Nach über zwei Jahrzehnten endete vor knapp einem Jahr die KTM-Ära des Stefan Pierer. Der Sanierer und Konzernchef zog die Konsequenzen aus der schwersten Unternehmenskrise seit 1992 und übergab den Posten des CEO am 23. Januar 2025 an Gottfried Neumeister. Der Landsmann hatte sich in der österreichischen Geschäftswelt einen glänzenden Namen gemacht, doch in der spezifischen Motorradbranche hatte Neumeister keine Erfahrungen. Knapp ein Jahr, nachdem sich KTM der harten wirtschaftlichen Realität stellen musste, hat sich die Situation um Österreichs Zweirad-Aushängeschild wieder beruhigt. Die ersten Maßnahmen zur neuen Skalierung zeigen Wirkung und mit Rückendeckung des neuen Mehrheitseigentümers (Bajaj) konnten die Innviertler nach und nach zum Geschäftsalltag zurückkehren. Dass Neumeister hier die Erwartungen erfüllt, bestätigten die Inhaber und verlängerten den Vertrag erst kürzlich bis Ende 2028. Während der anhaltenden Restrukturierung des Unternehmens war, wenig überraschend, auch der Motorsport ein viel diskutiertes Thema. Wie eng muss KTM den Rennsportgürtel ziehen, um wirtschaftliche Stabilität zu halten – kann sich KTM auch nach 2026 ein Engagement in der MotoGP leisten? Antworten ließen nicht lange auf sich warten. Mit der frühen Präsentation des neuen KTM-850er-Triebwerks Anfang Oktober und der ersten Streckenpremiere der 2027er-RC16 nur drei Wochen nach dem MotoGP-Finale holte sich KTM Racing erst einmal die Pole-Position mit Blick auf das MotoGP-Engagement ab 2027. Auch wenn die neuen Fünfjahresverträge mit Dorna Sports noch nicht auf dem Tisch liegen, gibt es keine Zweifel mehr an den Absichten der Oberösterreicher. Gottfried Neumeister, der die MotoGP erstmals live beim Brünn-GP im vergangenen Juli erlebte, erneuerte im exklusiven Gespräch mit SPEEDWEEK.com das großflächige Bekenntnis zum Rennsport: «Ich glaube grundsätzlich: Für das Unternehmen KTM sind Rennsportaktivitäten sowohl auf der Straße als auch Offroad ein Muss. Persönlich sehe ich das auch für die MotoGP. Auch in Bezug auf die Präsenz am Markt gibt es keine bessere Plattform. Der pausenlose Wettbewerb mit den Besten der Welt und der ständige Transfer von Know-how auch in Richtung Serienentwicklung machen ein Engagement in der MotoGP unumgänglich.» Neumeister unterstreicht: «Für mich ist der Motorsport für die Marke KTM wichtiger als für wahrscheinlich jeden anderen Hersteller der Welt. Ja – es gibt eine Marke aus Italien, für die Ähnliches gilt, aber wir sind doch noch einmal breiter aufgestellt. Für uns ist es das gewachsene Kundenversprechen und das gilt es an jedem Wochenende zu erneuern. Wichtig ist auch, dass diese Kunden auf der ganzen Welt sehen, dass wir nicht nur mitfahren, sondern dass wir mit vollster Überzeugung um jedes Zehntel mit den Besten kämpfen.» Der Vorstandsvorsitzende der zukünftigen Bajaj Mobility AG hat sich auch ein Bild der Offroad-Aktivitäten gemacht: «Der Offroad-Rennsport ist ein entscheidender Teil der KTM-DNA. Etliche Disziplinen hätten sich ohne KTM erst gar nicht entwickelt. Dennoch ist die Offroad-Welt wesentlich fragmentierter. Ich denke, es ist nicht möglich, hier auf eine alles entscheidende Kategorie zu reduzieren. Ob die Welt der MX-GP, ein Kosmos wie die Dakar-Rallye oder Phänomene wie ein Erzberg-Rodeo, das nichts mehr mit einem klassischen Enduro zu tun hat: All das hat für KTM enormen Stellenwert. Und wenn eine KTM in einem vollbesetzten Supercross-Stadion gewinnt und ein Stück Österreich in den USA Geschichte schreibt, dann ist das mehr als nur eine Freude.» Der CEO fasst zusammen: «Während die MotoGP mit ihren weiteren Klassen bis zum Rookies-Cup einen einzigartigen Stellenwert für die Straße hat, sind es im Offroad-Bereich eben mehrere Bereiche, die nicht wegzudenken sind. Sie alle haben eines gemeinsam – sie stehen für eine Gruppe begeisterter Motorradfahrer, die sich mit dem Rennsport identifizieren. So wie wir auch – wir bauen nun mal keine Commuter-Bikes, um nur von A nach B zu kommen. Wenn ich über KTM und den Motorsport nachdenke, dann ist das einfach untrennbar!»