Marc Marquez: «Das Ende des Albtraums»

Marc Márquez-Fiasko: Eine zweite Operation nötig?

Von Günther Wiesinger
Wir wollen den Teufel nicht an die Wand malen. Aber bei Repsol-Honda wird diskutiert, ob Marc Márquez ein zweites Mal operiert worden muss. Dann wären seine zwei GP-Einsätze im März gefährdet.

Marc Márquez befindet sich in einer alles andere als beneidenswerten Situation. In vier Wochen geht die MotoGP-Rennsaison los, und der Repsol-Honda-Star wirkte am Sonntag nach Platz 13 in der Gesamtwertung niedergeschlagen. Klar, auch im Februar 2016, im ersten Jahr der Einheits-Elektronik, kassierte Repsol-Honda in Sepang eine schlimme Niederlage, weil sich die Japaner mit der Motorsteuerung von Magneti Marelli vorher nicht ernsthaft beschäftigt hatten. Damals meinte ein Fachmann: «Wenn ein Werk dieses Problem in kurzer Zeit lösen kann, dann Honda.»

Und diese Bemerkung stimmte. Honda engagierte einen Spitzen-Elektroniker von Ducati, der jahrelange Erfahrung mit Magneti Marelli hatte – und Márquez gewann die WM.

Aber jetzt steckt die Repsol-Honda-Mannschaft in der Klemme.

Denn das aktuell größte HRC-Problem kann kein Techniker lösen. Und vielleicht nicht einmal ein Chirurg.

Es geht um die ramponierte rechte Schulter von Marc Márquez. Der achtfache Weltmeister hat sie am 27. November operieren lassen; knapp ein Jahr vorher wurde die linke Schulter instand gesetzt, die damals sogar beim Umdrehen im Bett aus dem Gelenk hüpfte. Marc war so an dieses Problem gewöhnt, dass er die Schulter im Handumdrehen jeweils selbst wieder einrenkte,

Sogar als ihn sein Bruder Alex nach dem Titelgewinn in Japan 2018 gratulatierend umarmte, passierte so eine Luxation.

Marc Márquez präsentiert sich am Sonntag in Sepang niedergeschlagen. Im Gespräch mit den Medien wirkte er ratlos. Da war nichts geschauspielert. Die Sorgen waren ihm deutlich anzusehen.

Die neue Honda RC213V vermitelt zwar Ausnahmekönner Marc Márquez immer noch ein mangelhaftes Gefühl für den Vorderradreifen, der dauernd wegzurutschgen droht, aber dieses Symptom hat der unnachahmliche Überflieger schon in den letzten Jahren mit seinem einzigartigen Fahrkönnen, seiner vorbildlichen Fahrzeugbeherrschung und seiner beispiellosen Einsatzbereitschaft glänzend vertuscht.

Marc nahm dafür in der Saison 2019 allerdings 27 Stürze in Kauf, 2018 waren es noch mehr.

MM #99 gewann die Weltmeisterschaft 2019 mit 155 Punkten Vorsprung auf Dovizioso/Ducati. Bei 18 von 19 Rennen kam er ins Ziel, im schlimmsten Fall als Zweiter. Zwölf Mal als Sieger.

Aber jetzt dominieren die Sorgenfalten. «Vor drei Wochen war noch nicht einmal an die Teilnahme am Sepang-Test zu denken», sagte Marc den Journalisten. Deshalb hatte er im Januar sogar seinen traditionellen Besuch beim Skirennen in Kitzbühel abgesagt.

Im engsten Kreis des Teams wurde er deutlicher. «Vor drei Wochen  konnte ich mit der rechten Hand nicht einmal ein Wasserglas halten.»

Der ehrgeizige und emotionale Champion zeigte sich in Sepang so zerknirscht, dass er manchmal die Tränen nur mit Mühe zurückhalten konnte.

Der Honda-Star erzählte, bei der Operation sei ein beschädigter Nerv entdeckt worden. Deshalb fiel der Eingriff schwerwiegender aus als jener 2018.

Vielleicht ist es genau dieser Nerv, der den Deltoid-Muskel in der rechten Schulter nur zu 60 Prozent seiner Leistungsfähigkeit gedeihen ließ.

Deshalb sind jetzt in der Clinica Dexeus in Barcelona weitere medizinische Untersuchungen geplant. Es wird sogar überlegt, ob eine zweite Operation empfehlenswert wäre. Aber die Ärzte sind sich nicht einig, ob ein zweiter Eingriff überhaupt möglich und sinnvoll ist.

Bei einer neuerlichen Operation würde Márquez sicher den Katar-Test (22. bis 24.2.) und womöglich auch den ersten und zweiten Grand Prix in Doha (8.3.) und Buriram (22.3) verlassen.

Das wäre ein Horror-Szenario für die Meisterschaft, für Repsol und für Honda. Und ein schwerer Schlag für seine Fans und seine Gegner, denn sie wollen ihn übertrumpfen und nicht aus seiner Abwesenheit Kapital schlagen.

Denn selbstverständlich wünschen wir uns mehr Spannung als 2019, als Ducati bereits bei WM-Halbzeit geschlagen war.

Aber die MotoGP-WM soll auf der Rennstrecke entschieden werden, nicht auf dem Krankenbett.

Bei HRC rauchen die Köpfe. Denn Marc Márquez hätte im Herbst fast vier Wochen Zeit gewinnen können, wenn er sich unmittelbar nach dem Malaysia-GP auf den OP-Tisch gelegt hätte. Marken-WM udn Fahrer-WM waren bereits gewopnnen, nach der Team-WM kräht kein Hahn.

In Malaysia am 3. November war die Schulterverletzung bei einem Trainingscrash wieder akut geworden.

Nakagami und Oliveira ließen ihre Schulter-OP vor dem Saisonfinale über sich ergehen, um jetzt wieder unbeschwert Gas geben zu können.

Irgendwann müssen manche GP-Fahrer auch darüber nachdenken, ob die Klinik von Dr. Xavier Mir für alle Wehwechen die richtige Ansprechstation ist – oder nur für Knochenbrüche.

Ein Superstar wie Márquez sollte sich immer eine zweite Meinung einholen – auch in Deutschland, Österreich und in der Schweiz findet man ganz ausgezeichnete Sportärzte, vor allem auch welche ohne Geltungsdrang.

HRC ließ Márquez nach dem WM-Finale sogar noch zwei Tests bestreiten. Denn das Bike muss auf ihn maßgeschneidert werden, außer ihm verfügen die Japaner seit Stoner über keinen aussichtsreichen MotoGP-Titelanwärter. So wurden fast vier kostbare Wochen Genesungszeit verloren.

Diese Strategie könnte HRC jetzt auf den Kopf fallen.

Es wäre jammerschade.

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