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Igora Circuit: Russland-GP für lange Zeit ein «No Go»

Von Günther Wiesinger
Der Igora Circuit bei St. Petersburg

Der Igora Circuit bei St. Petersburg

2021 war der Igora Circuit als MotoGP-Schauplatz im Gespräch. 2023 hätte dort die Formel 1 antreten sollen. Doch nach den jüngsten Geschehnissen kommt ein Grand Prix von Russland nicht mehr in Frage.

Innerhalb von drei Tagen nach dem Einmarsch der russischen Streitmacht in der Ukraine wurden bereits viele namhafte Sport-Events abgesagt. Der Russland-F1-GP in Sotschi, das Champions League-Finale in St. Petersburg (neu am 28. Mai in Paris), der Motocross-GP in Orlyonok an der Schwarzmeerküste, die Seitenwagencross-WM in der Ukraine und der Speedway-GP in Togliatti.

Die Superbike-WM hingegen gastiert längst nicht mehr auf dem Moscow Raceway. Und ein Motorrad-GP hat in Russland noch nie stattgefunden. Aber während der Coronakrise wäre der Igora Drive Circuit bei St. Petersburg beinahe in einen MotoGP-Schauplatz verwandelt worden.

Tatsächlich stand der Igora Drive Circuit bei St. Petersburg als Reserve-GP-Schauplatz 2021 auf dem provorischen MotoGP-Kalender. Die 4 km lange Piste sollte sogar verlängert werden. Die DTM wollte dort schon 2020 einen Event austragen, er fiel aber der Coronakrise zum Opfer.

Für 2021 überlegte MotoGP-Promoter Dorna, die 4,086 km lange und mit 15 Kurven gespickte Strecke, 54 km nördlich der Hafenstadt St. Petersburg gelegen, nicht nur für die MotoGP-WM, sondern auch für die Superbike-WM 2021 zu homologieren und als zweiten Ausweich-Standort neben Portimão einzuplanen, weil neuerlich die Absage vieler Übersee-Events befürchtet wurde.

Die russische Rennstrecke wurde vom deutschen Unternehmen «Tilke Engineers & Architects» geplant und errichtet. Ex-Sportwagen-Rennfahrer Hermann Tilke hat bereits 21 Formel-1-Rennstrecken und 90 weitere Rennpisten und Teststrecken geplant und designt.

Die Anlage hat bisher rund 192 Millionen US-Dollar gekostet. Sie beinhaltet unterschiedliche Strecken-Varianten und verfügt auch über eine FIA-Grade-1-Homologation für die Formel 1. Dazu gibt es einen Karting Circuit, einen Motocross-WM-Parcours, eine Rallye-Piste, einen Winter Driving-Kurs und ein Konferenz-Gebäude.

Franco Uncini, 500-ccm-Weltmeister 1982 auf Suzuki und jetzt FIM Safety Officer, hat die Strecke bereits vor zwei Jahren inspiziert.

Einer der Hauptinvestoren ist Milliardär Yury Kovalchuk, Haupteigentümer der Rossiya Bank und enger Verbündeter des autokratischen Staatschefs Putin, der sich gern im Igora Ski Resort aufhält.

Igora-Drive-Besucher kommen zur Ansicht, die Rennstrecke habe gewisse Ähnlichkeiten mit dem ebenfalls von Tilke gebauten MotorLand Aragón, obwohl der Circuit in Russland mit einen Höhenunterschied von total 17 Höhenmeter pro Runde vergleichsweise flach ausgefallen ist.

Ex-FIA-Präsident Jean Todt hat die Baustelle im Dezember 2018 besucht. Und da das Areal um die Formel-1-Piste in Sotschi in ein russisches Silicon Valley umgebaut werden soll, gab es Spekulationen, der Igora Drive Circuit werde ab 2023 Schauplatz des Formel-1-GP von Russland sein.

Doch nach dem Angriff der Russischen Föderation auf die Ukraine kommt Russland mittelfristig nicht mehr als Austragungsort von internationalen Sportevents in Frage. Die bisher vorhandene Infrastruktur in St. Petersburg hätte für die Bedürfnisse der Formel 1 sowieso nicht ausgereicht. In Sotschi wurde seit 2014 jedes Jahr ein Formel-1-GP ausgetragen.

Ursprünglich war der Igora Drive Circuit nicht als Schauplatz für die Formel 1 und MotoGP eingeplant. Vor zwei Jahren beschäftigte sich Hermann Tilke aber mit einer Verlängerung des Strecken-Layouts, um eine Grade-A-Homologation für einen Motorrad-Grand Prix möglich zu machen. Durch die «extension» sollte sich die künftige GP-Version der Anlage auf eine Länge von 4,6 bis 4,8 km erstrecken. Auch ein paar zusätzliche Veränderungen in den Sturzräumen waren damals für die MotoGP-Homologation erforderlich. Diese Erweiterung sollte auch dem Superbike-WM-Event zugute kommen.

In der Formel 1 wäre der aktuelle Igora Drive Circuit mit 4 km die zweitkürzeste Strecke nach dem Straßenkurs von Monte Carlo gewesen. In der MotoGP-WM weist nur der 3,7 km lange Sachsenring eine kürzere Piste auf. Der Red Bull Ring ist 4,018 km lang. Deshalb wurde in Igora die Verlängerung geplant, auch wenn sie für 2021 von der FIM nicht explizit verlangt wurde.

Bei der Dorna existierten im letzten Winter für 2021 bereits konkrete Pläne für einen Termin des Russland-GP auf dem Igora Circuit. Der russische WM-Lauf sollte zeitlich mit dem KymiRing-GP in Finnland kombiniert werden, von Helsinki hätte der GP-Tross per Schiff innerhalb von ein bis zwei Tagen nach St. Petersburg reisen können.

Die Superbike-WM ist zumindest 2012 und 2013 auf dem Moscow Raceway in Russland Erscheinung getreten. Durch die jüngsten Ereignisse in der Ukraine sind Formel-1- und Motorrad-GP in Russland in weite Ferne gerückt.

Für den GP-Sport stand vor zehn Jahren sogar der «Crimea Circuit» auf der Insel Krim als Austragungsort zur Diskussion. Das Gresini-Team warb jahrelang für diese Rennstrecke. Aber dieses Thema hat sich durch die Annexion der Halbinsel Krim durch Russland 2014 längst erledigt.

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