KTM: Im Werk gingen die Lichter aus

Lukas Tulovic: «Ich will ein paar Highlights setzen»

Von Günther Wiesinger
Mit dem 18-jährigen Lukas Tulovic kommt nach sechs Jahren endlich wieder ein deutsches Talent in den GP-Sport. Was rechnet sich der Moto2-KTM-Pilot mit Kiefer Racing aus?

Der Deutsche Lukas Tulovic durfte im Mai 2018 in Jerez und Le Mans die ersten beiden WM-Läufe in der Moto2-Klasse bestreiten, er ersetzte bei Kiefer Racing auf der KTM den Schweizer Domi Aegerter, der nach einem Beckenbruch ausfiel. Am Tag vor der Abreise nach Spanien lieferte der damals erst 17-jährige Lukas Tulovic die schriftliche Mathematik-Abiturarbeit ab, dann flog er am Abend nach Malaga. «Meine Mutter begleitete mich, ich war ja noch nicht 18 und durfte deshalb nicht ohne Begleitung Autofahren», schilderte der Aegerter-Ersatzmann aus dem Kiefer-Team damals.

Tulovic hat schon vor drei Jahren seine gesamten Rennaktivitäten zielstrebig nach Spanien verlagert. In der FIM CEV-Repsol-Moto2-Europameisterschaft stand er 2017 in Estoril schon auf der Pole-Position, 2018 erreichte er dort vor dem Jerez-GP seinen ersten Podestplatz in der Europameisterschaft. Er fuhr in der EM eine Mistral-610 von Tech3 im spanischen WIMU-CNS-Team. Tulovic gelang auch in Catalunya ein dritter Rang, die Meisterschaft beendete er als Achter. Dazu bestritt der ehrgeizige Tulovic noch die spanische 600-Stock-Championship, er beendete sie als Gesamtvierter.

Das CEV-Repsol-Finale in Valencia konnte Lukas nicht bestreiten, weil er bei Kiefer Racing von 23. bis 25. November bereits die neue KTM mit dem Triumph-Motor testete. So beendete er die EM auf dem achten Gesamtrang.

Lukas Tulovic ist bereits mit 14 Jahren nach Spanien gegangen, weil er in der IDM kein geeignetes Sprungbrett für die WM sah.

Tulovic, dessen Vater aus Serbien kommt, steuerte mit fünf Jahren das erste Mal ein Pocket-Bike, mit sechs Jahren fuhr er sein erstes Rennen, 2010 wurde er Deutscher Meister. Bis 2014 bestritt er in Deutschland Nachwuchsserien, danach ging es ganz früh Richtung CEV-Repsol-Moto2-EM in Spanien. Die vergangene Saison ist für ihn turbulent verlaufen. «2018 habe ich viel erlebt», blickt Lukas zurück. «Zuerst mein erstes Podium in der EM und danach drei WM-Einsätze.»

2014 betrachtete Tulovic die Weltmeisterschaft noch als entfernten Traum. Jetzt hat er ein wichtiges Etappenziel erreicht und dank der tatkräftigen Mithilfe seines Beraters Peter Bales bei Kiefer Racing einen Vertrag als Moto2-Stammfahrer unterzeichnet. Der 185 cm große und 67 kg schwere Eberbacher tritt neben Marcel Schrötter und Philipp Öttl als dritter Deutscher in der Moto2-WM an. Im Interview mit SPEEDWEEK.com sprach der KTM-Pilot über Vergangenheit und Zukunft.

Lukas, als zu im Mai zum ersten Mal in der WM gefahren bist, hast du gesagt: Ich will hier bei meinem GP-Debüt möglichst viel lernen. Was hast du bei den drei Grand Prix 2018 gelernt?

Einiges. Beim Fahren ist es vom Prinzip her kein komplett neues Konzept. Aber das fahrerische Niveau war in der WM noch einmal ein ganz anderes, als ich es aus der Moto2-EM gekannt habe. In der EM sind fünf Fahrer, die auf einem wirklich gutem Niveau sind, in der WM sind alle auf einem hohen Level.

Und die Fahrweise ist in der WM noch einmal eine andere. Wenn es darum geht, die letzte Sekunde zu finden, ist man in der Weltmeisterschaft richtig aufgehoben. Das kann man dort lernen.

Wo liegen weitere Unterschiede zwischen EM und WM? Was kann man sich im GP-Sport als Fahrer noch von den Stars abschauen?

Man sagt immer, man darf keine Runde vergeuden. Klar. Aber man kann bei einem Test oder an einem Rennwochenende nicht jede Runde voll pushen. Man macht mal auch eine Runde locker und guckt sich um, ob man sich irgendwo dran hängen kann. Gerade das bringt in der WM auch einiges, wenn man im Training einen schnellen Fahrer wie Alex Márquez, Lowes oder Schrötter vor sich hat.

Wenn man ein paar Kurven dahinter bleiben kann, sieht man, welche Linie fährt er, wie bremst er in die Kurven rein, wie fährt er am Scheitelpunkt? Man kann mal da und mal dort was gucken und lernen. So kann man sich Stück für Stück an die Topzeiten ranknabbern.

Du warst beim Jerez-GP auf Platz 20, in Valencia mit der Suter des Forward-Teams ebenfalls, dann neuerlich beim November-Test in Jerez. Ist das die Position, die man 2019 von dir erwarten darf? Oder welches Ziel setzt du dir? Teamchef Kiefer erwartet nicht zu viel, rechnet aber mit einzelnen Highlights.

Ja, das ist auch mein Ziel.

Ich will mir am Anfang keinen Druck machen. Die erste WM-Phase wird sehr, sehr schwierig, weil ich die Strecken in Doha, Las Termas und Austin nicht kenne. In Katar haben wir aber vor dem Grand Prix einen IRTA-Test. Im Herbst muss ich auch Buriram, Motegi, Phillip Island und Sepang kennenlernen.

In Europa kenne ich die meisten GP-Strecken. Nur in Mugello, Silverstone und Misano war ich noch nie. Es sind also zehn von 19 GP-Strecken Neuland für mich.

Dass ich in Europa viele Strecken kenne, wird einiges erleichtern.

Ein paar Highlights zu setzen, das wird schon drin sein, denke ich.

Ich werde trotzdem zumindest am Anfang froh sein, wenn ich die Rennstrecke nicht als Letzter verlasse. Ich gehe ohne Druck an die Sache ran. Jeder Platz vor dem letzten wird bei den ersten Übersee-Rennen ein Erfolg sein. Wir werden uns Stück für Stück heranarbeiten.

Wenn dann die ersten Rennen vorbei sind, kann man sich konkrete Ziele setzen.

Hast du irgendeinen Fahrer im Auge, den du dir als Messlatte nimmst? Einen anderen Rookie wie Philipp Öttl zum Beispiel, der auch eine KTM fährt?

Ich habe bis jetzt noch niemanden als Ziel in Auge gefasst. Wir werden das bei den ersten Rennen sehen.

Bis jetzt habe ich hauptsächlich auf mich geschaut. Dazu habe ich mich dafür interessiert, was die Top-5 machen, um von ihnen zu lernen.

Du bist 2018 in der Moto2-EM mit einer Mistral-Tech3-Maschine gefahren, dann zweimal die KTM in der WM für Kiefer, in Valencia die Suter bei Forward. Welches Fabrikat gefiel dir am besten?

2017, im Jahr davor, bin ich auch noch Kalex gefahren, im Forward-Team beim Montag-Test nach dem Österreich-GP. Am Anfang war ich in Spanien auf einer ganz alten FTR unterwegs; dann kamen Kalex-Modelle von 2014 und 2016 dazu. Nachher bin ich bei WIMU-CNS auf einer 2014er-Tech3 gesessen, nachher im Vorjahr auf einer 2017er-Tech3.

Bei den WM-Rennen in Jerez und Le Mans hatte ich eine 2018er-KTM. Im November kam noch die neue 2019er-KTM mit dem Dreizylinder-Motor dazu.

Die Kalex hat mir 2017 richtig gut gefallen. Sie hat immer tadellos funktioniert, mein Gefühl zum Vorderrad war gut, ich war auf der Bremse unheimlich stark.

Es wäre interessant, jetzt noch einmal einen direkten Vergleich zu haben.

Aber beim November-Test in Jerez war ich zuletzt mit der neuen KTM schon sehr, sehr zufrieden. Ich habe mich damit unheimlich wohl gefühlt.

Ich war am 11. Januar bei KTM in Österreich. Wenn jetzt noch zwei, drei Verbesserungen kommen, wird dieses Motorrad richtig gut. Ich habe ein richtig gutes Gefühl. Die KTM macht richtig Spaß.

Und es ist angenehm, wenn man weiß, man hat ein großes Werk hinter sich hat, das viel Arbeit investiert.

Kombinierte Jerez-Zeiten vom 23., 24. und 25. November

1. Marini, Kalex, 1:41,524 min
2. Lowes, Kalex, + 0,268 sec
3. Alex Márquez, Kalex, + 0,377
4. Gardner, Kalex, + 0,467
5. Baldassarri, Kalex, + 0,511
6. Navarro, Speed-up, + 0,672
7. Schrötter, Kalex, + 0,717
8. Fernandez, Kalex, + 0,740
9. Nagashima, Kalex, + 0,758
10. Vierge, Kalex, + 0,781
11. Bulega, Kalex, + 0,787
12. Lüthi, Kalex, + 0,873
13. Binder, KTM, + 0,941
14. Manzi, MV Agusta, + 1,219
15. Corsi, Kalex, + 1,258
16. Di Giannantonio, Speed-up, + 1,288
17. Bastianini, Kalex, + 1,351
18. Odendaal, NTS, + 1,356
19. Locatelli, Kalex, + 1,364
20. Tulovic, KTM, + 1,392
21. Pawi, Kalex, + 1,488
22. Aegerter, MV Agusta, + 1,599
23. Martin, KTM, + 1,837
24. Pratama, Kalex, + 1,981
25. Bezzecchi, KTM, + 2,128
26. Lecuona, KTM, + 2,129
27. Chantra, Kalex, + 2,376
28. Dixon, KTM, + 2,624
29. Öttl, KTM, + 2,683
30. Bendsneyder, NTS, + 3,040
31. Cardelús, KTM, + 3,279

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