Ein Hoffnungsschimmer bei der KTM AG

Überraschung: Triumph liefert Moto2-Motoren nach 2018

Von Günther Wiesinger
Dreizylinder-Motoren mit 750 ccm und 160 PS, das sind die Eckdaten der geheimen Dorna-Pläne für die Moto2-WM 2019. Die englische Traditionsfirma Triumph steigt mit diesem Projekt in den GP-Sport ein.

Eigentlich wollten Dorna, IRTA und FIM das neue Konzept für die Moto2-Einheitsmotoren im Herbst 2016 präsentieren.

Aber es herrschte Stillschweigen. Fakt ist: Die Regelung mit den Einheits-Motoren von Honda läuft Ende 2018 aus, dreimal gab es seit 2010 entsprechende Drei-Jahres-Verträge mit Honda und HRC für die Bereitstellung der inzwischen veralteten Vierzylinder-CBR 600RR-Triebwerke.

Werke wie Ducati, KTM, BMW, Husqvarna, Peugeot, Mahindra, Aprilia, Kawasaki, Suzuki und Yamaha haben verdeutlicht, dass sie kein Interesse an der Lieferung von Moto2-Motoren haben. Honda verfügt über kein geeignetes Triebwerk. MV Agusta zeigte zwar im Herbst 2015 Bereitschaft, die 675-ccm-Dreizylinder-Supersport-Triebwerke der F3 für 2019 zu liefern, aber nach den jüngsten finanziellen Turbulenzen der Italiener ist dieses Projekt längst unter den Tisch gefallen.

Doch die Moto2-Teams und Dorna-Chef Carmelo Ezpeleta müssen sich keine Sorgen machen. Rund sieben Monate nach dem Brexit sickern erfreuliche Nachrichten aus England durch: Triumph wird künftig die Moto2-Einheitsmotoren bauen.

Als sich SPEEDWEEK.com in den letzten Jahren bei den Teambesitzern, Chassis-Herstellern und Motorradwerken erkundigte, welches technische Konzept für die Moto2-WM sinnvoll, reizvoll und machbar wäre, kamen ein paar recht handfeste Vorschläge zum Vorschein.

KTM-Motorsport-Direktor Pit Beirer plädierte für einen V2-500-ccm-Motor, Eskil Suter brachte 750-ccm-Dreizylinder-Triebwerk ins Gespräch, bei beiden Konzepten wären Zylinder-Einheiten und Leistungsteile aus der 1000-ccm-MotoGP-Klasse einsetzbar gewesen.

Teambesitzer Sito Pons konnte sich auch die Beibehaltung der 600-ccm-Vierzylinder vorstellen, aber ohne Einheitsmotoren, sondern mit Beteiligung aller interessierten Werke von Honda, Yamaha, Suzuki, Kawasaki bis zu den Europäern und Mahindra aus Indien. Die europäischen Hersteller allerdings haben keine 600er im Angebot.

Es kam zu keiner vernünftigen, machbaren Einigung. Schließlich wurde für die Moto2-WM-Jahre 2016, 2017 und 2018 das alte Einheits-Motorenkonzept mit Honda der Einfachheit halber beibehalten und nach neuen Lösungen für 2019 gesucht.

Unterdessen ist die Begeisterung für die Honda-CBR600RR-Motoren bei den Teams deutlich gesunken, weil das Getriebe nicht mehr zeitgemäss ist, auch wenn dieses Projekt mit Kosten von 60.000 Euro im Jahr für Motoren samt Revisionen sehr preiswert gestaltet wird. Auch die kargen 128 PS reissen keinen Fahrer mehr vom Stuhl.

Zur Erinnerung: Die aktuellen Motoren werden bei ExternPro im TechnoPark Aragón aufgebaut und gewartet, die Teams bekommen die Motoren für alle Grand Prix und offiziellen Moto2-Tests, nach drei Rennen werden sie ausgetauscht, es werden neue Triebwerke zugelost.

Moto2-WM 2019: Ein klarer Zeitplan

Es war immer vorgesehen, dass im zweiten Halbjahr 2016 das technische Konzept für die Moto2-WM 2019 geklärt sein muss.

Denn es dauert rund 1,5 Jahre, um ein neues Triebwerk zu entwickeln, zu testen, startklar und haltbar zu machen. Die neuen Moto2-Maschinen sollen im Idealfall bereits im Frühjahr 2018 getestet werden können. Und dann müssen mehr als 100 Exemplare angefertigt werden.

Die Chassis-Hersteller wie Kalex, Speed-up, Suter, Tech3 und KTM wollen ebenfalls rechtzeitig Bescheid bekommen, um mit CAD-Zeichnungen loslegen zu können.

Aber es ist verdächtig still geworden, was die technische Moto2-Zukunft bezüglich der Triebwerke betrifft.

KTM zeigte kein Interesse, an einer Ausschreibung für neue Einheitsmotoren teilzunehmen. Den Österreichern reicht die Teilnahme an der Moto2-WM 2017 mit eigenen Fahrwerken, das MotoGP-Projekt geniesst Vorrang.

Mahindra Racing muss zuerst die Moto3-WM in den Griff kriegen, Ducati und die Japaner sowie Aprilia haben kein Interesse oder keine Kapazitäten. Husqvarna beschränkt sich auf sportliche Offroad-Aktivitäten, MV Agusta hat andere Sorgen.

In den letzten Wochen haben manche Teams und Hersteller aufgeschnappt, dass die Dorna eine technische Lösung für 2019 gefunden habe, es bestehe konkretes Interesse eines europäischen Motorradherstellers. Wer nachfragte, stieß auf eisiges Schweigen.

Trotzdem sind handfeste Informationen durchgesickert. Die Dorna will den Wünschen der Fahrer und Teams Rechnung tragen und künftig für mehr Hubraum und Motorleistung sorgen. Gleichzeitig sollen die Kosten nicht ausufern.

Es ist offenbar deshalb um die neue Motoren-Lösung so ruhig geworden, weil die Dorna schon seit dem Sommer 2016 mit einem ernsthaften Kandidaten verhandelt, das Projekt soll beim Saisonauftakt in Katar (23. bis 26. März) in allen Einzelheiten vorgestellt werden.

Es scheint sich um eine «win-win»-Situation zu handeln. Die Dorna kam dank MV Agusta auf den Dreizylinder-Geschmack – und verhandelt seit Monaten mit dem britischen Traditionshersteller Triumph. Die Briten verfügen über die seit 2006 gebaute Daytona 675-Dreizylinder, die auch in der Supersport-WM zu sehen ist und in dieser Rennserie von 2008 bisher jedes Jahr Punkte holte.

Seit 2013 existiert eine Triumph Daytona 675R, denn Triumph will sich schrittweise ein sportliches Image verleihen, um weiter wachsen und neben den Cruiser-Bikes, Adventure-Modellen und Retro-Motorrädern auch im Segment der Sportmotorräder Marktanteile zu gewinnen.

Der Daytona-675-Serienmotor leistet überschaubare 128 PS bei rund 12.600/min – wie der 600-ccm-Honda-Moto2-Motor. Deshalb brüten die Triumph-Techniker und Corrado Cecchinelli, bei der Dorna Director of Technology, eine moderne Variante des «Triples» aus. Wenn es nach der Dorna geht, soll auf Basis des 675-ccm-Triebwerks eine 750-ccm-Version entwickelt und gebaut werden.

«So ein Motor könnte bis zu 160 PS leisten», meint Eskil Suter.

Mit Triumph als neuen Moto2-Partner schafft die Dorna eine für alle Beteiligten akzeptable Lösung. Die spanischen WM-Vermarkter machen einem neuen Motorradhersteller die Teilnahme am GP-Sport schmackhaft, der sich ganz auf diese Moto2-Aufgabe konzentrieren und gleichzeitig sein nicht gerade sportliches Image aufpolieren kann.

Denn bisher haftet den Triumph-Motorrädern der Ruf der Biederheit an. Und nach dem Brexit könnten die Briten mit dem Moto2-Einstieg ein positives Signal für Europa und den Rest der Welt vermitteln.

Triumph: Finanziell auf soliden Beinen

Triumph steht nach der Übernahme durch den britischen Immobilien-Milliardär John Bloor (73) finanziell auf soliden Beinen.
Bloor hat von Anfang an eine vernünftige Nischen-Strategie verfolgt und sich auf den Bau von Zwei- und Dreizylinder-Motorrädern konzentriert. Er hat sich keine sündteuren Sportaktivitäten geleistet, sondern das Geld in die Entwicklung der Serienmaschinen investiert und mit einem geschickten Baukasten-System die traditionellen Triumph-Kunden angesprochen.

Bisher trat Triumph auf dem Markt nie direkt gegen Werke wie BMW und Ducati an, das könnte sich durch eine Moto2-Beteiligung und eine neue Generation von Sportmotorrädern ändern.
Das Projekt der pompösen Daytona 1200-Vierzylinder ist längst beerdigt worden.

Triumph Motorcycles musste ursprünglich im Jahr 1983 liquidiert werden. John Bloor, der technisch ahnungslose Bauunternehmer aus der Provinz, hat die Traditionsmarke mit viel Geschick wiederbelebt und ihr neues Leben eingehaucht.

Eigentlich wollte Bloor damals als Immobilienhändler die Liegenschaft mit dem veralteten Triumph-Werk in Coventry kaufen und verwerten. Doch schließlich erwarb er die Markenrechte, gründete 1984 die «Bonneville Coventry Ltd.» und baute mit dem Geld seiner Bloor Holding die Firma Triumph Motorcycles in Hinckley/Leicestershire 1987 auf der grünen Wiese neu auf. Es begann die Entwicklung einer neuen Produktpalette, die alten Modelle wie die Bonneville wurden in einer Übergangsphase weiter erzeugt.

Auf der IFMA in Köln 1990 wurden die ersten neuen Triumph-Modelle vorgestellt. Heute arbeiten rund 1700 Mitarbeiter bei Triumph Motorcycles Ltd., der Umsatz liegt bei mehr als 500 Millionen Euro. In Normandy Way bei Hinckley wurde im Jahr 2000 ein zweiter Produktionsstandort errichtet, auf einer Fläche von 161.000 Quadratmetern.

Ein Vorvertrag oder eine Absichtserklärung zwischen Dorna und Triumph dürfte längst unterschrieben sein. Für die Teams wird sich nicht viel ändern. Und auch Dienstleister Extern Pro aus dem «TechnoPark MotorLand Aragón» bleib im Geschäft – und wird nach 2018 auch für Triumph die Moto2-Motoren aufbauen und die Revisionen erledigen.

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