KTM: Im Werk gingen die Lichter aus

Fährt Johann Zarco 2017 Werks-Suzuki im Ajo-Team?

Von Günther Wiesinger
Johann Zarco und sein Manager Laurent Fellon machen kein Geheimnis daraus, dass sie für 2017 einen MotoGP-Vertrag in der Tasche haben. Viele Fakten und Anzeichen deuten auf einen Suzuki-Deal hin.

Als der spätere Moto2-Weltmeister Johann Zarco letztes Jahr im August und September ein MotoGP-Angebot nach dem anderen ablehnte, runzelten viele Experten die Stirn.

Pramac-Ducati, Avintia-Ducati und das Aspar-Martinez-Team, das später von Honda zu Ducati wechselte, bekamen von Zarco und seinem Manager Laurent Fellon nach der Reihe einen Korb.

Teams wie Tech3-Yamaha hatten keinen Platz für den schnellen Franzosen, der schliesslich sieben Saisonsiege sicherstellte.

Der Franzose Christian Sarron, 1984 Weltmeister in der 250-ccm-Klasse auf Yamaha und langjähriger 500-ccm-Weltklassefahrer, wunderte sich über die Entscheidung seines schnellen Landsmanns, der lieber eine weitere Moto2-Saison auf Kalex im Team von Aki Ajo fahren wollte statt sich eine MotoGP-Saison in einem zweitklassigen Team anzutun.

Sarron, jetzt emsiger und gewissenhafter TV-Kommentator bei Eurosport France, erfuhr aber bald von Zarco und Fellon, dass sie triftige Gründe hatten, den MotoGP-Einstieg noch um ein Jahr hinauszuschieben, obwohl Zarco bereits 25 Jahre alt ist.

«Ich habe verlässlich erfahren, dass Zarco schon einen MotoGP-Vertrag für 2017 unterschrieben hat», erzählte Sarron im Gespräch mit SPEEDWEEK.com. Er grübelte aber seit Monaten darüber nach, um wen es sich handeln könnte.

Denn Tech3-Yamaha-Teambesitzer Hervé Poncharal stellte jeden Vorvertrag entschieden in Abrede, obwohl er das Fahrkönnen Zarcos durchaus zu schätzen weiss. Aber Yamaha will im Tech3-Team Teenager aufbauen, deshalb werden Fahrer wie Alex Rins und andere Moto2-Talente aufs Korn genommen.

Um KTM handelt es sich offensichtlich auch nicht, was nicht verwunderlich gewesen wäre, weil Aki Ajo durch sein Red-Bull-KTM-Moto3-Werksteam ein sehr enges Verhältnis zu den Mattighofenern hat. Aber KTM hat noch keine MotoGP-Fahrerentscheidung für 2017 getroffen. Und bei KTM würde Zarco quasi die Katze im Sack kaufen – die Schlagkaft der RC16 ist noch ein Fragezeichen.

SPEEDWEEK.com hat jetzt herausgefunden, bei welchem Werk Johann Zarco für 2017 einen MotoGP-Vorvertrag unterzeichnet haben dürfte. Es handelt sich um eine handfeste Überraschung: Der Deal wurde mit dem Suzuki-Werk abgeschlossen!

Natürlich beteuert Suzuki-Ecstar-Teammanager Davide Brivio vor dem Saisonstart, er würde 2017 gerne mit Maverick Vinales und Aleix Espargaró weitermachen, was keinen Spielraum für einen Einsatz von Johann Zarco lassen würde.

Aber: Erstens könnte Vinales Richtung Ducati, Repsol-Honda oder Movistar-Yamaha abhanden kommen, falls dort ein Platz frei wird. Und der Vertrag von Aleix Espargaró läuft am Jahresende aus...

Zweitens wird bei Suzuki offenbar ein zusätzliches Szenario durchgespielt: Es könnte 2017 ein Suzuki-Einmann-Kundenteam mit 2017-Werksmaschinen betrieben werden. Ein Kandidat für dieses Team könnte Aki Ajo sein. Übrigens: Auch LCR-Honda betreibt noch ein Ein-Mann-Team.

Ajo hat noch nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass er als Teambesitzer eines Tages in die MotoGP-WM aufsteigen wird. Mit KTM ist das nicht möglich, weil die Österreicher ihre ursprüngliche Absicht geändert haben und statt eines Joint Ventures mit einem existierenden Team 2017 ein eigenes Team mit der Bezeichnung KTM Factory Racing mit Hauptsponsor Red Bull einsetzen werden.

Zarco hingegen vertraut Ajo und hat sich deshalb mit ihm für ein zweites Moto2-Jahr verbündet. Zarco hat mit Ajo 2011 die 125er-WM knapp verloren und ist 2016 nach ein paar Jahren bei anderen Teams mit mittelmässigen Resultaten zu Ajo zurückgekehrt. Der Erfolg liess nicht lange auf sich warten.

Klar, MotoGP-Startplätze sind kostbar und nur unter besonderen Konstellationen erhältlich.

Aber jetzt ist klar, warum sich Dorna-Chef Carmelo Ezpeleta im Winter so hartnäckig bemüht hat, das finanzschwache Iodaracing-Aprilia-Team aus dem MotoGP-Startfeld zu verbannen und mit finanziellen Zugeständnissen in die Superbike-WM zu locken.

So ist das Startfeld für 2016 auf 21 Fahrer geschrumpft. 2017 kommen zwei Werks-KTM dazu. Es bliebe also noch ein Platz für ein Suzuki-Kundenteam mit Johann Zarco. Die Belieferung von maximal 24 Fahrern umfasst auch der Dorna-Deal mit Michelin.

Fakt ist: Die Dorna will für 2017 auch von Suzuki und Aprilia Kundenteams sehen und nicht unbedingt wieder acht Ducati im Feld erleben.

Suzuki-Teammanager Davide Brivio schliesst ein Kundenteam für 2017 nicht aus, auch wenn Suzuki in der 2002 begonnenen Viertakt-Ära in der Königsklasse noch nie ein zweites MotoGP-Team beliefert hat.

Für den geschäftstüchtigen Aki Ajo, der grosse Stücke auf Johann Zarco hält, würde ein Aufstieg in die MotoGP-WM 2017 viel Sinn machen. Es wäre der ideale Zeitpunkt. Denn die finanziellen Zuschüsse von Dorna und IRTA steigen 2017 auf 2,8 Millionen Euro pro Fahrer an, während die Leasingkosten für ein Materialpaket pro Fahrer erstmals begrenzt werden – auf maximal 2,2 Millionen Euro pro Saison.

Der Betrieb eines MotoGP-Teams wird also so lukrativ wie nie zuvor sein.

Warum wir Ajo für einen MotoGP-Kandidaten mit Suzuki halten? Die Connection zwischen Aki Ajo und den Suzuki-Machthabern ist sehr eng. Denn Ajo ist seit 2013 auch persönlicher Manager von Suzuki-Werksfahrer Maverick Vinales, der letzte Woche beim Phillip-Island-Test Bestzeit erzielte – und den Suzuki für die Zukunft um jeden Preis bei der Stange halten will.

Aber aus Spanien ist zu hören, dass für Zarco auch eine andere Teamstruktur mit Suzuki geplant sein könnte – ohne Ajo. In den nächsten Wochen und Monaten werden weitere Informationen dazu ans Tageslicht kommen.

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