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Jochen Kiefer: Misano-Misere weiter rätselhaft
Auch mehr als sechs Monate nach der Disqualifikation von Domi Aegerter nach dem Sieg in Misano tappt Teamchef Jochen Kiefer noch im Dunkeln. Wie kam es zur Manipulation des Motoröls?
Moto2
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Alle MotoGP-Fans fieberten der Saison 2025 entgegen. Ein sensationeller Dreikampf mit Marc Marquez, Pecco Bagnaia und Jorge Martin war vorprogrammiert. Doch für zwei Piloten lief das Jahr komplett aus dem Ruder.
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Als Dominique Aegerter beim Misano-GP am 10. September 2017 als Sieger vor Tom Lüthi über den Zielstrich fuhr, wurde ein neues Kapitel in der GP-Geschichte aufgeschlagen.
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Erstmals seit Beginn der "FIM Road Racing Grand Prix World Championship" 1949 gelang den Eidgenossen in einer Soloklasse ein Doppelsieg. Aber am Sonntag nach dem Motegi-GP am 15. Oktober brach für Kiefer Racing und Aegerter eine Welt zusammen: Nachdem auch die B-Probe des Motoröls Ungereimtheiten zutage gefördert hatte, die nach dem dritten Platz im Misano-Qualifying genommen wurde, disqualifizierte die Race-Direction Aegerter vom San-Marino-GP. Es wurde von unerlaubten Ölzusätzen (Additiven) gesprochen.
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Danny Aldridge, Technical Director im MotoGP-Sport, gab keine Einzelheiten preis. Aber als die Konkurrenzteams nachfragten, bekamen sie zu hören: Es sei das Additiv Ester im Motoröl der Aegerter-Suter MMX2 gefunden worden.
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Im Januar 2018 erklärte der deutsche Tribologe Dietmar "Lemmy" Stürzenberger im Exklusiv-Interview mit SPEDWEEK.com: "Ester ist kein Additiv, sondern ein Öl. Es hat einen anderen Herstellungsprozess. Motoröle sind heute normalerweise PAO, also Polyalphaolefin. Motul hat zum Beispiel ein Motorradöl und wirbt mit einem Doppel-Ester. Wir Fachleute sprechen hier einfach von einem Dimethylester."
Das beanstandete Ester könne sich auch innen von der Liqui-Moly-Kunststoffflasche abgelöst haben, wurde im Oktober vermutet. "Aber nicht in der vorgefundenen Menge", räumten Experten und Danny Aldridge ein. Teamtechniker Jochen Kiefer grübelte damals, ob er vielleicht aus Versehen eine Liqui-Moly-Ölflasche aus dem Jahr 2015 verwendet habe.
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Ein gegnerischer Crew-Chief hielt diese Vermutung für unglaubwürdig. "Wir bekommen bei jedem Grand Prix pro Moto2-Fahrer vier Liter Liqui-Moly Einheitsöl in die Box geliefert. Wir brauchen pro Wochenende 3 bis 3,2 Liter, den Rest lassen wir in der Box zurück. Niemand schleppt Jahre altes Einheitsöl zu den Rennen mit." Im Nachhinein stellt sich die Frage, ob Kiefer Racing und Aegerter nach dem Auffliegen der A-Probe in Aragón genug unternommen haben, um ihre Unschuld zu beweisen. Zumal Peter Baumann von Liqui Moly jedem versichert, der es hören will: "Es gibt keinen Zusatzstoff, der unser Öl noch leistungsfähiger machen würde." Bei der ganzen Affäre bleibt bis heute ein übler Beigeschmack zurück. Denn die Probe wurde nach Platz 3 im Qualifying entnommen. Im Rennen regnete es. "Wir wissen, dass irgendwelche Additive im besten Fall 1 bis 1,5 PS bringen", sagte Motorradhersteller Eskil Suter. "Aber in einem Regenrennen wie in Misano brauchst du keine Maximalleistung…"
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"Die Argumente von Kiefer waren natürlich sehr amateurhaft. Aber genau das ist der Punkt. Ich nehme einfach die falsche Ölflasche, da ich keine Ahnung von den Folgen habe – und schwups ist es passiert", räumt Experte Stürzenberger ein. Jochen Kiefer trauert dem entgangenen Misano-Sieg bis heute nach. Aus verständlichen Gründen. Jochen, wie schätzt du die Situation und den Vorwurf der Öl-Manipulation nach sechs Monaten ein? Ich weiß immer noch nicht, woran es gelegen hat.
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Du hast damals vermutet, es könnte versehentlich ein Liqui-Moly-Öl von 2015 in den Motor geschüttet worden sein. Ja, richtig. Es stimmt ja nicht, dass wir das Öl immer zu den Rennen geliefert kriegen. Das Öl für die Europa-Rennen 2018 habe ich in der zweiten Januar-Hälfte in meine Werkstatt geliefert bekommen. Dieses Öl muss ich das ganze Jahr in Europa benutzen. Bis zum Misano-GP 2017 war es so, dass ich das Öl einfach in mein Öl-Lager reingestellt habe. Ich habe dann für die Grand Prix unbewusst neue und alte Ölkannen rausgenommen und zu den Rennen verfrachtet. Ich habe einfach die Kartons nacheinander leer gemacht.
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Das wird mir in diesem Jahr natürlich nicht mehr passieren. Ich werde nur noch nach dem 2018er-Öl greifen. Das alte Öl habe ich in einen getrennten Raum gestellt. Aber 2017 konnte so etwas passieren. Meiner Meinung nach müsste man die Regelung so machen, dass das Öl gar nicht vorher an die Teams ausgeliefert wird, sondern zu jeder Rennveranstaltung mitgebracht wird. Auch in Europa. Und dieses Öl muss man dann auch nehmen. Wird es nicht in die Box geliefert?
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Das ist nur bei den Übersee-Rennen der Fall. Wie gesagt: Ich habe im Januar eine Palette Öl von Liqui Moly geschickt bekommen, das ich für den Europa-GP 2018 verwenden muss. Aber ich habe kein Info, ob und was in der Spedition Dachser mit diesem Öl passiert. Ich vertraue darauf, dass nichts passiert ist. Aber bei diesem System bleibt ein minimales Risiko, dass mit dem Öl etwas passiert. Manchmal sind die Kisten nach dem Transport aufgerissen. Ich hätte an deiner Stelle als Teambesitzer nicht akzeptiert, dass mein Fahrer für das Rennen disqualifiziert wird, obwohl die Ölprobe vom Qualifying stammt. Theoretisch hätte ja im Rennen frisches, legales und einwandfreies Öl drinnen sein können. Hm. Im Regelbuch steht halt: Wenn eine illegale Probe gefunden wird, wird man vom gesamten Event ausgeschlossen.
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Ob so eine Vorschrift vor einem Zivilgericht standhält, hätte ich als Betroffener gerne klären lassen. Im Sport wird oft ein seltsame, eigenartige Rechtsprechung gehandhabt. Es ist fragwürdig, wenn die gleichen Menschen die Gesetze machen, ihre Einhaltung überprüfen – und dann die Strafen verhängen. Ja, das hätte man vielleicht von unserer Seite damals anders regeln können. Aber als uns die Ergebnisse der A-Probe in Aragón vorgesetzt wurden, waren wir so überfordert… Wir haben nur auf die B-Probe gehofft, dass es dann vielleicht funktioniert. Aber die wurde dann beim Japan-GP auch beanstandet. Wir haben nach dem Aragón-GP die Hoffnung gehabt, dass sich die erste Analyse als Irrtum herausgestellt. Wir haben uns nur gefragt: Wie kann das passieren? Wie kann das passieren? Wir haben dann gemerkt, dass wir für die Montage der Kupplung einen Spray benutzen. Wir haben den technischen Funktionären diesen Spray gegeben, um ihn untersuchen zu lassen. Da dachten wir, dieser Spray habe die Probleme verursacht, dass er womöglich der Auslöser war.
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So ein Problem kann trotzdem in Zukunft auch anderen Teams widerfahren? Ja, das habe ich IRTA-Präsident Poncharal damals gesagt. Ich habe ihm gesagt: Das kann jedem von uns passieren. Es ist ja bis heute nicht bewiesen, welcher Fehler und wie er passiert ist. Wir haben das Öl auch bei Sponsor Motorex prüfen lassen. Dort wurde im Labor festgestellt, dass es sich um Oxydantien handelte, die sich überlagerten. Das sieht dann in den Spektogrammen genau so aus wie Ester. Es besteht jetzt die große Gefahr für jedes Team, dass so etwas wieder passiert. Italtrans und Pasini sind ja in Barcelona nach Platz 2 auch disqualifiziert worden.
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