Das bittere WM-Ende von Suzuki - Teil 1

Kolumne von Thoralf Abgarjan
Als Giuseppe Luongo 1990 mit seiner Firma 'Action Group' die Vermarktung der Motocross-WM übernahm, hoffte er auf einen Wiedereinstieg von Suzuki in die WM, denn er wusste: Ohne Suzuki verliert die WM an Wert.

Der zu Saisonende bekanntgegebene Ausstieg von Suzuki aus der Motocross-WM ist ein Schock für die gesamte MX-Szene.

Schon einmal, im Jahre 1983, stieg Suzuki aus der Motocross-WM aus. Das Schicksal von Guiseppe Luongo, der mit seiner Firma 'Action Group' die Vermarktungsrechte an der Motocross-WM erworben hatte, hing damals am sprichwörtlichen seidenen Faden.

Suzuki bedeutet für den Sport viel mehr als nur die Präsenz eines Herstellers. Die Firma ist selbst Teil einer jahrzehntelangen Motocross-Tradition. Namen wie Joël Robert, Roger DeCoster, Gaston Rahier, Akira Watanabe, Harry Everts, Georges Jobé, Eric Geboers, Brad Lackey, Michele Rinaldi, Alessandro Puzar, Donny Schmit, Stefan Everts, Pedro Tragter, Greg Albertyn, Mickaël Pichon und Steve Ramon lesen sich wie das 'who is who' der Motocross-Welt. Sie alle wurden mit Suzuki in allen Motocross-Klassen Weltmeister.

Diese Erfolgsgeschichte war kein Zufall: Suzuki war im Motocross stets innovativ. Sie entwickelten in den 1980er Jahren die Full Floater-Zentralfederung und waren Pioniere bei der Einführung wassergekühlter Motoren.

Geschichte wiederholt sich: 1983 Ausstieg von Suzuki
Ausgerechnet im Jahr 1983, das für Suzuki so erfolgreich war, entschloss sich Suzuki schon einmal für einen überraschenden Rückzug. Georges Jobé wurde in jenem Jahr 250cc-Weltmeister und Eric Geboers holte den 125cc-WM-Titel.

Es dauerte 5 lange Jahre, bis sich die Suzuki Motor Company schließlich für eine Rückkehr in die WM entschied - selbstverständlich ohne in der Zeit auch nur einen einzigen weiteren WM-Titel gewonnen zu haben.

Von Loyalität und Unternehmenskultur
Sylvain Geboers, der seit 1970 selbst Suzuki-Werksfahrer war und hinter Joël Robert Vizeweltmeister wurde, erreichte in den beiden folgenden Jahren (1971-72) zwei dritte WM-Ränge. Geboers erinnert sich an seine Anfänge: «Als ich Suzuki-Werksfahrer wurde, lernte ich, wie stark die Loyalität in der japanischen Kultur verwurzelt ist. Ich habe verstanden, was eine Firma von seinen Mitarbeitern erwartet, aber auch, was die Mitarbeiter von einer Firma erwarten können. Diese Art der Unternehmenskultur war für mich eine Lektion für mein ganzes Leben.»

Der heute 72-jährige Geboers blieb Suzuki bis heute eng verbunden.

Sein Wechsel vom Fahrer zum Team-Manager erfolgte 1979. «Harry Everts wurde Weltmeister und er bat mich, ihn in der 125cc-WM zu unterstützen. Im nächsten Jahr wurde er erneut Champion und deshalb kontaktierte mich Herr Yokouchi von Suzuki Japan. Er fragte mich, ob ich die Europa-Aktivitäten von Suzuki koordinieren wolle. Suzuki wollte eine Werkstatt in Europa aufbauen und ihre Aktivitäten in allen 3 WM-Klassen unter einem Dach bündeln. Schon kurze Zeit später waren wir mit Harry Everts [Anm.: 125cc-Weltmeister 1980-1981], Georges Jobé [Anm.: 250cc-Weltmeister 1980] und Brad Lackey [Anm.: 500cc-Weltmeister 1982 ] wieder in allen drei WM-Klassen präsent und wurden so zum Maß der Dinge.»

Doch dann kam 1983 völlig überraschend das plötzliche Aus. «Als sich Suzuki 1983 aus der WM zurückzog, hielt ich danach trotzdem weiter den Kontakt zu den Suzuki-Ingenieuren», erinnert sich Geboers. «5 Jahre später, 1988, stellte ich Suzuki den talentierten Juniorenfahrer Stefan Everts vor. Das überzeugte die Japaner und wir bekamen einige technische Unterstützung. Im Folgejahr 1989 hatten wir mit Stefan Everts, Dave Strijbos und Pedro Tragter ein wirklich starkes Lineup am Start. Im nächsten Jahr wurde der Amerikaner Donny Schmit mit uns Weltmeister. An seiner Seite fuhr bereits Stefan Everts. Stefan lernte schnell und trat 1991 in Schmits Fußstapfen mit seinem ersten WM-Titel - mit Suzuki

Doch als Werksteam war Suzuki weiterhin nicht in der WM präsent. Es war jene Zeit, als Guiseppe Luongo bei Suzuki einstieg (mit dem Hauptsponsor Bieffe) und bevor er mit seiner ersten MX-Vermarktungsfirma 'Action-Group' von der FIM die Rechte an der Motocross-WM erwarb. «Luongo geriet in arge finanzielle Schwierigkeiten und er bat mich, Suzuki unbedingt in die WM zurückzuholen. Ich trennte mich von Luongo und gründete meine eigene Firma GRP (Geboers Racing Promotion). So kam Suzuki als echtes Werksteam in die Motocross-WM zurück», erinnert sich Geboers. «Das war gut für die WM und am Ende auch gut für Luongo», weiß Geboers.

Es folgten mit Pedro Tragter 1993/125ccm, Greg Albertyn 1994/250ccm und Mickaël Pichon (2001-2002/250cc) weitere Titelgewinne. An die Jahre 2001 und 2002, als Pichon überlegen der letzte Zweitakt-Weltmeister wurde, erinnert sich Geboers heute noch besonders gerne. «Die RM-250 WS war ein absolut überlegenes Bike. Aber die Zeit der Zweitakter ging zu Ende.»

2007 war ebenfalls ein sehr gutes Jahr für Geboers: Steve Ramon holte den ersten und bis dato letzten WM-Titel mit der Viertakt-Suzuki vor seinem Teamkollegen Kevin Strijbos. [Anm.: Pierre-Alexandre Renet gewann 2009 auf Suzuki die MX3-WM, die allerdings zu jener Zeit bereits ein Schattendasein führte und 2013 abgeschafft wurde]. Ramon gewann 2007 zwar keinen einzigen Grand-Prix, sammelte aber in jedem WM-Lauf genügend Punkte, um am Ende den Titel zu holen.

2016 übernahm Stefan Everts von Sylvain Geboers die GRP und damit das Suzuki-Werksteam. Ende 2017 zogen sich die Japaner erneut aus der WM zurück. Was Stefan Everts dazu sagt, erfahren Sie im zweiten Teil.

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