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Tom Lüthi (VDS): «Die Moto2-Rückkehr ist zu weit weg»

Von Günther Wiesinger
Tom Lüthi mit Gilles Bigot

Tom Lüthi mit Gilles Bigot

Tom Lüthi erlebt die schwierigste Phase seiner GP-Karriere. Sieben Stürze bei den letzten drei Grand Prix, kein WM-Punkt, Auflösungserscheinungen beim Marc VDS-Team. Aber der Schweizer lässt den Kopf nicht hängen.

Der zweifache Morto2-Vizeweltmeister Tom Lüthi steht nach sechs von 19 MotoGP-Rennen auf der Honda RC213V von Marc VDS noch punktelos da.

Ein Szenario, das er sich im Winter in den schlimmsten Träumen nicht ausgemalt hat, zumal er die Saison in Katar gleich mit Platz 16 recht vielversprechend begonnen hat. Dort verpasste er Platz 15 gegen Karel Abraham nur um 0,902 Sekunden. In Le Mans gab es noch einmal einen 16. Platz, diesmal fehlten 3,3 sec zu Rookie Takaaki Nakagami.

«Wenn mir vor der Saison jemand prophezeit hätte, dass ich vor Barcelona ohne Punkte dastehe, hätte ich auf Berndeutsch gesagt: ‚Scheiße’. Die Situation ist alles andere als zufriedenstellend. Nach Mugello ist es wirklich bitter gewesen, auch daheim. Es hat mich angeschissen…»

«Im Rennen in Mugello ist es einfach dumm gelaufen. Ich bin mit Siméon zusammengekommen. Es war weder mein Fehler noch sein Fehler. Eine Rennsituation. Er hat einen Slide gehabt, hat ihn abgefangen, er musste aber das Gas zudrehen, ich bin dann eingeklemmt gewesen. Zum ganzen Durcheinander bei Marc VDS ist das noch dazu gekommen. Es ist in Mugello einfach nicht gelaufen. Ich hoffe, dass jetzt der Schnitt da ist, ich muss nach vorne schauen. Ich will mich nicht mehr um die Situation rundherum kümmern. Mein Kopf muss wieder ganz auf die Arbeit in der Box konzentriert sein. Ich will mit den Gedanken wieder in der Box sein. Ich will mit diesem Motorrad zurande kommen und mich aufs Fahren konzentrieren. Ich habe Sachen im Kopf gehabt und Dinge organisiert, das willst du gar nicht wissen…»

So kam zum Beispiel in Mugello die neue Marc VDS-Hospitality zum Vorschein. Lüthi hat dort keinen Rückzugsort mehr, keinen Platz zum Umziehen nach den Trainings. «Deshalb habe ich für Barcelona ein Motorhome gemietet. Das war nicht geplant. Diese zusätzlichen Tätigkeiten haben mich belastet und mich wirklich müde gemacht. Davon hatte ich nach Mugello die Schnauze voll. Jetzt kommt wieder Ruhe rein. Es fehlt seit Le Mans bei uns im Team Personal. Wir brauchen neue Leute…»

Man muss sich nur die Ergebnisse von Miller und Rabat nach deren Umstieg von Honda auf Ducati anschauen, dann weiß man: Die 2017-Honda von Tom Lüthi ist nicht gerade das schlagkräftigste Paket im Feld.

Cal Crutchlow hat 2016 zwei Grand Prix gewonnen, 2018 einen, 2017 keinen… Und sogar Weltmeister Marc Márquez ist mit der 2017-Honda 27 Mal gestürzt, meistens über das Vorderrad, «Kein Feeling für den Vorderreifen», lautete sein Standardkommentar.

«Bei mir ist das Problem genau das Gleiche wie bei Marc Márquez, kein Feeling für das Vorderrad», betont Tom Lüthi. «Die meisten Stürze passieren über das Vorderrad. Eigentlich alle. Das Vorderrad klappt ohne Warnung ein – päng, ist es weg! Das war auch in Le Mans so, beim Sturz in der ersten Schikane. Das sind komische Stürze, bei denen es schwierig ist, überhaupt zu reagieren und noch etwas daraus zu machen. Das ist dann natürlich eine Vertrauensfrage. Irgendwann denke ich schon beim Reinfahren in die Kurve: 'Hält der Reifen – oder nicht?' Und das ist natürlich Mist, wenn du schneller und besser werden willst.»

Nicht einmal auf seiner Lieblingsstrecke in Le Mans, wo der 31-jährige Schweizer schon vier seiner insgesamt 16 Grand Prix gewonnen hat, gab es einen echten Lichtblick. «Das ist nicht motivierend, ganz klar», seufzt der Honda-Pilot.

«Wichtig ist jetzt, dass ich mich hier auf meinen Job konzentrieren und den vollen Fokus aufs Fahren richten kann. Dann hoffe ich, dass es 2019 in der MotoGP weitergeht für mich. Es ist mein Ziel, in der MotoGP zu bleiben, weiter zu lernen und vor allem die nötige Zeit dafür zu bekommen, damit ich besser werden kann.»

Hafizh Syahrin war für Tom Lüthi in der Moto2 nie ein ernsthafter Gegner, aber jetzt hat der Malaysier auf der Tech3-Yamaha schon 17 Punkte gesammelt. Der Schweizer hat also nicht das schlagkräftigste Material zur Verfügung.

«Syahrin hat gepunktet, ich nicht. Es ist offensichtlich so, dass die Yamaha für einen Rookie einfacher zu fahren ist. Das funktioniert anscheinend besser. Aber ich habe das Material, das jetzt in meiner Box steht. Mit dem muss ich klarkommen und besser werden. Ich muss mir neue Ziele suchen. Ich muss mich an Nakagami und Morbidelli orientieren, die ähnliches Material haben wie ich. Ich möchte wenigstens an diese Jungs herankommen. Anders kann ich es gar nicht machen. Ich kann mir nicht zum Ziel setzen, ich fahre jetzt in die Top-6. Das ist schlicht unmöglich; das wissen wir alle miteinander. Deshalb müssen die Zielsetzungen angepasst werden.»

«Wir arbeiten am Set-up, an der Geometrie, auch mein Fahrstil muss mehr an die MotoGP angepasst werden», versichert Tom. «Aber dafür brauche ich Zeit und viele Runden. An den Rennwochenenden ist es schwierig, große Schritte zu machen. Das kommt dazu. Tests wären wichtig. Den Zwei-Tage-Test in Barcelona haben wir nach dem Le-Mans-GP leider verpasst. Das werden wir hier am ersten Tag sicher spüren. Immerhin testen wir hier am Montag; das ist wichtig. Da können wir größere Schritte probieren, damit wir vorwärtskommen.»

Tom Lüthis Manager Dani Epp hofft immer noch auf das Weiterbestehen des Marc-VDS-MotoGP-Teams. Epp: «Bisher besitzt van der Straten diese zwei Plätze bis 2021. Er hat eine Option auf Tom bis Ende Juni. Bisher hat uns keiner gesagt, dass das Team nicht fortgeführt und die Option nicht eingelöst wird. Ich werde erst mit anderen Teams verhandeln, wenn wir definitiv wissen, dass es bei Marc VDS für Tom nicht weitergeht.»

«Ich weiß, dass es außer bei Marc VDS für mich 2019 nicht viele Möglichkeiten in der MotoGP-Klasse gibt», räumt Tom Lüthi ein. «Aber die Rückkehr in die Moto2 ist noch zu weit weg für mich. Darüber will ich noch gar nicht nachdenken.»

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