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Oliver Bearman (Ferrari): Die Noten seiner Ingenieure

Von Mathias Brunner
​Der erst 18-jährige Oliver Bearman hat als Ferrari-Ersatzmann für Carlos Sainz in Saudi-Arabien einen sehr guten siebten Platz erkämpft. Wie seine Ingenieure diese Leistung einschätzen.

Die Vollgasbranche ist sich einig: Ferrari-Teenager Oliver Bearman hat im Großen Preis von Saudi-Arabien ein grandioses Debüt gezeigt – kurzfristig für Carlos Sainz eingesprungen (Blinddarm-Operation), fuhr der Brite zu einem tadellosen siebten Platz.

Wie stufen seine Ferrari-Ingenieure diese Leistung ein? Matteo Togninalli, leitender Ingenieur am GP-Schauplatz: «Oliver musste in sehr kurzer Zeit sehr viele Informationen verarbeiten. Er sprang ja erst im dritten Training ins Auto, bevor es schon in die Qualifikation ging.»

«In solch einer Situation muss das Team versuchen, sich aufs Wesentliche zu konzentrieren. Das bedeutet: Wie hole ich in der Quali am meisten Speed aus Fahrer und Wagen? Wie teilt der Pilot das Tempo im Rennen am besten ein?»

«Oliver wurde ins kalte Wasser geworfen, er hatte noch nie einen GP-Start absolviert, er hatte noch nie im Rennen einen Reifenwechsel gemacht. Wir haben auf zu viele Informationen verzichtet, damit er sich nicht in Details verliert.»

Der Italiener weiter: «Oliver hatte den 2024er Wagen noch keinen Meter bewegt. Zudem ist die Umstellung von der Formel 2 zur Formel 1 erheblich, angefangen bei der höheren körperlichen Belastung. Was wir auch nicht vergessen dürfen – die mentale Seite. Auf einmal findet sich Oliver im Feld mit den weltbesten Einsitzerpiloten wieder, jede seiner Bewegungen wird von den Medien verfolgt.»

«Wir machten ihm klar: Du musst hier niemandem etwas beweisen, gehe das gemächlich an. Der Grand Prix ist länger als ein Formel-2-Rennen. Oliver war nach dem Fallen der Zielflagge müde, aber er hat das körperlich alles in allem gut verdaut.»

«Wir bilden Oliver seit 2022 aus, und in Saudi-Arabien hat sich gezeigt, dass sich diese Ausbildung bezahlt macht. Bearman saß 2023 vierzig Tage in Rennsimulator, das hat enorm geholfen. Im Oktober hat er in Fiorano getestet, da spulte er 500 Kilometer ab.»

«Am GP-Wochenende von Mexiko hat er für uns das Freitagtraining bestritten, in Abu Dhabi saß er im Haas-Rennwagen. Er bestritt auch den Nachsaisontest mit Haas. Darüber hinaus spendierten wir ihm im Winter einen Testtag in Barcelona. All das sollte ihn in einem GP-Renner auf Speed bringen. Und in Jeddah war er sofort auf Tempo.»

«Als Ollie für uns im Oktober 2023 in Fiorano gefahren ist, standen auch seine Mutter und sein Vater in der Box. Neue Strecke, neues Auto, und in der dritten Runde fuhr er konkurrenzfähige Zeiten. Das nenne ich Talent.»

«Oliver ist immer sehr ruhig und extrem konzentriert, selbst unter erheblichem Druck gerät er keinen Moment in Panik. Das sehe ich bei ihm abgesehen von der natürlichen Begabung mit viel Speed als herausragende Eigenschaft. Er hat eine große Zukunft vor sich.»

Der langjährige Renningenieur Jock Clear ist Fahrlehrer aller Ferrari-Piloten, von den Stammfahrern bis zu den Absolventen der Fahrer-Akadamie. Der Engländer sagt: «Wir sind sehr stolz auf Oliver, wie er seine Aufgabe in Jeddah gelöst hat. Wir hätten uns keine bessere Leistung wünschen können.»

«Wir haben sehr früh bei Oliver Bearman erkannt, dass er für sein Alter sehr reif ist, ein sehr überlegt handelnder Rennfahrer. Seine Stärke ist, wie er unter Druck arbeitet. Solch eine Reife mit 18 Jahren ist verblüffend. In der Formel 1 macht nicht Speed den Unterschied, schnell sind die alle, sondern es ist die Intelligenz des Piloten. Ollie hat die geistige Bandbreite, um sehr viele Informationen in aller Ruhe zu verarbeiten.»

«Bei Oliver hat sich bezahlt gemacht, dass wir ihn mehrere Tage lang im Formel-1-Auto hatten. Auf diese Weise hatte er Basis-Arbeit wie etwa den Umgang mit dem Lenkrad, bereits verinnerlicht und konnte sich auf Anderes konzentrieren.»

«Was mich bei ihm überrascht hat in Jeddah – er hat unsere Erwartungen übertroffen. Am meisten von den Socken war ich über die letzten zehn Runden des Grand Prix, als Bearman von Norris und Hamilton gejagt wurde. Er hat sich keinen einzigen Fehler erlaubt und diesen siebten Platz nach Hause gefahren. In der vorletzten Runde hat er seine persönliche Bestzeit gefahren.»

Als Renningenieur hat Riccardo Adami den jungen Bearman betreut: «Wir haben versucht, einen Schritt nach dem anderen zu tun. Start, Reifenwechsel, Umgang im Verkehr, das alles musste Oliver lernen in sehr kurzer Zeit; und wir haben versucht, ihm viele Informationen zu vermitteln, aber ihn nicht zu überhäufen.»

«Im Rennen haben wir die Balance angestrebt zwischen Information und Unterstützung. Ich bin einer, der am Funk sehr ruhig bleibt, das soll sich auf den Piloten auswirken.»

«Sein Feedback war umfassend und fundiert. Aber gemessen an der Arbeit mit Carlos musste ich einen Schritt zurück tun, weil Oliver nicht die Erfahrung von Sainz hat. Es machte Freude, ihm bei der Arbeit zuzusehen, sein Speed und seine Reife waren wirklich verblüffend.»

«Oliver ist ein Schnelllerner. Es gab einen Zeitpunkt im Rennen, da war der Funkknopf blockiert, aber wir haben noch einen zweiten, den wir notfalls nutzen können. Wir hatten das im Briefing kurz erwähnt, und Oliver hat, nachdem er gemerkt hat, dass mit dem ersten Knopf etwas nicht stimmt, diese Information sofort umgesetzt und den anderen benutzt. Noch bevor wir ihn darauf aufmerksam gemacht haben.»

«Das zeigt – er ist wie ein Schwamm, der Informationen aufsaugt. Und dann ist er in der Lage, im entscheidenden Moment aus einer bestimmten Information heraus das Richtige zu tun.»

Saudi-Arabien-GP, Jeddah Corniche Circuit

01. Max Verstappen (NL), Red Bull Racing, 1:20:43,273 h
02. Sergio Pérez (MEX), Red Bull Racing, +13,643 sec
03. Charles Leclerc (MC), Ferrari, +18,639
04. Oscar Piastri (AUS), McLaren, +32,007
05. Fernando Alonso (E), Aston Martin, +35,759
06. George Russell (GB), Mercedes, +39,936
07. Oliver Bearman (GB), Ferrari, +42,679
08. Lando Norris (GB), McLaren, +45,708 sec
09. Lewis Hamilton (GB), Mercedes, +47,391 sec
10. Nico Hülkenberg (D), Haas, +1:16,996
11. Alex Albon (T), Williams, +1:28,354
12. Kevin Magnussen (DK), Haas, +1:45,737
13. Esteban Ocon (F), Alpine, +1 Runde
14. Yuki Tsunoda (J), Racing Bulls, +1
15. Logan Sargeant (USA), Williams, +1
16. Daniel Ricciardo (AUS), Racing Bulls, +1
17. Valtteri Bottas (FIN), Sauber, +1
18. Guanyu Zhou (RCH), Sauber, +1
Out
Lance Stroll (CDN), Aston Martin, Unfall
Pierre Gasly (F), Alpine, Getriebe

WM-Stand (nach 2 von 24 Grands Prix)

Fahrer
01. Verstappen 51 Punkte
02. Pérez 36
03. Leclerc 28
04. Russell 18
05. Piastri 16
06. Sainz 15
07. Alonso 12
08. Norris 12
09. Hamilton 8
10. Bearman 6
11. Hülkenberg 1
12. Stroll 1
13. Albon 0
14. Zhou 0
15. Magnussen 0
16. Ricciardo 0
17. Ocon 0
18. Tsunoda 0
19. Sargeant 0
20. Bottas 0
21. Gasly 0
Konstrukteurspokal
01. Red Bull Racing 87 Punkte
02. Ferrari 49
03. McLaren 28
04. Mercedes 26
05. Aston Martin 13
06. Haas 1
07. Williams 0
08. Sauber 0
09. Racing Bulls 0
10. Alpine 0

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