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Gustl Auinger: „Das gehört angegangen“

Von Werner Jessner
Warum die Moto3 unfair ist, man trotzdem nicht viel daran ändern sollte und Geld allein als Argument gegen Änderungen nicht reicht: Interview mit dem Experten von ServusTV.

August „Gustl“ Auinger, 68, ist eine der beliebtesten Figuren des MotoGP-Fahrerlagers. Der Oberösterreicher, Jahrgang 1955, fuhr in den 1980er Jahren als Privatfahrer höchst erfolgreich in der 125er und 250er-WM. Höhepunkt: WM-Gesamtrang 3 in der Achtelliter-WM 1985.

Seit der Gründung des Red Bull MotoGP Rookies Cup im Jahr 2007 ist er dort Riders Coach. Ein Großteil des aktuellen Fahrerlagers ist durch seine Hände gegangen, und viele seine ehemaligen Zöglinge haben große Karrieren gemacht, etwa die vormaligen Sieger des Red Bull Rookies Cup Johann Zarco, Jorge Martín oder Pedro Acosta.

Zusätzlich ist Gustl für ServusTV bei jedem Rennen live vor Ort. Für SPEEDWEEK.com analysiert er, wie es aktuell in der Moto3 läuft ­– und was man verbessern kann.

 

War die KTM tatsächlich das bessere Moto3 -Motorrad in den letzten Jahren als die Honda?

Ja, weil KTM kurz vor dem Einfrieren des Reglements 2020 wegen der Pandemie einen Schritt nach vorn gemacht hatte und der dadurch für die nächsten Jahre einzementiert war. Nun sollte es wieder knapper zugehen, weil beide Hersteller kleinere Evolutionen machen dürfen. Die aktuellen Bikes werden wir jetzt zwei Jahre lang verwenden. Danach werden sich die beiden Hersteller wieder neu zusammensetzen.

Was sind die Eckpunkte dieser Verhandlungen?

Kosten. Dass es eine Illusion wäre zu glauben, Motorsport könnte jemals günstig sein, wissen wir. Aber folgender Gedanke sollte bei der Reglement-Findung nicht zu kurz kommen: Selbst in der kleinsten Kategorie brauchen Teams und Fahrer ein kleines bisschen Spielraum für persönliches Talent und Können. Nivelliert man alle Bereiche so sehr wie in den letzten Jahren, kommt das raus, womit wir im Moment in dieser Klasse zu kämpfen haben.

 

Was meinst du genau?

Unglaubliche Windschatten-Sucherei und Fahren im Pulk. Sicher spannend für den Zuschauer, Stichwort: „die jungen Wilden.“ Aber wenn im Pulk etwas passiert, dann ist die Gefahr von Massenstürzen groß. Bekommen Teams und Fahrer ein wenig Spielraum für Strategien, sieht es gleich anders aus.

 

Welche Arten der Liberalisierung schweben dir also vor?

Lass uns das Drehzahl-Limit ein wenig offener auslegen, die Anzahl der Motoren aber gleich lassen. Mehr als sechs Stück pro Saison kriegst du nicht, Punkt. Wenn du meinst, den Motor auf über 16.000 Umdrehungen raufjodeln zu müssen und die Kiste hochgeht: leb mit den Konsequenzen. Oder man opfert durch eine kürzere Übersetzung im Vergleich zu den Gegnern Topspeed auf den Geraden, hat dafür aber eine bessere Beschleunigung aus den Kurven. Das zu erlernen wäre auch sehe wertvoll für die Ausbildung in die höheren Klassen: Schwere Einschränkungen in der Moto3, Einheits-Motorräder in der Moto2, und in der MotoGP werden Einsteiger von den Möglichkeiten erschlagen – logischerweise! Die Fahrer so behutsam auf die Königsklasse vorzubereiten fände ich gut – und es würde die Kosten nicht explodieren lassen.

 

Oder einfach weniger Sprit, und die Fahrer müssen damit Haus halten?

Naja. Ich finde, die Motoren sind schon sparsam genug. Was nicht passieren darf: Dass die Rennen an Attraktivität verlieren. Mache ich einen Economy Run daraus, dann werden sich die Zuschauer abwenden und auf die Moto2 warten. Außerdem fahren wir eh schon mit Co2-neutralen Treibstoffen. An der Verbrauchs-Schraube würde ich also nicht drehen. Aber auch hier gibt es kreative Ideen: KTM hat einen Prototyp probiert, der quasi ein Hybrid war. Er hat elektrische Energie kurzfristig zur Beschleunigung genutzt. Der finanzielle Aufwand dafür war äußerst überschaubar. Was ich sagen will: Es gibt Möglichkeiten, wenn man nur will, und nicht jede Innovation mit dem Killer-Argument „Kosten!“ vom Tisch wischt. Lösungs- statt Problemdenken, in diese Richtung sollte sich Reglement-Findung bewegen.

 

Aber kein Drehen an großen Schrauben aus deiner Sicht?

Es hat eh keiner Lust, die Moto3 auf 70, 80 PS zu steigern. Die Leistung passt so, die Rennen sind spannend, die Kategorie erfüllt den Job, Spreu von Weizen zu trennen. Aber mit Cleverness lässt sie sich mit wenig Aufwand verbessern und auch fairer machen.

 

Was meinst du mit „fairer“?

Das Gewicht ist ein Faktor, den der Fahrer aktiv beeinflussen kann. Ich habe in meiner aktiven Zeit bei 1,84 cm Körpergröße nie mehr als 62 Kilo gewogen. Ein bisschen Disziplin und Konsequenz hat noch keinem geschadet, aber gegen seine Körpergröße kann keiner etwas machen. Das Alterslimit wurde von 16 auf 18 Jahre angehoben. Logisch, dass die Jungs mit 18 größer sind! Ich musste erleben, wie phantastische Fahrer – etwa Karel Hanika aus dem Red Bull Rookies Cup – in der Moto3 unter Schmerzen fahren mussten, weil sie ihre langen Knochen nicht untergebracht haben. Geweint vor Schmerz hat der unterm Helm! Änderungen an Sitzbank oder Lenker waren auf Grund der Homologation verboten. Der finanzielle Aufwand, um jedem Piloten eine passende Sitzposition zu verschaffen, wäre lächerlich gering. Dieses Thema gehört angegangen.

 

Stimmt die Abstufung Moto3, Moto2, MotoGP grundsätzlich für dich?

Absolut. Es geht mir nur um kleine Anpassungen bei der Moto3, die die kleine Klasse mit wenig Aufwand besser und fairer machen.

 

 

Morgen: Gustl Auingers Favoriten auf den Titel, und wie sich die neuen Reifen von Pirelli darauf auswirken werden.

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