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Verrat: Weshalb Kawasaki auf Loris Baz böse ist

Von Ivo Schützbach
Seit Juni reden Tom Sykes und Loris Baz nicht mehr miteinander, nach dem Superbike-WM-Finale in Katar haben sie eine Schlammschlacht begonnen. Was Kawasaki zum entgangenen WM-Titel sagt.

Teamorder ist im Motorrad-Rennsport verpönt und kommt auch nur selten vor. Wenn sich allerdings die Fahrer eines Teams im WM-Kampf gegenseitig die Punkte wegnehmen und so die Titelchancen des Herstellers ruinieren, kann ein Teamchef schon mal auf die Idee kommen, seine Piloten darum zu bitten.

Sie lesen richtig, es ist eine Bitte. In keinem Fahrervertrag steht etwas zum Thema Teamorder, anders als in der Formel 1. Das Team ist dem Piloten gegenüber nicht weisungsbefugt was das anbelangt, es kann nur nett fragen.

In Magny-Cours ließ Marco Melandri seinen Aprilia-Teamkollegen Sylvain Guintoli vorbei und schenkte dem späteren Weltmeister dadurch fünf Punkte.

Loris Baz gab im selben Rennen Platz 4 an seinen Kawasaki-Kollegen Tom Sykes ab und bescherte ihm dadurch zwei Punkte zusätzlich.

Im zweiten Rennen in Magny-Cours ignorierte Melandri die Aufforderung seitens Aprilia Guintoli vorbeizulassen.

Baz tat es ihm in Katar gleich und blieb im ersten Rennen Zweiter, Sykes wurde Dritter.

Die Weltmeisterschaft endete mit einer Differenz von sechs Punkten zugunsten von Guintoli gegenüber Sykes. Sie wäre auch so ausgegangen, hätte es nie Teamorder gegeben.

Anders hätte es ausgesehen, hätte Baz Sykes in Katar vorbeigelassen. Dann wäre der Engländer nach geschenkten Punkten 6:5 vor Guintoli gelegen. Im WM-Stand hätte ihm das aber nichts genützt, so lange er im zweiten Rennen in Katar Dritter und nicht Zweiter wird. Ob der Engländer Jonathan Rea niedergerungen hätte in dem Wissen, dass er dann Weltmeister wird, ist Spekulation.

Aprilia hat mit Teamorder angefangen

«Du darfst mir glauben, dass er im zweiten Lauf Rea besiegt hätte und Zweiter geworden wäre, wäre es um den Titel gegangen», meinte Sykes’ Crew-Chief Marcel Duinker zu SPEEDWEEK.com. «So wusste er, dass ihm auch Rang 2 nicht reichen würde.»

Der Niederländer weiter: «Aprilia hat schon in der Vergangenheit Teamorder ausgesprochen, 2012 hat das die Weltmeisterschaft entschieden. Als sie es in Magny-Cours wieder taten, hat sich Kawasaki entschieden diesem Weg zu folgen. Unglücklicherweise haben wir in Katar keine Hilfe erhalten. Ich könnte mich jetzt darüber auslassen, weil ich emotional so aufgewühlt bin, aber das spare ich mir an dieser Stelle.»

Kawasaki-Rennchef Ichiro Yoda nahm Baz nach dem ersten Rennen in Schutz und meinte, es wäre nicht genügend Zeit für einen Platzwechsel gewesen. Teammanager Guim Roda meinte zu Baz’ Ignoranz gegenüber der Teamorder: «Das war seine Entscheidung, wir können nichts dagegen tun. Wir haben im Team vor dem Rennen mit Loris darüber gesprochen – wenn er sich dann nicht daran hält, habe ich das nicht in der Hand. Ich konnte ihm ja nicht das Pitboard in die Bahn werfen.»

Das Kawasaki-Team hat sich in den letzten Jahren als äußerst sportlich und seriös präsentiert. Die Enttäuschung über Loris Baz kommt nicht daher, dass er die Teamorder ignorierte, sondern dass er vor dem Rennen das Gegenteil behauptete und stets betonte, dass er Kawasaki und damit Tom Sykes helfen werde.

Baz hat sein Team angelogen

«Ich bin traurig und enttäuscht», gab Roda zu, der Baz vor drei Jahren ins Kawasaki-Werksteam brachte und nach Kräften unterstützte, als dieser noch ein Noname war. «Es ist richtig, im Vertrag von Loris steht nichts über Teamorder. Das ist eine Frage, wie man die Menschen im Team schätzt und welche Beziehung man zu ihnen pflegt. Jeder hat im Leben Gründe bestimmte Dinge zu tun. Manchmal muss man auch Sachen tun, die man nicht mag – im Interesse von allen. Er hat sich anders entschieden, ich bin nicht sein Vater. Ich konnte ihn nur als Teammanager fragen.»

Gleichzeitig zollte der Spanier Aprilia jeglichen Respekt. Sylvain Guintoli gewann den WM-Titel in Katar mit Stil: Sieg in beiden Rennen, schnellste Rennrunde, Rundenrekord, Teamkollege Marco Melandri vernichtend geschlagen. Roda: «Aprilia war in den letzten drei Rennen sehr stark, wir hatten nur eine kleine Chance zu gewinnen. Wir müssen realistisch bleiben. In Magny-Cours regnete es, Jerez war nie die beste Strecke für uns und in Doha war der Topspeed der Aprilia gut. Ich bleibe aber dabei, dass Sykes der schnellere Fahrer als Guintoli ist. Die WM gewinnt aber nie der Beste, sondern der mit den meisten Punkten.»

Baz gab zu, dass er für seine Weigerung persönliche Beweggründe hatte: «Manchmal im Leben muss man eine Wahl treffen. In den letzten drei Jahren sind viele Dinge im Team passiert, es war hart. Ich war von meinem Teamkollegen aus nicht immer willkommen. Es hat Gründe, weshalb ich Kawasaki verlasse. Ich habe Tom bereits in Magny-Cours geholfen.»

Der 21-Jährige fährt 2015 an der Seite von Stefan Bradl im Team Forward Yamaha MotoGP.

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