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BMW-Rennchef Bongers: Viele Argumente gegen MotoGP-WM

Suzuki hat zum Ende der Saison 2022 den MotoGP-Ausstieg beschlossen, Vermarkter Dorna sucht händeringend nach Ersatz. Der deutsche Hersteller BMW wäre sehr willkommen.

Seit dem 2. Mai steht fest, dass sich die Suzuki-Ecstar-Mannschaft am Saisonende 2022 aus der MotoGP-WM zurückziehen wird. Dabei hatte die Suzuki Motor Corporation erst im November 2021 den endgültigen neuen Fünf-Jahres-Vertrag bei der Dorna unterschrieben.

WM-Vermarkter Dorna Sports S.L. stellte inzwischen klar, dass der japanische Hersteller nicht ohne Strafzahlung aus dem Vertrag aussteigen kann. Der Suzuki-Vorstand und die Dorna-Manager und -Anwälte haben in Madrid erste Gespräche zu diesem Thema geführt.

Und seither stellt sich die Frage, ob ein anderes Motorradwerk Interesse hat, die beiden MotoGP-Plätze von Suzuki zu übernehmen. Die Dorna hat diese für einen Hersteller reserviert; ein Privatteam wird sie vorläufig nicht bekommen.

Bisher zeichnet sich allerdings kein Einstieg eines neuen Werks ab. Superbike-WM-Seriensieger Kawasaki sagt kategorisch «nein», bei MV Agusta fehlt es am nötigen Geld.

Bei BMW beschäftigte sich das Top-Management in den vergangen 20 Jahren mehrfach mit dem Thema MotoGP. Aber der Traum vieler Motorradfans, dass die deutsche Premiummarke in die Königsklasse einsteigt, blieb unerfüllt. BMW zieht die Superbike-WM vor, in der seit 2009 lediglich Marco Melandri als Dritter von 2012 eine Medaille eroberte.

Dr. Markus Schramm, aktueller Geschäftsführer von BMW Motorrad, erklärte bisher regelmäßig, sein Unternehmen brauche die MotoGP-WM nicht, denn er liefert jedes Jahr Rekordabsätze ab. Im letzten Jahr wurde ein Gewinn von 228 Millionen Euro erzielt.

Schramm räumt aber ein: «Racing ist in der DNA von BMW seit 100 Jahren. Wir haben eine Motorsporthistorie – mal auf, mal ab. Trotzdem ist die Basis da. Mit der RR haben wir 2009 einen Pfad aufgemacht, der sehr gut dazu passt. Mit der neuen RR, der Einführung der M-Marke und dem Wiedereinstieg als Superbike-Werksteam haben wir ein gutes Paket.»

Doch BMW Motorrad strebte über viele Jahre hinweg nie das sportliche Image an, das der Automobilsparte der Bayern seit 50 Jahren anhaftet und im Tourenwagensport, in der Formel 1 und anderen Rennserien immer sorgfältig und aufwändig gepflegt wurde.

Obwohl BMW im Vierrad- als auch im Zweiradbereich nie so konsequent Motorsport betrieben hat wie manche Kontrahenten, wurden immer wieder Erfolge gefeiert. Die Engagements in der Formel 1, DTM, bei der Rallye Dakar, in der Superbike-WM und so weiter wurden jedoch zum Leidwesen der Ingenieure in den Rennabteilungen manchmal von Rückzugsentscheidungen des Vorstands gestoppt.

Dr. Schramm gab in letzter Zeit mehrmals ein klares Bekenntnis zur Superbike-WM ab. Aber vorläufig gewinnt BMW Motorrad nur in der Langstrecken-WM – wie zuletzt beim 24-Stunden-Rennen von Spa-Francorchamps.

«Wir fahren nicht MotoGP, sondern ganz bewusst Superbike-WM», erklärte Dr. Schramm nach der werkseitigen Rückkehr von BMW im Jahr 2019. «Ich habe noch einiges bis zur Rente, ich gehe aber davon aus, dass das mein letzter Job ist. Bis ans Ende unseres langfristigen Planungshorizonts können wir davon ausgehen, dass BMW Motorrad in der Superbike-WM bleibt.»

Trotzdem möchten offenbar einige Manager bei der BMW AG und bei der BMW M GmbH jetzt abwägen, ob ein MotoGP-Einstieg einen Nutzen für die Marke bringen könnte.

Die Finanzierung müsste zum überwiegenden Teil BMW Motorrad stemmen. Wenn Motorrad-Geschäftsführer Dr. Markus Schramm schlüssige Argumente für den MotoGP-Einstieg vorbringt, könnte der Vorstand diesen Plan absegnen, ist zu hören.

Aber Dr. Schramm müsste bei einem Misslingen des MotoGP-Projekts die Verantwortung übernehmen. «Er würde dann allein auf der Lichtung stehen», sagt ein BMW-Kenner.

Dass die BMW AG und die BMW M GmbH bei der Finanzierung des MotoGP-Projekts behilflich sein würden, ist durchaus vorstellbar.

Das hat mehrere Gründe. Die BMW M GmbH feiert 2022 ihr 50-Jahr-Jubiläum. Und sie beliefert die Dorna seit 1999 mit den Official Cars, sie verwöhnt den Sieger des «BMW MotoGP Best Qualifier Award» seit Jahren mit einem kostbaren Sportwagen, in den letzten zwei Jahren gewann ihn jeweils Fabio Quartararo.

Dazu werden seit vielen Jahren jeweils Hunderte von BMW-Autos mit Rabatten an Teammitglieder und andere Inhaber von permanenten GP-Ausweisen verkauft. Ein lukratives Geschäftsmodell für die BMW AG.

Doch BMW Motorrad hat im Geschäftsjahr 2021 den Rekordabsatz von 194.261 Einheiten (+14,8 %) erzielt. Es war somit das beste Jahr seit Bestehen von BMW Motorrad. 2020 wurden 169.272 BMW-Motorräder verkauft. Die Verkaufszahlen steigen also auch ohne MotoGP-Beteiligung.

KTM hat nach dem Beschluss zum MotoGP-Einstieg vom 31. Juli 2014 bis zum ersten Roll-out der RC16 bis Oktober 2015 gebraucht. BMW könnte also bestenfalls 2025 in die Königsklasse kommen, in der die Verbrenner zumindest bis inklusive 2035 fahren sollen, ab 2027 mit 100 Prozent synthetischem Treibstoff. Bereits 2026 werden 40 Prozent Biosprit beigemischt.

«Dr. Schramm berichtet an den Vorstand, und der Standpunkt von BMW Motorrad zum Thema MotoGP ist gänzlich unverändert», erklärte Marc Bongers, BMW Motorsport Direktor, im Vier-Augen-Gespräch mit SPEEDWEEK.com. «MotoGP macht man für die Sichtbarkeit der Marke. Wir sind Marktführer mit BMW Motorrad im Segment über 500 cm. Wir haben die Marke und wir haben BMW Motorrad und M als Untermarke.»

Der Niederländer weiter: «MotoGP hat keinen Bezug zum Serienprodukt. Mit der GS machen wir die GS Trophy – Follow the Trails. Im Segment Supersport haben wir in der Startaufstellung einen hohen Anteil in nationalen Serien und bei Hobby-Racing. Dieses Engagement unterstützen wir mit EWC, SBK und den Klassen, die darunterfallen, mit einem seriennahen Produkt.»

«Die Verkaufszahlen sind öffentlich, die Gewinnzahlen von BMW und BMW Motorrad auch», hält Bongers fest. «Wenn man das im Verhältnis sieht zu dem, was MotoGP kostet, um eine Marke zu etablieren, macht das keinen Sinn.»

«Natürlich haben wir Anhaltspunkte oder Richtlinien, aber die Kosten für MotoGP sind schwer einzuschätzen. Unter 40 bis 50 Millionen Euro im Jahr machst du nichts. Es reicht auch nicht, wenn einer sagt: 'Hier hast du 50 Millionen pro Jahr.' Da muss ja auch etwas dahinterstehen. Das geht es um Prototypen, da steckt sehr viel dahinter, dafür brauchst du 100 Leute. Das steht nicht im Verhältnis. Es gibt sehr viele Rechenmodelle für die Kosten in der Superbike-WM, was man mit hineinrechnet und was nicht. Ein MotoGP-Engagement kostet fünf- bis zehnmal mehr. Das ist jetzt brutal grob, aber in dieser Größenordnung spielt sich das ab», ist der BMW-Motorsport-Direktor überzeugt.

«Suzuki hat sich die Frage gestellt, ob sie das für Suzuki Motorrad machen oder allgemein für Suzuki. KTM macht das anders, die machen Ready to Race», ergänzte Bongers. «Das steht auf deren 300er, auf der 125er, da steckt eine andere Firmenstrategie dahinter. Wenn du dich für so ein Programm entscheidest, brauchst du einen sehr langen Atem. Für mich persönlich ist KTM ein Paradebeispiel, wie man es richtig macht. Mit massivem Aufwand sind sie seit sechs Jahren fix dabei. Sie haben immer wieder Highlights, ganz dort sind sie aber noch nicht. Du brauchst die Zeit, wenn du als Neuling da reinkommst. Die MotoGP ist eine ganz andere Nummer.»


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