History Barcelona-GP: Hühnerzucht statt Rennwagen

Von Mathias Brunner
Red Bull besuchte 2012 das zerfallende Oval von Sitges

Red Bull besuchte 2012 das zerfallende Oval von Sitges

​Zum 30. Mal in Folge findet auf dem Circuit de Barcelona-Catalunya ein Formel-1-WM-Lauf statt. Die Anfänge des Autosports in Spanien reichen aber auf das Jahr 1913 zurück! Geschichten zum Traditions-GP.

Bereits zum 30. Mal gastiert der GP-Zirkus im Rahmen der Formel-1-WM auf dem Circuit de Barcelona-Catalunya ausserhalb von Barcelona. Seit 1991 findet der Spanien-GP ununterbrochen auf der katalanischen Rennstrecke statt, welcher vor einigen Jahren das Wort Barcelona beigefügt wurde, um den Tourismus anzukurbeln. 2019 strömten noch mehr als zehn Millionen Besucher nach Barcelona, ein Jahr später leidet die Tourismusbranche dramatisch unter den Auswirkungen der Coronakrise.

Die 30. Ausgabe bedeutet: Von dem 2020 von der Formel 1 besuchten Rennstrecken wurde nur in Monza, Silverstone, Spa-Francorchamps, auf dem Nürburgring und auf dem Hungaroring öfter gefahren als in Katalonien.

Die Anfänge des Spanien-GP gehen auf 1913 zurück, aber was damals «Grosser Preis» genannt wurde und in Guadarrama bei Madrid ausgetragen wurde, war eine Mogelpackung – ein Rennen unter Tourenwagen-Regeln. Es siegte Rolls-Roye-Fahrer Carlos de Salamanca. Zuvor gab es den Katalonien-Cup von 1908 und 1909 in Sitges bei Barcelona. Ein richtiger Spanien-GP war auch das nicht, obschon ein echter Grand-Prix-Haudegen gewann – der Franzose Jules Goux, der 1913 das Indy 500 gewinnen sollte (als erster Nicht-Amerikaner).

Die erste permanente Rennstrecke von Spanien war das «Autódromo Nacional de Terramar» in Sitges – ein Oval! Das Layout mit bis zu 60 Grad überhöhten Steilkurven ging auf Jaume Mestres zurück. Die Bauarbeiten dauerten 300 Tage, die Piste kostete damals 4 Millionen Peseten (heute rund 400.000 Euro).

Das erste Rennen fand am 28. Oktober 1923 statt – ausgetragen für Zweiliter-GP-Renner. Erster im Ziel war Albert Divo auf Sunbeam vor dem Grafen Louis Zborowski auf Miller sowie Alfonso Carreras mit einem Elizalde. Nur fünf Fahrer sahen beom 200-Runden-Rennen (= 400 km) die Zielflagge, zwei schieden aus. Damit ist auch klar: Es gingen magere sieben Piloten ins Rennen.

Der richtige Rummel begann erst nach dem Rennen: Wegen unbezahlter Rechnungen waren die GP-Veranstalter nicht in der Lage, den Piloten ihr Preisgeld auszuzahlen. Der spanische Verband kannte da kein Pardon und belegte das Oval mit einem Austragungsverbot für internationale Rennen. Bis 1925 fanden Rennen statt, mit mässigem Erfolg. Das letzte Autorennen in diesem Oval fand in den 50er Jahren statt.

Am Zweikilometer-Oval südwestlich von Barcelona nagt der Zahn der Zeit, aber aufgrund der hervorragenden Bausubstanz hält sich das Oval wacker. Die meisten Gäste heute sind – Hühner. Der grösste Teil des Geländes wird von einer Hühnerzucht belegt. 2012 besuchten Rallye-Legende Carlos Sainz und der langjährige DTM-Pilot Miguel Molina das Oval und peitschen einen Audi durch die Steilwände.

Zurück in die neuere GP-Geschichte: Max Verstappen machte sich 2016 mit seinem Debütsieg in Diensten von Red Bull Racing zum jüngsten Grand-Prix-Sieger – mit 18 Jahren und 228 Tagen. Die alte Bestmarke hielt Sebastian Vettel mit seinem Triumph in Monza 2008 (21 Jahre und 74 Tage).

Für vier GP-Piloten war Spanien der erste Formel-1-Sieg ihrer Karriere: Niki Lauda 1974, Jochen Mass 1975, Pastor Madonado 2012 sowie besagter Max 2016.

Für Williams ist Spanien kein Grand Prix wie jeder andere. «Williams Grand Prix Engineering» brachte beim Spanien-GP 1977 einen March an den Start, der Belgier Patrick Nève (am 12. März 2017 verstorben) wurde Zwölfter, die Geburtsstunde des heute drittältesten und dritterfolgreichsten Rennstalls (nach Ferrari und McLaren). In Barcelona konnte Williams auch vorderhand zum letzten Mal gewinnen (mit obigem Maldonado).

Bis heute der erfolgreichste Fahrer im Spanien-GP: Rennlegende Michael Schumacher, mit sechs Siegen. Der Deutsche triumphierte 1995 mit Benetton und dann mit Ferrari 1996 sowie vier Mal in Folge von 2001 bis 2004! Von den aktuellen Piloten ist Lewis Hamilton der erfolgreichste, mit Siegen 2014, 2017, 2018 und 2019.

Grosser Preis von Spanien: Das Goldene Buch

1913 Guadarrama: Carlos de Salamanca (E), Rolls Royce
1923 Sitges: Albert Divo (F), Sunbeam
1926 Lasarte: Bartolomeo Costantini (I), Bugatti
1927 Lasarte: Robert Benoist (F), Bugatti
1928 Lasarte: Louis Chiron (MC), Bugatti
1929 Lasarte: Louis Chiron (MC), Bugatti
1933 Lasarte: Louis Chiron (MC), Alfa Romeo
1934 Lasarte: Luigi Fagioli (I), Mercedes-Benz
1935 Lasarte: Rudolf Caracciola (D), Mercedes-Benz
1951 Pedralbes: Juan Manuel Fangio (RA), Alfa Romeo
1954 Pedralbes: Mike Hawthorn (GB), Ferrari
1967 Jarama: Jim Clark (GB), Lotus
1968 Jarama: Graham Hill (GB), Lotus
1969 Montjuich: Jackie Stewart (GB), Matra
1970 Jarama: Jackie Stewart (GB), March
1971 Montjuich: Jackie Stewart (GB), Tyrrell
1972 Jarama: Emerson Fittipaldi (BR), Lotus
1973 Montjuich: Emerson Fittipaldi (BR), Lotus
1974 Jarama: Niki Lauda (A), Ferrari
1975 Montjuich: Jochen Mass (D), McLaren
1976 Jarama: James Hunt (GB), McLaren
1977 Jarama: Mario Andretti (USA), Lotus
1978 Jarama: Mario Andretti (USA), Lotus
1979 Jarama: Patrick Depailler (F), Ligier
1980 Jarama: Alan Jones (AUS), Williams
1981 Jarama: Gilles Villeneuve (CDN), Ferrari
1986 Jerez: Ayrton Senna (BR), Lotus
1987 Jerez: Nigel Mansell (GB), Williams
1988 Jerez: Alain Prost (F), McLaren
1989 Jerez: Ayrton Senna (BR), McLaren
1990 Jerez: Alain Prost (F), Ferrari
1991 Barcelona: Nigel Mansell (GB), Williams
1992 Barcelona: Nigel Mansell (GB), Williams
1993 Barcelona: Alain Prost (F), Williams
1994 Barcelona: Damon Hill (GB), Williams
1995 Barcelona: Michael Schumacher (D), Benetton
1996 Barcelona: Michael Schumacher (D), Ferrari
1997 Barcelona: Jacques Villeneuve (CDN), Williams
1998 Barcelona: Mika Häkkinen (FIN), McLaren
1999 Barcelona: Mika Häkkinen (FIN), McLaren
2000 Barcelona: Mika Häkkinen (FIN), McLaren
2001 Barcelona: Michael Schumacher (D), Ferrari 
2002 Barcelona: Michael Schumacher (D), Ferrari
2003 Barcelona: Michael Schumacher (D), Ferrari
2004 Barcelona: Michael Schumacher (D), Ferrari
2005 Barcelona: Kimi Räikkönen (FIN), McLaren
2006 Barcelona: Fernando Alonso (E), Renault
2007 Barcelona: Felipe Massa (BR), Ferrari
2008 Barcelona: Kimi Räikkönen (FIN), Ferrari
2009 Barcelona: Jenson Button (GB), BrawnGP
2010 Barcelona: Mark Webber (AUS), Red Bull Racing
2011 Barcelona: Sebastian Vettel (D), Red Bull Racing
2012 Barcelona: Pastor Maldonado (YV), Williams
2013 Barcelona: Fernando Alonso (E), Ferrari
2014 Barcelona: Lewis Hamilton (GB), Mercedes
2015 Barcelona: Nico Rosberg (D), Mercedes
2016 Barcelona: Max Verstappen (NL), Red Bull Racing
2017 Barcelona: Lewis Hamilton (GB), Mercedes
2018 Barcelona: Lewis Hamilton (GB), Mercedes
2019 Barcelona: Lewis Hamilton (GB), Mercedes

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