Yamaha steht vor Einigung mit neuem Kundenteam

Ducati: Die Entstehung der Open-Class-Vorteile

Kolumne von Günther Wiesinger
Ducati wird den Stars von Honda und Yamaha mit Dovizioso (Foto) und Iannone gehörig einheizen

Ducati wird den Stars von Honda und Yamaha mit Dovizioso (Foto) und Iannone gehörig einheizen

Immer wieder sind die Genies in den Rennabteilungen deutlich schlauer als die Funktionäre, die die Reglements austüfteln. So kam Ducati als Werksteam zu den seltsamen Open-Privilegien.

Eigentlich wurde die Open-Class 2014 als Nachfolgerin der Claiming-Rule-Team-Kategorie (CRT) eingeführt, sie sollte den MotoGP-Privatteams das Näherrücken an die Factory-Teams von Honda, Yamaha und Ducati erlauben.

In der CRT waren die Bikes 2012 und 2013 mit Superbike-Rennmotoren von Honda, Kawasaki, BMW und Aprilia ausgerüstet worden, Suter und FTR bauten die Fahrwerke dazu.

Dann entdeckte der neue Ducati-Renndirektor Gigi Dall'Igna eine Lücke im Gesetz für 2014, denn es wurde nur erwähnt, dass ein Open-Class-Team die Einheits-Elektronik von Magneti Marelli benützen müsse, sonst waren keine Details festgelegt.

Also sagte sich Dall'Igna vor einem Jahr: Ich melde die vier Motorräder von Ducati Corse und Pramac Ducati als Open-Class-Teams und nehme die Einheits-ECU in Kauf.

Er betrachtete diese Elektronik-Software als das kleinere Übel, denn im Factory-Status hätte er nur fünf Motoren verwenden dürfen, die Motorentwicklung wäre nach dem ersten Rennen verboten gewesen und so weiter.

Ein Dilemma für Dorna, IRTA und FIM, als sich plötzlich ein hochkarätiges Werksteam unter die Open-Class-Teams von Forward, Avintia, Gresini-Honda, Drive M7 Aspar-Honda und so weiter mischen und ihnen die Lorbeeren stehlen wollte.

Also sollte zuerst eine Factory-2-Meisterschaft eingeführt werden, also eine Drei-Klassen-Gesellschaft, ein heilloses Durcheinander drohte.

Neun Tage vor dem Beginn der MotoGP-Saison 2014 wurde ein seltsamer Kompromiss gefunden. Ducati wurden die Open-Class-Vorteile zugestanden, auch eine Ausrede war rasch zur Hand: Sie haben 2013 kein Rennen gewonnen und sollten als Dank für diese Meisterleistung 2014 und 2015 mit allen vier Piloten von Ducati Corse und Pramac die Vorzüge der Open Class geniessen dürfen.

Zur Erinnerung: Ducati hat auch 2011 und 201?2 kein Rennen gewonnen, damals kam niemand auf die Schnapsidee, dieses Versagen auch noch zu belohnen.

Um diese merkwürdige Situation 2014 halbwegs plausibel machen zu können, wurden die Konkurrenz-Teams mit einer scheinheiligen Klausel getröstet: Wenn Ducati mit irgendwelchen Fahrern auf trockener Fahrbahn («wet races» zählen nicht) drei dritte Plätze, zwei zweite Plätze oder einen Sieg erreichen würde, und zwar saisonübergreifend 2014 bis Ende 2015, dann würde zuerst der Tankinhalt von 24 auf 22 Liter begrenzt. Und wenn Ducati 2014/2015 insgesamt drei GP-Siege im Trockenen erreicht, dann gehen auch noch die weicheren Hinterreifen verloren, die den Open-Class-Piloten sowie den Neueinsteiger-Werksteams von Suzuki und Aprilia zustehen.

Mit Platz 3 in Texas 2014 (Dovizioso) hat Ducati bisher nur einen Podestplatz im Trockenen erreicht.

Das heisst: Erst wenn die Ducati-Factory-Fahrer im Trockenen zwei weitere dritte Plätze erringen, müssen die Italiener auf zwei Liter Treibstoff verzichten.

Die Ducati-Manager geben aber ehrlich zu, dass diese Restriktionen die Performance nicht beeinflussen würden. Sie bewirken nichts und sind nichts als Schönfärberei.

Das heisst: Ducati hat sieben Motoren mehr als die direkten Gegner, sie können die Power und die Drehzahl beliebig erhöhen, sie müssen auf den Verbrauch keine grosse Rücksicht nehmen, denn 2013 kamen die Ducati-Asse mit den damals erlaubten 21 Liter gut über die Runden. Und ohne rigoroses Verbrauchslimit (und wegen der zwölf statt fünf Motoren) kann Ducati die V4-Motoren hemmungslos tunen. So kam 2014 der MotoGP-Top-Speed-Rekord von Andrea Iannone in Mugello mit 349,6 km/h zustande.

Und was unterscheidet Ducati von den Open-Class-Teams? Nichts, sie haben nur Vorteile!

Ducati darf nämlich bei den vier Factory-Piloten obendrein die hauseigene Elektronik-Software benützen, das gilt auch für die Pramac-Piloten Yonny Hernandez und Danilo Petrucci auf ihren letztjährigen Ducati GP14.2 und GP14.

Warum die Grand Prix Commission alle diese Ducati-Vorteile auch für 2015 festgeschrieben hat, ist schwer – oder gar nicht – nachzuvollziehen. Auch Gegner wie Rossi und Crutchlow und gegnerische Teamchefs wie Jorge Martinez wundern sich längst darüber.

«Die Vorschriften sind die Vorschriften», zuckt Ducati-Sportdirektor Paolo Ciabatti die Schultern.

Ducati ist kein Vorwurf zu machen. Aber zumindest jenen Funktionären und Managern, die diese Vorteile der Roten in einem Anflug von geistiger Umnachtung oder jugendlichem Leichtsinn auch gleich für 2015 abgesegnet haben. Da gehören natürlich die Befehlshaber von Honda und Yamaha dazu, die sich damit das Leben für 2015 schwer gemacht haben.

Übrigens: Ducati gelangen 2014 mit Platz 2 in Assen (Dovizioso) und Platz 3 in Aragón (Crutchlow) zwei weitere Podestplätze, sie bleiben aber ohne Auswirkungen – denn sie wurden bei «wet races» (Regenrennen) erzielt.

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