Im MotoGP-Sprint in Jerez krachte es ständig

History Hockenheim: Schumacher und seine Rotkäppchen

Von Mathias Brunner
​Michael Schumacher hat aus dem Hockenheimring jeweils einen Hexenkessel gemacht: Wie triumphal der Star als Benetton- und Ferrari-Fahrer empfangen wird, das war Gänsehaut pur.

Der italienische Grand-Prix-Veteran Riccardo Patrese hat mir einmal gesagt: «Monza oder Imola war mein Heimrennen, aber der Empfang war kühl. Die Tifosi haben sich nur für eines interessiert – das war Ferrari.» Vielleicht ging es den deutschen Rennfahrern ähnlich: In den 90er Jahren und den 2000ern kamen die meisten Hockenheimring-Besucher reisten nur aus einem Grund an – wegen Michael Schumacher.

Es waren die Zeiten, also die Campingplätze rund um den Hockenheimring und den Nürburgring brechend voll waren, als Tickets schneller verkauft wurden als die leckeren Wurstbrötchen und als zahlreiche Händler bisweilen schon am frühen Nachmittag die weisse Fahne hissen mussten: «Tut uns leid, das Bier ist alle.»

Es waren die Zeiten, als unsereins frühmorgens aufs Hockenheim-Gelände fuhr, links ein Mann aus dem Wald hervorbrach, nur mit einer Unterhose bekleidet, mit einer Bierbüchse in der rechten Hand und einer Kippe in der linken. Er brüllte heiser: «Schumiiiiiii!» Dann torkelte er ins dichte Grün zurück. Ob er das Rennen miterlebt hat, entzieht sich meinen Kenntnissen.

Es waren die Zeiten, als am Abend nach einem Trainingstag betrunkene Fans auf mein Auto kletterten (nein, wirklich!), um bessere Sicht ins Wageninnere zu erhalten: Es hätte ja sein können, dass ein Promi drinsitzt, am Ende gar Michael Schumacher.

Ein Freund hat sich mal den Scherz erlaubt, die Scheibe herunterzukurbeln und hinaus zu rufen: «Zehn Autos hinter uns ist Michael Schumacher!» Abgesehen vielleicht von Usain Bolt habe ich nie Menschen schneller laufen sehen.

Es war die Zeit, als Michael Schumacher bisweilen im Kofferraum eines Autos transportiert wurde, um den Fans zu entrinnen, die angesichts ihres Schumi ausser Rand und Band gerieten. Schumacher behalf sich mit einer Perücke und ging tanken. Der Tankwart verzog keine Miene. Als Schumi bezahlte, meinte er nur: «Auf Wiedersehen, Herr Schumacher.»

Michael Schumacher hat seine einheimischen Fans einige Male mit Grand-Prix-Siegen entzückt: 1995 in Hockenheim (noch im Benetton), auch auf dem Nürburgring (Grosser Preis von Europa), 2000 und 2001 erneut auf dem Nürburgring, 2002 und 2006 in Hockenheim, natürlich im Ferrari.

Jedes Mal, wenn Schumi ins Hockenheim fuhr, knallten Böller, die Menschen schrien und schwenkten Fahnen und liessen Sirenentröten gellen, man hat seinen eigenen Gedanken nicht mehr verstanden, eine einzige Emotionsexplosion aus Farben und Lärm, ich bekomme heute noch Gänsehaut, wenn ich daran denke.

In den letzten Jahren hat sich das Interesse abgekühlt, was eigentlich seltsam ist. Sebastian Vettel fuhr mit Red Bull Racing von Sieg zu Sieg und von WM-Titel zu WM-Titel, Schumi kam zurück und bewegte einen Mercedes-Silberpfeil, Nico Rosberg erfüllte sich seinen Lebenstraum und wurde Weltmeister, und Mercedes-Benz ist in der Turbo-Ära ungeschlagen. Dennoch ist die grosse Formel-1-Euphorie in Deutschland verflogen. Vettel im Ferrari 2019, das ist nicht wie Schumacher im Ferrari gut zwanzig Jahre zuvor.

Die Tribünen werden am kommenden Wochenende in Hockenheim ordentlich gefüllt sein, aber ein Tollhaus wie damals werden wir wohl nie wieder erleben.

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