KTM: Im Werk gingen die Lichter aus

Hervé Poncharal: «Warum ein Talent ohne Erfahrung?»

Von Günther Wiesinger
Hervé Poncharal

Hervé Poncharal

Tech3-Yamaha-Teambesitzer Hervé Poncharal hat seine Meinung gründlich geändert. Deshalb will er momentan keinen Moto2-Spitzenfahrer verpflichten.

Eigentlich sollte das Tech3-Yamaha-Team von Hervé Poncharal das Junior-Team für Yamaha darstellen und junge Fahrer für das Werksteam ausbilden.

Mit der Verpflichtung des Mittdreissigers Colin Edwards kam Tech3 einmal gehörig von diesem Weg ab. Aber Yamaha wollte den Texaner damals nach der Entlassung aus dem Yamaha-Werksteam unbedingt weiter beschäftigen.

Mit Fahrern wie James Toseland klappte die Talentförderung nicht, jetzt mit Pol Espargaró (WM-Neunter) und Bradley Smith (WM-Sechster) funktioniert sie wesentlich besser.

Zwischendurch zeigte sich Poncharal vor einem Jahr vom Jugendwahn befallen, er wollte nach dem HRC-Muster (sie holten den 19-jährigen Jack Miller aus der Moto3 zu LCR-Honda) einen Teenager engagieren.

Doch Fahrer wie Alex Márquez, Jonas Folger, Alex Rins und Co. waren nicht verfügbar, Domi Aegerter erschien Poncharal mit 23 Jahren schon zu alt. Schliesslich machte er ein drittes Jahr mit Smith weiter, was sich bezahlt machte. Espargaró hatte ohnedies einen Zwei-Jahres-Vertrag bei Yamaha bis Ende 2015.

Inzwischen ist das Alter der Fahrer für Hervé Poncharal etwas nebensächlicher geworden. Er könnte sich sogar die Verpflichtung von Moto2-WM-Favorit Johann Zarco vorstellen, der 25 Jahre alt ist.

«Aber die wahrscheinlichste Teampaarung für die MotoGP-Saison 2016 birgt wenig Überraschungen. Am liebsten würde ich mit Pol und Bradley weitermachen», versichert der Franzose im Gespräch mit SPEEDWEEK.com. «Nur Idioten ändern ihre Meinung nicht. Ich habe ja auch zu Beginn der Saison 2015 anklingen lassen, dass ich nicht dafür bin, für 2016 dieselben Fahrer zu behalten. Ich dachte, wir sind verpflichtet, für Abwechslung zu sorgen und frisches Blut in die Meisterschaft zu bringen. Wenn schon alle Factory-Teams mit den gleichen Fahrern weitermachen, müssten wenigstens wir für Abwechslung sorgen. Sonst wird es für die Fans und Medien ein bisschen langweilig. Aber am Ende des Tages zählen die Resultate.»

«Du hast momentan drei wirklich starke Moto2-Fahrer. Johann Zarco, Rabat und Lowes. Sie sind ungefähr gleich alt, 24, 25 oder 26. Tito und Johann sind sogar älter als Bradley und Pol», rechnet Poncharal vor. «Wir sehen, wie schwierig es Jack Miller hat, der aus der Moto3-Klasse kommt. Marc Márquez ist ein anderes Thema. Aber die anderen Fahrer brauchen in der MotoGP etwas Zeit zum Lernen. Ein herkömmlicher Moto2-Weltmeister kann in der MotoGP den Titel nicht im ersten Jahr gewinnen. Nur Márquez ist das gelungen. Soll ich also für die nächste Saison einen Moto2-Fahrer nehmen, der so alt ist wie mein aktueller Fahrer Bradley Smith, der aber keine MotoGP-Erfahrung hat? Also möchten wir noch ein Jahr in unveränderter Fahrerformation weitermachen.»

Poncharal hält fest, dass es 2016 zu einigen technischen Veränderungen kommen wird. «Es gibt dann die Einheits-ECU für alle, es gibt einen neuen Reifenhersteller. Die Verträge der meisten Piloten enden erst Ende 2016. Es macht also Sinn, wenn wir uns personell erst für 2017 neu aufstellen», gibt Poncharal zu bedenken. «Dann sind die Türen für die Fahrer in den Werksteams bei Honda offen, bei Yamaha, bei Ducati, bei Suzuki und Aprilia. KTM kommt neu dazu. Das Weitermachen mit Pol und Bradley ist also keine schlechte Idee. Wir bringen das Kapitel mit meinen zwei Fahrern 2016 zu Ende, wir geben ihnen die Möglichkeit, noch einmal ihre Fähigkeiten zu zeigen. Vielleicht kann sich Bradley noch einmal ein bisschen steigern. Und vielleicht macht es bei Pol im dritten MotoGP-Jahr richtig 'click', worauf alle hoffen. Am Saisonende 2016 können wir neue Talente verpflichten.»

Trotzdem hat sich Poncharal ein bisschen umgesehen. Der 19-jährige Rins hätte ein Kandidat werden können. «Aber er hat einen Vertrag bei Pons für die Moto2-WM 2016», weiss Poncharal.

Aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Mit Helmsponsor Monster hat Rins schon mal gute Voraussetzungen für einen künftigen Deal.

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