.000 Zuschauer den Ring. Von Hahne und seinem Alfa-Rivalen Herbert Schultze wusste ich, dass sie ganz wild darauf waren, bei diesem Rennen die 10 Minuten-Barriere einzureißen. In der dritten Runde schob mir der nebenan werkelnde Zeitnahme-Chef Hans Katscher den ersten Rekordversuch durch die kleine, einer Katzenklappe nicht unähnlichen Öffnung zur Sprecherkabine. Alfa GTA-Pilot Schultze aus der 1,6 Liter Klasse war mit 10.00.7 Min. schon ganz dicht dran.
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Und dann in Runde vier kam er große Moment, ich durfte tatsächlich als erster den neuen Rundenrekord für Tourenwagen auf der Nordschleife verkünden: Hubert Hahne unterbot als erster Tourenwagen-Pilot der Nürburgring-Geschichte die magische 10-Minuten-Grenze. Seine Rekordrunde wurde von der Zeitnahme zunächst mit 9.58,6 Min.= 137,2 km/h erfasst. "Geben Sie das aber bitte nur unter Vorbehalt durch", mahnte der Chefzeitnehmer, "wir müssen erst nochmal nachrechnen."
Wenig später wurde die Zeit tatsächlich nochmal um 1/10 Sekunde auf 9:58:5 Minuten korrigiert. Die Zuschauer, die gegenüber auf den Stehplätzen vorm Sporthotel in Fünfer-Reihen standen, klatschten bei meiner Durchsage spontan Beifall und auch für mich persönlich war das ein ganz besonderer Moment. Herbert Schultze vermochte nicht mehr zu kontern, gewann aber ebenso wie Hahne seine Hubraumklasse.
Montags war speziell in den Tageszeitungen des Rheinlands oft mehr über die neue Tourenwagen-Bestmarke als über das Formel 1-Resultat zu lesen. Überhaupt galt der Rheinländer Hubert Hahne zu dieser Zeit als Publikums-Liebling. Seine wilden Ritte als BMW-Werkspilot verzückten die Zuschauer geradezu. Die verwegenen Drifts und heroischen Kämpfe vor allem gegen die Lotus Cortina und Alfa Romeo GTA wurden zum festen Bestandteil der Tourenwagen-Historie. Hahne hatte sogar kein Problem damit, je nach Vorsprung mit locker eingestreuten Show-Effekten auch mal für die Galerie zu fahren. Allein dafür haben die Fans den mehrfachen Champion und späteren Formel 2-Vize-Europameister verehrt.
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Übrigens fiel zehn Jahre später mit weit weniger Aufsehen und Getöse sogar die 8-Minuten-Schallmauer durch Albrecht Krebs im Schnitzer BMW 2002-Turbo. Und wieder war ich der Glückliche, der die neue Fabelzeit von 7.58,2 Min. via Strecken-Lautsprecher verkünden durfte. Mit seiner Glanzleistung untermauerte Hahne auch seine Position als einer der weltbesten Tourenwagenpiloten der 60er-Jahre. Seine Markenzeichen: Immer 101 %, abenteuerlichste Driftwinkel, gnadenlose Duelle und historische Siege. Nach seiner aktiven Rennfahrer-Laufbahn machte sich Hubert Hahne zunächst als Automobil-Kaufmann, später mit einem Büro für Marketing und Öffentlichkeitsarbeit selbstständig. Seinen Wohnsitz verlegte er zeitweise von Düsseldorf nach Italien. Von dort aus betätigte er sich zwischendurch auch als Autotester und Berater. Auch dem Nürburgring, jenem Ort seines vielleicht größten persönlichen Triumphs, stand Hahne zumindest kurzzeitig als Berater zur Seite. Rückblickend verlief sein Lebensabschnitt nach der Rennfahrer-Karriere allerdings weniger erfolgreich, als man das hätte erwarten können. Seine letzten Jahre verbrachte der einstmals umjubelte Strahlemann-Rennfahrer wieder in Deutschland. Wenige Wochen nach seinem 84. Geburtstag verstarb Hubert Hahne am 24. April 2019 in Düsseldorf nach längerer Krankheit. Nach dem Tod seines Bruders Bernd (72) zwei Jahre zuvor sind aus der wohl größten Rennfahrer-Familie Deutschlands mit fünf ehemals rennfahrenden Söhnen nur noch Wilhelm (89), Norbert (75) und Armin (66) übrig.
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