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Helmut Marko (Red Bull) zu Test: «Karten nie gezeigt»

Von Mathias Brunner
Red-Bull-Rennchef Dr. Helmut Marko

Red-Bull-Rennchef Dr. Helmut Marko

​Red-Bull-Motorsportchef Dr. Helmut Marko spricht im «Sport und Talk aus dem Hangar-7» über die Formel-1-Saison 2017. Der Grazer warnt die Gegner vor Max Verstappen und gibt seinen WM-Tipp ab.

Dr. Helmut Marko hat mit seinen 73 Jahren im Rennsport schon fast alles erlebt. Der Grazer Motorsportchef von Red Bull hat die Testfahrten in Barcelona beobachtet. Zum heutigen Kräfteverhältnis, basierend auf den Probefahrten auf dem Circuit de Barcelona-Catalunya, sagt Marko: «Keiner hat bei den Tests in Spanien seine Karten aufgedeckt. Wenn einer mit zehn Kilogramm weniger Kraftstoff fährt, dann ist das ein Gewinn pro Runde von 3,5 Zehntelsekunden. Die Einstellung des Motors variiert, das kann bis zu einer Sekunde pro Runde bringen. Da bleibt also sehr viel im Dunkeln. Wenn das erste Rennen der Saison in Barcelona stattfinden würde, bei den gleichen Temperaturen, dann wäre Ferrari sicher ganz vorne.»

«Ferrari ist bärenstark, der Wagen läuft zuverlässig. Das ist der Unterschied zum vorigen Jahr. Das mir Bedenken macht, und ich kenne Sebastian Vettel recht gut – er hat provokativ in seiner besten Runde bei Start und Ziel gelupft. Das kriegt ja jeder mit. Wenn das einer so demonstriert, dann sind das Selbstvertrauen und das Wissen um die Qualitäten seines Autos sehr gross.»

«Wir hatten im Test einige Male immer den gleichen Defekt. Das hat uns in Spanien nicht den Fortschritt machen lassen, den wir uns erhofft hatten. Wir werten die Informationen nun aus.»

Die ganze Branche fragt sich: Was hat Red Bull Racing im Köcher für den Saisonauftakt? Marko weiter: «Traditionell bringen die Teams für Australien immer neue Teile. Welche das bei uns sind, da lassen wir uns mal überraschen. Nur so viel – die Lackierung ist sicher die Gleiche.»

Der Schlüssel zu einem guten Auto 2017 gemäss Dr. Marko: «Man muss so viel Abtrieb als möglich erzeugen, ohne den Luftwiderstand zu sehr zu kompromittieren. Das Entscheidende ist: Die Fahrer können später bremsen, und die Kurventempi sind wesentlich höher. Damit auch die Fliehkräfte, um gut 50 Prozent mehr. Alle Fahrer machten ein massives Nackentraining, Max Verstappen hat drei Kilo Muskelmasse zugelegt. Die Kurven 3 und 9 von Barcelona gehen mit Ach und Krach voll. Wir haben erlebt, wie der erfahrene Kimi Räikkönen in Kurve 3 von der Bahn abgekommen ist, das zeigt, wie sehr die Piloten am Limit und wie schwer die Autos selbst für grosse Könner zu fahren sind. Für mich wird das zu grösseren Unterschieden zwischen den Piloten führen – die weniger guten werden sich schwerer tun, die Ausnahmekönner werden sich abheben. Die körperliche Anstrengung wird über eine GP-Distanz auch ein Thema sein.»

«Wir bewegen uns hier mit der Formel 1 in die richtige Richtung, aber wir sind noch nicht dort, wo wir sein sollten. Da gibt es beispielsweise die Sicherheitszonen, die aus meiner Sicht übertrieben gross sind. Dort ist es keine Bestrafung, wenn du neben die Bahn schlitterst. Ich finde auch: Wieso müssen wir in diesen Autos eine Servolenkung haben? Das sind hochbezahlte Männer, denen sollte man schon zumuten können, dass sie an die Leistungsfähigkeit ihres Körpers gehen. Ich kann mich an die Zeiten von Berger und Piquet erinnern, denen hat man auf dem Siegerpodest deutlich angesehen, welche Anstrengung sie absolvieren mussten. Das ist auch gut so. Ich will in der Formel 1 einen Menschen bewundern können, der ausserordentliche Leistungen zeigt, wo jeder Zuschauer denkt – unfassbar! So was würde ich mich nicht trauen!»

«Eine andere Baustelle: Ich finde, das so genannte DRS müsste weg, der verstellbare Heckflügel ist eine künstliche Überholhilfe. Das spräche auch für die Fahrer. Ein guter Pilot kann dann halt eben auch ohne DRS überholen.»

Viele Fans fragen: Und was ist mit dem Sound? Dr. Marko meint: «Das ist marginal besser geworden, aber natürlich hat das nichts mit dem Ton eines V8- oder V12-Motors von früher zu tun. Ich glaube, dass ein Teil des Desinteresses des Publikums genau auf diesen Mangel an Sound zurückzuführen ist. Das Brachiale der Formel 1 muss doch über den Motorlärm transportiert werden.»

Was den Le-Mans-Sieger von 1971 freut: «Es hat sich schon in Barcelona gezeigt, dass Valtteri Bottas nicht das Tempo von Lewis Hamilton mitgehen kann. Sollte Mercedes noch immer eine technische Überlegenheit haben, dann wird es nicht mehr diese 1-2-Formation an der Spitze geben. Da werden sich andere Fahrer dazwischen schieben. Ich bleibe bei meiner Meinung: Wir haben mit Daniel Ricciardo und Max Verstappen die stärkste Fahrerpaarung der Formel 1.»

Damit sind wir beim Niederländer, der potenziell mit 19 Jahren ein Wörtchen um den WM-Titel mitreden kann. Dr. Helmut Marko sagt über seinen Formel-1-Teenager: «Max fährt mit Können, Raffinesse und Selbstvertrauen, die immer wieder verblüffen. Inzwischen hat er ein Image, dass sich die Leute nicht unnötig mit ihm ablegen, weil sie wissen – mit ihm ist nicht zu spassen.»

Dr. Marko hofft in Sachen Reifen: «In Spanien hat sich gezeigt, dass die neuen Pirelli-Reifen sehr lange halten – bei den Temperaturen der Testfahrten wäre das eine klare Einstoppstrategie geworden. Ich hoffe also, dass wir in den Rennen weniger Nachrichten für die Piloten hören – pass auf die Reifen auf! Ich hoffe auch, dass die Fahrer ihren Gegnern dichter folgen können. Früher war es so, dass in so einer Situation die Reifen sofort überhitzten und der Wagen untersteuert hat. Damit war die Balance des Autos dahin. Ich hoffe also, das Überholen wird einfacher.»

Gegenthese: Die Luftverwirbelungen der breiteren Autos mit mehr Abtrieb machen das Überholen noch schwieriger, weil dem Verfolger der Anpressdruck fehlt. Dr. Marko sagt: «Für die Top-Könner sehe ich dieses Problem nicht. Wir haben zwei Fahrer, die auf der Bremse phantastisch sind. Ricciardo überholt aus dem Nichts heraus. Und wie wir bei Verstappen auf nasser Bahn gesehen haben, haben die Gegner überhaupt nicht gewusst, wo Max überall überholen kann. Das sind wir optimistisch. Wir hoffen, der Fahrer wird den Unterschied ausmachen.»

Marko sieht dafür eine andere Gefahr: «Spritsparen wird mindestens bei den ersten Rennen wieder ein grosses Thema werden, weil die Piloten einfach viel länger Vollgas fahren. Wir haben 2017 fünf Kilogramm mehr Kraftstoff, aber das gleicht die Leistungssteigerung durch Motoren, Reifen und Aerodynamik nicht aus.»

WM-Tipp von Dr. Marko: «Einer der Red-Bull-Piloten.»

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