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Streit ums Geld: Formel 1 schaufelt sich eigenes Grab

Von Mathias Brunner
Die Teamchefs wie Gérard Lopez von Lotus sind mit Bernie Ecclestone unzufrieden

Die Teamchefs wie Gérard Lopez von Lotus sind mit Bernie Ecclestone unzufrieden

Am Abend nach dem Brasilien-GP begannen dunkle Wolken über Interlagos aufzuziehen. Das passt zur Grundstimmung im Zirkus: die Beteiligten streiten sich zu Tode.

Wie in Austin (Texas) ist auch in Brasilien ein Wochenende lang viel geredet, aber nichts erreicht worden. Die Kluft zwischen den Teams und Formel-1-Promoter Bernie Ecclestone ist so gross wie zuvor, die Unstimmigkeiten zwischen den wohlhabenden Teams und den Mittelfeldlern, den neuen Hinterbänklern der Formel 1, halten an. Die einstigen Hinterbänkler liegen auf dem Sterbebett, und das Gespenst von dritten Autos geht wieder um. Red Bull Racing-Teamchef Christian Horner: «Die Ausgangslage für uns ist sehr simpel – wenn das Feld auf 16 Autos schrumpft, sind die grossen Rennställe dazu verpflichtet, ein drittes Auto einzusetzen. Aber noch haben wir keinen entsprechenden Befehl erhalten.»

Der Autoverband FIA scheint sich aus den ganzen Streitigkeiten vornehm herauszuhalten. Vielleicht herrscht in Paris die Denke vor, dass sich Schwierigkeiten von selber lösen.

Formel-1-Promoter Bernie Ecclestone hat es in Interlagos geschafft, komplett unterschiedliche Signale zu senden, was seine Gesprächspartner zutiefst verunsichert. Ein Mitglied eines Traditionsteams: «Früher hat Bernie das auch schon getan, um sich alle ein wenig gefügig zu machen. Heute bin ich mir nicht mehr sicher, ob hinter all dem ein System steckt und ob er noch alle Bälle in der Luft hält.»

Es gibt Gespräche, in welchen Bernie die Bereitschaft zeigt, seine Formel 1 zu retten. Es gibt Gespräche, in welchen er mit Mitteldfeldler und Hinterbänkler gnadenlos in die Pfanne haut. In der Sprache von «Mr. E» kann das dann ungefähr so heissen: Wenn du dich ohne genügend Geld an den Pokertisch setzt, musst du auch damit rechnen, erschossen zu werden.

Die Fronten sind völlig verhärtet. Die kleineren Rennställe stört es, dass das Geld ungerecht verteilt werde – 60 Prozent der Einnahmen kommen den grossen Vier zugute (Ferrari, Mercedes, Red Bull Racing und McLaren). Sie monieren, dass ihnen die hohen Kosten für die neuen Antriebseinheiten auf den Kopf fallen. Sie wollen mindestens 20 Mio Dollar im Jahr mehr. Force-India-Teamchef Vijay Mallya: «Die Reichen werden immer reicher, die Armen werden immer ärmer.» Dass das aus dem Munde Millionärs kommt, ist wieder eine andere Sache.

Auch die Firma «CVC Capital Partners» trägt nicht zur Klärung der Situation bei. In den USA hatte es geheissen, man könne Sauber, Lotus und Force India aus einem Sondertopf finanziell stützen. «Das dürfen wir gar nicht», sagte hingegen Bernie Ecclestone in Brasilien. Nun ist wieder von Notverhandlungen mit CVC in der kommenden Woche die Rede. Fast stündlich ändert sich alles.

Niemand glaubt mehr daran, dass der kollabierte Marussia-Rennstall wie Phoenix aus der Asche aufersteht. Selbst wenn der frühere Marussia-Sportchef Graeme Lowdon das in einem Interview mit der britischen Sky andeutet. Wie das gehen soll, sagt er nicht.

Die Sammelaktion für Caterham läuft auf vollen Touren. Ob der Rennstall es nach Abu Dhabi und in die Saison 2015 schafft, kann niemand sagen.

Bernie Ecclestone auf die Frage, ob wir 2015 nur neun Teams (also ein Feld von 18 Autos) haben werden, sagt er rätselhaft: «Vielleicht haben wir zehn, das hängt davon ab, was wir entscheiden.»

Das Grundproblem bleibt: Wenn die finanziell nicht auf Rosen gebetteten Rennställe mehr Geld wollen, woher soll das kommen?

Die Top-Teams sind nicht dazu bereit, sich ihre Zuschüsse kürzen zu lassen, und der Rechtehalter CVC will kein Geld verschenken. Das würde die eigene Rendite schmälern. Die Top-Teams finden, die ganze Sache sei Angelegenheit der Rechtehalter, die Rechtehalter finden, die Teams sollen untereinander eine Lösung finden.

Wenn den Parteien nichts mehr einfällt, verweisen sie auf ihre Verträge.

Es ist wie beim Kartenspiel: alle schieben sich den Schwarzen Peter hin und her.

Selbst du fatalsten Ideen sind wieder im Gespräch: nicht nur dritte Autos, reines Gift für die DNA des Sports, sondern auch das Auffüllen des Feldes mit Fahrzeugen aus einer anderen Kategorie, was noch schwachsinniger wäre. Und auf einmal ist davon die Rede, dass man ja auch Kundenautos einführen könnte. Das alles geht in die komplett falsche Richtung.

In der Formel 1 gibt es viel zu viele Eigeninteressen und zu wenig Wille, Entscheidungen zum Wohle des Sports zu treffen. So macht sich der Sport selber kaputt.

Die Beteiligten scheinen nach dem Motto vorzugehen: «Was schert uns die schöne Aussicht hier an der Steilklippe, so lange wir einen flotten Schritt nach vorne machen können?»

Bravo, rufen die Fans den Hauptdarstellern zu, nur weiter so.

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