Forward gibt nach: Stefan Bradl in Indy auf Aprilia?

Von Günther Wiesinger
Wird Stefan Bradl zum prominentesten Kurzzeit-Arbeitslosen im GP-Sport? Nach der einvernehmlichen Trennung von Forward steht einem Teamwechsel nichts mehr im Wege.

Am vergangenen Montag verlautbarte Forward Racing den Rückzug vom nächsten Grand Prix in Indianapolis, am Dienstag kündigte Stefan Bradl seinen Fahrervertrag für den Rest der Saison.

Das bedeutete aber nicht gleichzeitig, dass er sich sofort ein neues Team für den Rest der Saison suchen konnte.

Er benötigte dazu die Zustimmung von Forward Racing, also eine schriftliche Bestätigung der Vertragsauflösung. Sonst hätte das Selektions-Komitee, zusammengesetzt aus Dorna, IRTA und FIM, einem Teamwechsel nicht zugestimmt.

Diese Bestimmung schützt die Teams, damit nicht während der Saison pausenlos Fahrer ohne triftigen Grund von einem Rennstall zum anderen wechseln und die Teams auf ihren Investitionen sitzen bleiben. Die GP-Verantwortlichen gestatten so einen «team change» nur bei einvernehmlichen Trennungen.

Am späten Donnerstagabend telefonierte Stefan Bradl (25) mit Marco Curioni, dem Managing Director von Forward Racing, er erreichte innerhalb weniger Minuten eine einvernehmliche Lösung. Curioni bestätigte sie danach schriftlich, Bradl informierte Dorna und IRTA, damit ist der Weg frei zu einem anderen Team.

«Jetzt wird Stefan vom Selektions-Komitee die Einwilligung für einen Teamwechsel erhalten. Das ist kein Problem mehr», versicherte Dorna-Chef Carmelo Ezpeleta am Donnerstagabend gegenüber SPEEDWEEK.com.

Max Biaggi, 2010 und 2012 als Aprilia-Werksfahrer Superbike-Weltmeister, bestätigte heute in Sepang/Malaysia recht offenherzig Verhandlungen von Gresini Aprilia Racing mit Stefan Bradl. Renndirektor Albesiano hielt sich bei diesem Thema bisher zurück, denn kein seriöser Teamprinzipal wirbt einen Fahrer aus einem gegnerischen Team ab, solange die Vertragssituation nicht restlos geklärt ist.

Auch Teambesitzer Fausto Gresini macht kein Geheimnis mehr aus der geplanten Verpflichtung von Stefan Bradl. «Ich glaube, Stefan und Alavaro würden ein gutes Paar abgeben. Sie sind erfahrene Piloten, die auch als Werksfahrer im Einsatz waren. Vielleicht ist Bradl nach seinem Kahnbeinbruch von Assen noch nicht 100 Prozent fit, aber er hat bestimmt bisher noch nicht sein ganzes Potenzial zeigen können. Es ist immer schwierig von aussen ein Problem zu beurteilen, aber ich bin sicher, dass er momentan sehr motiviert ist.»

Teamwechsel zu Aprilia: Klappt er für Indy?

Die einvernehmliche Vertragsauflösung zwischen Forward und Bradl bedeutet aber nicht gleichzeitig, dass Stefan Bradl in einer Woche in Indy auf der Aprilia RS-GP debütieren wird.

«In den letzten Tagen ging es rund, dauernd änderte sich die Situation, die E-Mails trafen im Minutentakt ein. Ich hatte schon Bedenken, dass mein Computer platzt», schilderte Stefan Bradl. «Dazwischen gab es immer wieder Telefonate, SMS, Whatsapp-Kontakte, Face-Time-Gespräche und Telefonate. Es tauchten immer neue Hindernisse auf. Jetzt sind wir kurz vor dem Ziel. Aber ich nehme dazu erst Stellung, wenn die Geschichte wirklich unter Dach und Fach ist.»

Nach der endgültigen Freigabe von Forward Racing kann Bradl konkrete Verhandlungen führen und neue Vereinbarungen unterzeichnen. «Ich will in Indy nicht zuschauen», ?liess sich der Bayer immerhin entlocken.

Falls am Wochenende noch ein Deal zustande kommt, Aprilia sucht bekanntlich ein «permanent replacement» für den vor dem Sachsenring-GP entlassenen Marco Melandri, kann Bradl am Dienstag nach Amerika fliegen. «Mein Forward-Flug ist storniert worden», weiss der Bayer.

Aprilia-Testfahrer Michael Laverty hat ?Melandri beim Deutschland-GP ersetzt, aber sein Deal gilt nur von Rennen zu Rennen. Der Brite war während der S?ommerpause quasi im Stand-by-Modus und wartet auf eine Entscheidung von Aprilia Racing. Er fährt 2015 hauptberuflich die Britische Superbike-Meisterschaft auf BMW.

Bradls Teamkollege bei Aprilia wäre Alvaro Bautista (30), mit dem er sich in den drei LCR-Honda-Jahren so manches spannendes Match um die Position des besten Honda-Kundenpiloten lieferte.

Wenn der Teamwechsel für Indy oder Brünn klappt, wäre Stefan Bradl der erste MotoGP-Fahrer seit Yonny Hernandez 2013 in Aragón, der während der Saison den Rennstall wechselt. Der Kolumbianer wurde damals vom britischen Hühnerzüchter Paul Bird und dessen PBM-Aprilia-Team für 100.000 Euro und einen Generator an Pramac-Ducati-Chef Paolo Campinoti «verkauft».

«Ich würde lieber bereits in Indy wieder fahren statt in Brünn. Ich muss mich an das Motorrad und das Team gewöhnen. Mein Kahnbeinbruch ist gut verheilt», sagt Bradl. «?Seit dem Sturz in Assen sind fast fünf Wochen vergangen. Ich will jetzt endlich wieder auf einer MotoGP-Maschine sitzen.»

Bei Forward Racing herrscht weiter das Prinzip Hoffnung. Es soll einen Investor geben, der das Team ab Silverstone fortführen will.  Marco Curioni arbeitet an einem Rettungsplan, rund 40 Mitarbeiter bangen um ihre Arbeitsplätze.

Aber Marco Curioni wollte Bradl in dieser schwierigen Situation des Teams (Teambesitzer Giovanni Cuzari wurde verhaftet) keine Steine in den Weg legen. «?Wir haben uns von unserer Seite aus bemüht, eine möglichst gute Lösung für Stefan Bradl finden, denn wir halten sehr viel  von ihm.»

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