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FIM-Präsidentenwahl ohne Kandidat Dr. Wolfgang Srb

Von Günther Wiesinger
Paukenschlag beim Motorrad-Weltverband FIM: Dr. Wolfgang Srb, Präsident der FIM Europe, steht nicht mehr als Kandidat für die Wahl des neuen FIM-Präsidenten zur Verfügung. Die Hintergründe sind mysteriös.

Nach drei Amtsperioden steht FIM-Präsident Vito Ippolito im Dezember nicht mehr zur Wiederwahl zur Verfügung. Der Österreicher Dr. Wolfgang Srb und der Portugiese Jorge Viegas hatten sich im Juni um die Nachfolge beworben.

Aber in dieser Woche hat die Österreichische Föderation AMF (Austrian Motorcycle Federation) die Kandidatur für Dr. Wolfgang Srb zurückgezogen. Der Österreicher war im Sommer neuerlich als Präsident der FIM Europe wiedergewählt worden und hat sich sechs Jahre lang gewissenhaft auf das Amt des FIM-Präsidenten vorbereitet. Er wollte nach der Wahl sogar in die Schweiz umziehen.

Was ist passiert?

Beim FIM-Kongress in Norwegen wurden etliche FIM-Funktionäre kürzlich zu einer Fahrt mit einem Speedboat auf dem Meer eingeladen. Landratte Wolfgang Srb setzte sich zu weit vorne ins Boot, während der mit den Tücken des Meeres vertraute Portugiese Jorge Viegas hinten Platz nahm, weil solche Powerboote bei hohem Speed mit dem Bug brutal auf die Wellen schlagen.

Tatschlich wurde Srb bei einer heftigen Welle aus dem Sitz katapultiert, bei der Landung erlitt er eine Steißbeinfraktur. Das Steißbein bildet den untersten Teil der Wirbelsäule und folgt auf das Kreuzbein. Es besteht aus vier Steißwirbeln.

Srb klagte zwar über keine neurologischen Ausfälle an Armen oder Beinen, ein Steißbeinbruch kann allerdings auch die Funktion des Darms oder der Blase beeinträchtigen, auch in dieser Hinsicht kam der Wiener glimpflich davon.

Aber Dr. Srb gab diese Woche bekannt, dass die Schmerzen immer noch stark sind und er seine Kandidatur deshalb zurückzieht. Tatsächlich hat eine Steißbeinfraktur unerträgliche Schmerzen beim Sitzen zur Folge.

Unter Insidern wird diese Begründung trotzdem mit Verwunderung und teilweise auch mit Unglauben zur Kenntnis genommen, denn ein Steißbeinbruch führt normalerweise nicht zu einer langjährigen Behinderung. Srb hat sechs Jahre lang mit aller Konsequenz auf sein großes Lebensziel hingearbeitet. Und jetzt gibt er wegen eines Steißbeinbruchs klein bei?

Es wird vermutet, Dr. Srb habe für den Showdown am 1. Dezember 2018 zu geringe Erfolgsaussichten gegen den eloquenten Jorge Viegas gesehen, der schon bei der letzten FIM-Wahl als Präsidentschaftskandidat angetreten ist – gegen Ippolito.

Auch die langjährige Zusammenarbeit von Srb mit dem umtriebigen italienischen Motocross-WM-Promoter Giuseppe Luongo und dessen Firma «Youthstream» könnte Spuren hinterlassen haben.

Teams, Fahrer und Hersteller prangerten manchmal das Naheverhältnis von FIM-Motocross-Kommissions-Präsident Wolfgang Srb zu Luongo an, der mit langfristigen Promoter-Verträgen für die MXGP-Serie ausgestattet wurde. 2011 wurde ein FIM-Deal mit Youthstream bis 2026 vereinbart.

Fakt ist: In FIM-Kreisen wurde Srb zuletzt von einigen Kollegen nachgesagt, er hätte sich in diesem Jahr nicht mehr als Präsident der FIM Europe wählen lassen dürfen, weil er dieses Amt als möglicher Nachfolger von Vito Ippolito am 1. Dezember schon wieder abtreten hätte müssen. «Srb hat auf Kosten der FIM Europe seinen Präsidentschafts-Wahlkampf finanziert», warfen ihm namhafte Funktionäre vor.

«Ich bin sehr zuversichtlich, was die FIM-Präsidentenwahl betrifft. Momentan herrscht natürlich vielerorts Wahlkampfstimmung. Ich mache aber meine Arbeit wie vorher auch. Ich lasse mich da nicht groß anstecken», betonte Srb noch im August im Gespräch mit SPEEDWEEK.com. «Leider kann man nicht überall zugleich sein, das ist das Grundproblem eines Präsidenten.» Er kündigte an: «Wenn ich FIM-Präsident werden sollte, werde ich meinen Wohnsitz in die Nähe des FIM-Hauptsitzes in Mies bei Genf verlegen. Es müssen kurze Wege gegeben sein.»

Bei KTM in Österreich wird der Rückzug von Dr. Srb bedauert. «Wir hatten einen guten Draht zu ihm. Außerdem hat er sich als Motocross-Funktionär Verdienste erworben – und wir können Deutsch mit ihm sprechen», war beim Valencia-GP aus dem KTM-Lager zu hören.

Der Venezolaner Vito Ippolito wird im Winter seine Amtszeit als FIM-Präsident beenden. «Denn ich habe selbst die Gesetze geändert und durchgesetzt, dass jeder Präsident maximal drei Amtszeiten machen kann», erklärte Ippolito im Gespräch mit SPEEDWEEK.com mit spürbarer Wehmut. «Und diese zwölf Jahre sind am Jahresende vorbei.»

Viegas (61) ist Mitglied des aktuellen FIM-Vorstands, er ist Ippolito bei der Präsidentenwahl 2014 unterlegen. Dr. Srb (70) war bis 2014 mächtiger Vorsitzender der FIM-Motocross-Kommission, seither fungiert er als Präsident der FIM Europe, seine Wiederwahl in dieser Funktion gelang Ende Juni 2018 durch einen Erdrutscherfolg gegen den griechischen Herausforderer Stelios Korelis. Srb gewann damals mit 59 zu 9 Stimmen überlegen.

In Ermangelung eines Gegenkandidaten hat Viegas jetzt bei der Wahl am 1. Dezember in Andorra nichts mehr zu befürchten.

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