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Troy Bayliss: Valencia 2006 – ein Motorsport-Wunder

Von Manuel Pecino
2006 gewann der damalige Superbike-Weltmeister Troy Bayliss den Grand Prix in Valencia ohne zuvor das Bike und die Reifen getestet zu haben. Er dominierte das Rennen vom Start bis ins Ziel.

Es war ein so fantastisches wie auch unerklärliches Rennen. Wundervoll, denn es war einzigartig und ist nicht zu wiederholen. Troy Bayliss’ Sieg 2006 in Valencia auf der Ducati GP06 wird als eines der herausragendsten und sicher auch unerwartetsten Ereignisse in die Geschichte des Motorradsports eingehen.

Wenn man nur daran denkt, bekommt man auch neun Jahre später noch Gänsehaut. Zu einer Zeit, in der unser Sport leider von Skandalen und Kontroversen beherrscht wird, bringt die Erinnerung an dieses Rennen ein Lächeln zurück auf das Gesicht und erfüllt das Herz der Fans mit Freude.

Doch wie kam es dazu? Wie war es einem Fahrer, der während seiner drei MotoGP-Jahre nur viermal auf dem Podest stand, möglich in Valencia zu gewinnen, obwohl er ein Bike und Reifen einsetzte, die er erst am Freitag vor dem Rennen zum ersten Mal fuhr? Zusammen mit Davide Tardozzi und Paolo Ciabatti von Ducati werfen wir einen Blick zurück in die Vergangenheit.

Davide, lass uns damit beginnen, was vor dem GP geschah. Warum wurde Bayliss für das letzte Rennen ausgewählt?

Troy hatte die Superbike-WM 2006 gewonnen und Sete Gibernau, unser MotoGP-Stammfahrer war verletzt. Wir brauchten einen Ersatz. Paolo Ciabatti, der damals für das Superbike-Projekt von Ducati verantwortlich war, und Claudio Domenicali, der heutige Managing Director, hatten die Idee, Troy zu fragen, ob er in Valencia antreten will. Zuerst lautete die Antwort «nein». Nach der desaströsen MotoGP-Saison 2005 mit Honda war Troy in der Superbike mit Ducati sehr happy. Er wollte keine Probleme.

Wie konntet ihr ihn dann doch überzeugen?

Der Vorschlag wurde zwei oder drei Wochen vor dem Rennen gemacht. Wir sprachen mit seinem Manager, während Livio Suppo, damals Ducati-MotoGP-Projektmanager, alle Konditionen offenlegte. Troy begann Verhandlungen und wollte eine Klausel integrieren, die ihn drei Leute mitbringen ließ: David Marinelli (Troys Crew-Chief in der Superbike-WM), Paolo Ciabatti und Davide Tardozzi, Teammanager von Ducati in der Superbike-WM. Ducati akzeptierte seine Forderung. Gibernaus Crew-Chief Juan Martinez war ein Gentleman. Nicht nur, weil er seinen Platz für das Rennen räumte, sondern auch, weil er Marinelli stets helfend zur Seite stand. Dafür würde ich ihm gerne heute noch einmal danken.

Also stimmte Bayliss zu...

Tardozzi: Ja, und als wir über das Geld sprachen, waren die Vorstellungen unterschiedlich. Doch Troy sagte: ‹Vergesst es. Lasst uns die Top-3 ins Auge fassen. Gebt mir mehr, wenn ich es auf das Podest schaffe.› Für mich war das ein großartiges Zeichen, denn er war überzeugt, dass er ein gutes Rennen fahren kann.

Ciabatti: Troy kam nicht nach Valencia, um nur teilzunehmen. Er hatte seinen Helm auf dem Kopf, er war für den Kampf bereit.

Davide, wie begann das Wochenende?

Troy begann mit durchschnittlichen Leistungen. Er war Achter im FP1 und Zehnter im FP2, doch er fühlte sich gut. Er war überzeugt, dass er als Herausforderer in Valencia war und nicht nur als Ersatzfahrer. Er war sehr motiviert. Trotz der Schwierigkeiten am Freitag war er überzeugt, dass er es gut machen wird.

Dann kam das Qualifying.

Am Samstagmorgen war er Sechster. Im Qualifying war er sehr stark. Rossi entriss ihm in letzter Sekunde die Pole. Es war eine unglaubliche Runde, die letzte Kurve fuhr er komplett ‹sideways›. Der zweite Platz von Troy löste viel Enthusiasmus aus. Dann glaubten auch wir daran: nicht an den Sieg, aber an einen Podestplatz.

Im Rennen machte er die Sensation perfekt.

Er führte ab dem Zeitpunkt, als die Startampel ausging, bis zur karierten Flagge. Capirossi war etwa 1,2 sec hinter ihm und schloss auf, doch in der nächsten Runde hatte Troy den Abstand wieder ausgebaut. Als er ins Parc fermé kam, war das erste Wort, das er sagte, nachdem er den Helm abgenommen hatte: ‹Einfach.› Ich erinnere mich, dass ihn die Leichtigkeit, mit der er den Sieg einfuhr, überraschte.

Paolo, wie kann man einen solchen Sieg erklären?

Wenn wir uns die Geschichte von Bayliss in der MotoGP-Klasse ansehen, dann wird klar, dass er sein Debüt 2003 auf einem Motorrad gab, das ebenfalls völlig neu war. Troy machte sich sehr gut. Dann, 2004, verfehlte Ducati etwas am Bike, Capirossi gewann auf Phillip Island und Troy war Dritter in Valencia. 2005 wechselte er zu Honda, mit der er es nie auf das Podest schaffte. Es ist wahr, dass Bayliss in seinen drei MotoGP-Jahren großartige Resultate fehlten, aber es war nicht so schlecht.

Wir sagen, das war eines dieser Sport-Wunder bei dem die Einstellung und die Motivation des Fahrers sowie die Situation in der Meisterschaft (Rossi stürzte, Hayden wurde Dritter und Weltmeister), den unerwarteten Erfolg möglich machen. Ich glaube, es war ein einzigartiges Ereignis, und das wird es auch bleiben. Ich denke nicht, dass das jemand wiederholen kann. Es war ein magischer Moment. Eine Gruppe von Menschen gaben ihm die Ruhe, um eine der großartigsten Geschichten des Motorradsports zu schreiben.

Ciabatti verriet auch eine Geschichte, die sich hinter den Kulissen abspielte. An einem gewissen Punkt gab es ein Risiko, dass Bayliss von einer Teamorder zurückgehalten wird.

Melandri schob sich immer weiter nach vorne und Capirossis dritter WM-Rang war in Gefahr. Eine Hälfte der Box war besorgt, sie wollten, dass Bayliss ihn überholen lässt. Glücklicherweise wurde ihm kein Signal gegeben. Capirossi wurde Zweiter und verteidigte den dritten WM-Rang.

Wollte Bayliss nach diesem Erfolg in der MotoGP-Klasse bleiben?

Nein, er sagte sofort, dass es genug mit MotoGP sei. Es war, als wäre ein Gewicht von seinen Schultern gefallen. Ich rief sofort Paolo Flammini, den Verantwortlichen der Superbike-WM, an und sagte: ‹Mach dir keine Sorgen, er wird seine Karriere in der Superbike beenden.›

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