KTM: Im Werk gingen die Lichter aus

Johann Zarco: «Mit Yamaha in MotoGP wäre fantastisch»

Von Sharleena Wirsing
Nach neun Rennen führt Johann Zarco die Moto2-WM bereits mit großem Vorsprung an. Im Interview mit SPEEDWEEK.com sprach er über seine Titelchance und die MotoGP-Pläne.

179 Punkte auf dem Konto, 65 Zähler Vorsprung, drei Siege und fünf weitere Podestplätze in neun Rennen – so beeindruckend sieht die Bilanz der ersten Saisonhälfte für Moto2-WM-Leader Johann Zarco aus.

Der 25-Jährige Franzose wechselte für die Saison 2015 vom Caterham-Team und Suter in das neue Moto2-Team von Aki Ajo und auf Kalex. Dieser Schritt erwies sich schon bald als richtig. Zarco eilte in der ersten Saisonhälfte konstant von Erfolg zu Erfolg, während seine Gegner wie Weltmeister Tito Rabat, Sam Lowes oder Tom Lüthi schwächelten.

Im großen Interview mit SPEEDWEEK.com sprach der ruhige und zurückhaltende Moto2-WM-Leader aus Cannes darüber, wie Gabor Talmasci seine Karriere rettete, den Moto2-Titel und seine MotoGP-Pläne.

Johann, du hast eine großartige erste Saisonhälfte hinter dir. Schon bei den Wintertests wurde klar, dass du sehr schnell bist. Hast nach dem Wechsel in ein neues Team mit diesem Erfolg gerechnet?

Ja, das war nämlich unser Ziel. Ich wollte schon mit dem Caterham-Team um Siege kämpfen, aber das gelang nicht. Am Ende der Saison schaffte ich es jedoch auf das Podest und legte gute Rundenzeiten vor. Das war sehr positiv. Bei Aki Ajo eine Kalex zu bekommen, bedeutete, dass ich auf einem Siegerbike sitze. Daher waren Siege und die Stärke, die ich jetzt zeige, das Ziel.

Du hast nun 65 Punkte Vorsprung auf Tito Rabat und 72 auf Sam Lowes. Kann dich überhaupt noch jemand schlagen?

Das ist schon möglich. Man darf sich nie zu früh freuen, denn das ist die Erfahrung, die auch schon Aki beispielsweise mit Jack Miller im letzten Jahr machte. In diesem Moment sieht es so aus, als hätte ich den Titel schon in der Tasche, aber es folgen noch neun weitere Rennen. Das Wichtigste ist es nun, meine Pace weiter so beizubehalten. Darauf konzentriere ich mich, denn ich weiß, dass es noch nicht geschafft ist.

Was die Ergebnisse betrifft, war dein bisher bestes Jahr 2011, als du um den WM-Titel in der 125-ccm-Klasse gekämpft hast. Damals gab es einige Vorfälle, die deine Titelchancen zerstörten. Was ist damals passiert?

In Barcelona erhielt ich eine Strafe, weil ich Nico Terol berührt hatte. Es war eine harte Strafe, denn ich wurde von Platz 1 auf den sechsten Rang zurückversetzt. So waren es nur noch zehn statt 25 Punkte, das kann sich im Kampf um einen Titel stark auswirken. Auf dem Sachsenring lag ich eine Tausendstel vorne, aber Faubel wurde der Sieg zugesprochen. Es war eine schwierige Saison, aber es war auch schön, um Siege zu kämpfen und einer der besten Fahrer in dieser Klasse zu sein. Ich habe das mit Aki Ajo erlebt, nun fahre ich wieder in seinem Team und kämpfe wieder um den Titel. Das ist das Positive, das ich im Kopf behalte.

Warum werden sich die Ereignisse von 2011 und der Verlust der Titelchance nicht wiederholen?

Man weiß nie, was passiert. Doch nun habe ich mehr Erfahrung als 2011 und ich siegte bereits öfter als damals. Ich muss um den Titel kämpfen, was ich derzeit tue, und ihn mir diesmal auch wirklich schnappen.

Schon im letzten Jahr hast du gesagt, dass du deine Einstellung für die zweite Saisonhälfte 2014 verändert hast. Was bedeutet das genau?

Ich dachte damals einfach zu viel über das Bike nach und wollte alles perfekt haben. In der zweiten Saisonhälfte vertraute ich meinem Team und kümmerte mich mehr um meinen Fahrstil. So gelang uns ein großer Schritt, ich kämpfte um Podestplätze. Ich habe gelernt, nicht so viel über Technik nachzudenken, sondern der Fahrer zu sein.

Du bist in Cannes geboren, aber du lebst mittlerweile im gut zwei Stunden entfernten Avignon. Findet sich in dieser Region viel Leidenschaft für Motorräder?

Ja, in der Provence gibt es schon leidenschaftliche Motorrad-Fans. Zusätzlich dazu hatte ich gute Sponsoren aus dieser Region, die keine typischen Motorsport-Sponsoren waren, sondern mittelständische Unternehmen führten. Dank ihnen konnte ich in den ersten drei WM-Jahren meine Teams bezahlen. Ohne sie wäre ich nicht hier.

Als du nach deiner Teilnahme am Red Bull Rookies Cup 2007 keine Chance auf einem WM-Einstieg hattest, schaltete sich das Schicksal ein. Du hast Gabor Talmacsi, den 125-ccm-Weltmeister von 2007, in Ungarn kennengelernt. Er hat dir geholfen.

Genau. Ich traf ihn auf einer Kartstrecke in Ungarn, wo ich mit einem Straßenbike fuhr. Nach der Saison im Rookies Cup 2007 hatte ich keine Möglichkeit auf einen WM-Einstieg. Heute ist das anders, was fantastisch ist. Doch für die Saison 2008 war es sehr schwer, denn der Rookies Cup fand 2007 zum ersten Mal statt. Ich hatte den Cup gewonnen, daher war es der Plan, mit Red Bull und einer KTM die Spanische Meisterschaft zu bestreiten. Das war aber nicht die beste Möglichkeit, um Spanischer Meister zu werden, weil Aprilia so stark war.

Dann entschied ich mit meinem Coach, dass wir es lieber auf unsere Art machen wollen. Das war ein großes Glücksspiel, denn Red Bull war ein wichtiger Unterstützer. Doch ich trainierte weiter. Ich war in Ungarn, weil die Frau meines Coachs Ungarin ist. Dort traf ich Gabor Talmasci und er bat mich zu einem Test. Nach diesem Test sagte er mir, dass ich ein Bike in der Weltmeisterschaft bekommen würde und er ein Team für mich findet. Dann bezahlte mein Sponsor das Team. Doch der erste Kontakt wurde durch Gabor hergestellt. Das werde ich ihm nie vergessen.

Auch du förderst mittlerweile junge Talente. Erzähl mir etwas über das Konzept deiner Racing School «ZF Grand Prix».

In Spanien gibt es solche Schulen schon seit zehn Jahren und sie fördern viele Fahrer. Mein Coach und Manager schlug mir vor, dasselbe zu machen. Ich war einverstanden. Wir wussten, dass wir günstige Maschinen für viele Fahrer brauchten. Teure Bikes machen keinen guten Fahrer. Erst muss sich ein Pilot entwickeln und lernen. Wir begannen 2012. Mittlerweile haben wir 25 Fahrer in zwei Altersklassen von 7 bis 10 und von 11 zu 14 Jahren. Auch für mich ist es sehr interessant, ihnen etwas beizubringen. Zudem organisieren wir nun im zweiten Jahr Rennen. Es ist ein Weg, die Leidenschaft für Motorräder in Frankreich zu unterstützen, denn sie stirbt immer mehr aus. Ich will etwas zurückgeben.

Denkst du, dass einer deiner Fahrer den Sprung in die Weltmeisterschaft schaffen könnte?

Ich weiß es nicht, denn dafür habe ich noch zu wenig Erfahrung. Doch sie sind sehr motiviert und wollen weitermachen. Solange ich ihnen helfen kann, werde ich es tun.

Nach dem Moto2-Titelgewinn wäre der nächste logische Schritt der Aufstieg in die MotoGP-Klasse. Machst du dir darüber bereits Gedanken?

Ja, sicher. Ich denke darüber nach, aber es ist noch zu früh, um zu wissen, wohin ich gehen kann und soll. Ich lasse meinen Manager das machen und die Kontakte knüpfen.

Haben sich bereits MotoGP-Teams bei dir gemeldet?

Ich lasse das meinen Manager machen. Aber ja: Da wir mit unserer Fahrerschule bereits mit Yamaha zusammenarbeiten, wäre es fantastisch, ein Yamaha-Bike zu bekommen. Das wäre ein schöner Traum, der in Erfüllung gehen könnte.

Johann Zarco hat ein Auge auf Yamaha geworfen, im Tech3-Team des Franzosen Hervé Poncharal laufen die Verträge von Pol Espargaró und Bradley Smith aus. Doch dieser gab bereits zu bedenken, dass Zarco bereits 25 Jahre alt ist, aber im Gegensatz zu den 24-jährigen Smith und Espargaró noch keine MotoGP-Erfahrung hat.?

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