Roger DeCoster: «Es fehlt immer derselbe Bestandteil»
Der fünffache 500-ccm-Motocross-Weltmeister Roger DeCoster gab SPEEDWEEK.com ein offenherziges Interview. Der Belgier kritisiert Talente, die nicht bereit sind hart zu arbeiten.
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Ganz unauffällig bewegte sich eine Motorradsport-Legende aus Belgien am vergangenen Wochenende durch das MotoGP-Fahrerlager in Brünn: Roger DeCoster, fünffacher 500-ccm-Motocross-Weltmeister, heute für Red Bull KTM in Amerika verantwortlich für die Serienerfolge in der Supercross-WM und Outdoor-Motocross Championship.
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Die in der KTM Group vereinigen Fabrikate KTM und Husqvarna gewannen in Amerika trotz heftigster Bemühungen bis 2014 nie einen Titel in der 450-ccm-Supercross-Kategorie, ist aber jetzt unter dem DeCoster-Regime seit 2014 ungeschlagen: 2015: Ryan Dungey (KTM) 2016: Ryan Dungey (KTM) 2017: Ryan Dungey (KTM) 2018: Jason Anderson (Husqvarna) Alle Beteiligten sind sich einig: Das hat viel mit der Expertise von Roger DeCoster zu tun, der mit 74 Jahren in der Szene immer noch immensen Respekt und hohes Ansehen genießt, auch wenn die aktuellen Stars in seiner erfolgreichen Ära noch gar nicht auf der Welt waren.
DeCoster war schon in seiner aktiven Ära ein vorbildlicher, freundlicher bescheidener Gentleman, eine einzigartige Persönlichkeit, er gewann in sechs Jahren als Suzuki-Werksfahrer fünf 500-ccm-WM-Titel; 1974 wurde er vom Finnen Heiki Mikkola (Husqvarna) auf Platz 2 verdrängt.
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Der Ausnahmekönner (geboren am 28. August 1944) begann seine Profilaufbahn auf CZ in der Klasse bis 500 ccm. Er gewann die Belgische Meisterschaft 1966, mit 22 Jahren wechselte er in die WM, 1968 folgte der erste WM-Laufsieg.
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Unglaublich: Von 1970 (dritter WM-Rang 250 ccm auf CZ) beendete DeCoster die Cross-WM bis inklusive 1978 immer in den Top-3.
"Vor meiner letzten WM-Saison bin ich von Suzuki auf Honda umgestiegen. Ich lebe seither in Kalifornien und habe insgesamt 13 Jahre für Honda gearbeitet", erzählte Roger. "Mit 50 Jahren habe ich für sie noch Testfahrten gemacht. Damit habe ich längst aufgehört. Jetzt fahre ich in erster Linie Rennrad. Natürlich mit einem Renner von Eddy Merckx." Merckx ist eine weitere belgischer Sportlegende, er gewann fünfmal die Tour de France, dominierte den Giro, wurde Weltmeister, gewann alle Klassiker mehrmals und wurde "der Kannibale" genannt. Roger DeCoster war zuletzt 2016 in Austin/Texas bei einem MotoGP-Event zu Besuch. Wir haben uns in Brünn mit ihm unterhalten. Roger, kann die Motocross-Szene etwas lernen von den MotoGP-Kollegen??
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Die Unterschiede sind so groß… Aber für die Fahrer treffen dieselben Dinge zu wie im Motocross. Eine Sache bleibt immer gleich: Bei guten Fahrern, die es nicht ganz an die Spitze bringen, fehlt in beiden Disziplinen derselbe Bestandteil, das gilt auch für alle anderen Sportarten auf der Welt. ? Jeder Sportler muss die Verantwortung für das übernehmen, was er tut. Der Fahrer muss selber die Verantwortung für seine Resultate tragen. Wenn du nicht gewinnst, sollst du nicht irgendwo anders eine Ursache dafür suchen, warum du nicht gewonnen hast. Vergiss die Ausreden. Schau’ dich selber an! ? Den Fahrern wird der Kopf verdreht, sobald sich die ersten Erfolge einstellen. Von ihren Freunden, von den Fans, von der Familie, das geht ganz rasch. Dann beginnen sie zu glauben, sie hätten es bereits geschafft. In Wirklichkeit sollten sie mit den Füßen auf dem Boden bleiben.
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Viele Piloten sollen sich ein Beispiel an Marc Márquez nehmen. Er hat soooo viel Talent. Trotzdem schuftet er erbarmungsloser und emsiger als jeder andere. Und trotzdem ist er völlig bescheiden und bodenständig.? Es gibt viele Beispiele von Fahrern, die viel Talent haben, es aber nicht optimal ausnützen. Maverick Viñales ist momentan einer davon. Er hat 2017 im Frühjahr drei Grand Prix genommen. Jetzt steht er im Schatten seines Teamkollegen Rossi, der 38 Jahre alt ist. Jetzt streitet er mit dem Crew-Chief. Ja, ich kenne das. Für die Misserfolge sind alle anderen verantwortlich, nur nicht der Fahrer selber. ? Bist du beeindruckt, wie stark die ehemalige Offroad-Firma KTM im Road Racing auftritt? 2012 war KTM mit drei Technikern im Ajo-Moto3-Team anwesend, jetzt ist KTM in allen drei Klassen dabei und bei jedem Grand Prix mit zirka 100 Technikern vor Ort.?
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KTM ist ja eine relativ kleine Firma, wenn man sie mit den Japanern vergleicht. Aber was sie in der jüngsten Vergangenheit erreicht haben, ist sehr eindrucksvoll. KTM ist in so vielen Serien erfolgreich. Pit Beirer hat gute Arbeit geleistet. ? Man muss auch vor Firmenchef Stefan Pierer den Hut ziehen. Er ist es, der die Budgets freigibt, die nötig sind, denn der Wettbewerb auf diesem Niveau ist extrem kostspielig. Pit Beirer hat einmal erwähnt, es sei recht hilfreich, wenn man einen starken Leader in der Firma hinter sich weiß.?
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Als ich in den 1980er-Jahren bei Honda war, sind wir mehr gegen uns selbst gefahren als gegen die Mitbewerber. ? Zuerst war dort Mister Soichiro Honda ein superstarker Leader. Sein Rennmanager Miyakoshi hat ebenfalls vorbildliche Arbeit geleistet. Er begann 1980. Er hat die Idee für die 500-ccm-Dreizylinder-Zweitakt-GP-Maschine gehabt. Dazu gab es Ing. Irimajiri. Er hat den Ovalkolben-Motor entwickelt. Er war wirklich clever, kein Manager, sondern Technical Director und Motor-Designer. ? Auch Suzuki hatte Mitte der 1970er-Jahre starke Chefs und Manager. Ich erinnere mich an Mister Yokouchi. Er war sehr gut und sehr erfolgreich. Heute sehe ich bei Suzuki keine Topmanager mehr. Suzuki ist nach 2011 für zwei, drei Jahre aus der MotoGP ausgestiegen, weil der V4-Motor zehn Jahre lang ein Flop war. Jetzt fehlen sie in der Superbike-WM. In der Motocross-WM haben sie vor einem Jahr alles hingeschmissen.?
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Ja, schade. Sie haben einige sehr gute Ingenieure. Es gibt dort noch gute Leute. Aber sie haben keine Macht. ?
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