Formel 1: «Darauf kann man nicht stolz sein»

Massimo Rivola: «Marc Márquez ist gut für die Show»

Von Günther Wiesinger
Sollen die europäischen MotoGP-Werke jetzt Honda und Yamaha helfen, wieder siegfähig zu werden? Massimo Rivola, CEO von Aprilia Racing, hat eine klare Meinung dazu und ist kompromissbereit.

Bei und nach der Dutch-TT in Assen wurde von den MotoGP-Teams darüber abgestimmt, ob das seit Portimão gültige MotoGP-Format ab Silverstone noch einmal umgekrempelt werden soll. In den Niederlanden konnte aber keine Einigung erzielt werden, erst in der Sommerpause willigte auch Ducati ein. Das Ergebnis: Das erste freie 45-Minuten-Training am Freitag zählt jetzt nicht mehr für den Einzug ins Qualifying 2 am Samstag. Ducati war ursprünglich gegen diese Änderung, weil die Roten vier Teams und acht Fahrer im Feld haben und deshalb immer und überall genug Daten sammeln und bei irgendeinem Team neue Teile testen können.

«Wir hingegen waren absolut dafür, das FP1 nicht mehr für das Q2 zu werten», bestätigte Massimo Rivola im Interview mit SPEEDWEEK.com. «Man musste sich nur die Statistik anschauen und die Anzahl der Stürze, verletzten Fahrer und die vielen demolierten Bikes für die Hersteller im Vergleich zu früher. Dann hat man klar gesehen, dass diese aktuelle Format allen Beteiligten zu viel abverlangt hat.»

Aber Rivola widersetzte sich dem Dorna-Vorschlag, das dritte Training am Samstag von 30 auf 20 Minuten zu kürzen, obwohl dadurch die Laufzeit der Motoren verkürzt worden wäre. Acht Exemplare sind in diesem Jahr pro Fahrer und Saison erlaubt. Das achte Triebwerk darf aber erst ab dem 19. Event eingesetzt werden.
«Von Aprilia kam sogar unser Vorschlag, am Freitag beide Trainings nicht für den Aufstieg ins Q2 zu werten. Dann hätte der erste Trainingstag ein bisschen entspannter verlaufen können. Man hätte den Freitag für die Abstimmung und für die Erprobung neuer Teile und zur Entwicklung der Motorräder nützen können, eventuell auch noch das FP3 am Samstag. Dann wären die Fahrer nicht so oft im Time-Attack-Modus unterwegs, bei dem sie ihr Leben riskieren, um eine Rundenzeit für die Top-Ten- zu erzielen. Man hätte dann gleich das ganze Qualifying-Format ändern können. Ich halte das Formel-1-Qualifying mit dem 1., 2. und 3. Qualifying für recht reizvoll und spannend.»

Zur Erinnerung: Die letzten fünf der 20 Formel-1-Fahrer scheiden im Q1 und Q2 jeweils aus und belegen der Rundenzeit entsprechend die Startplätze 16 bis 20 und 11 bis 15; am Ende kämpfen im Q3 die schnellsten Zehn um die Top-10-Startplätze.

Seit der Dutch-TT in Assen wünschen sich die Dorna-Funktionäre auch ein Entgegenkommen für Honda und Yamaha, damit sie ihre Werksmaschinen wieder konkurrenzfähig machen können. Aber die Bedingungen für die «concessions» von Neueinsteigern oder sieglosen Teams haben die Japaner bisher nicht erfüllt, weil beide Werke in den letzten eineinhalb Jahren zu viele Podestplätze erreicht haben.

Außerdem wollten die lange Zeit unterlegenen Europäer den Japanern keine Geschenke machen. Stefan Pierer, Vorstandsvorsitzender der Pierer Mobility AG mit den Marken KTM, GASGAS und Husqvarna, würde den japanischen Gegnern aber zusätzliche Testtage zubilligen. Denn niemand hat die Absicht, nach dem Rückzug von Suzuki auch noch Honda und Yamaha zu verlieren.

«Es ist ein bisschen komisch, dass jetzt die kleinen Werke den japanischen Giganten helfen sollen», wundert sich Massimo Rivola. «Gleichzeitig ist es eine Aberkennung für die gute Arbeit, die wir geleistet haben. Ich bin offen für solche Gespräche, solange der gesamte Grid kompakt und das Feld ausgeglichen bleibt. Wenn ich gebeten werde, einem Hersteller zu helfen, der Mühe hat, bin ich offen für Verhandlungen. denn es kann ja passieren, dass Aprilia eines Tages der Nächste ist, der in Schwierigkeiten kommt.»

«Zum Wohle unserer Meisterschaft bin ich für alle Ideen und Diskussionen offen», betont Rivola im Interview mit SPEEDWEEK.com. «Aber wir müssen alle Gesichtspunkte betrachten, nicht nur den Standpunkt der Werke, die Mühe haben. Am Ende müssen einen akzeptablen Kompromiss finden, von dem die ganze MotoGP-WM profitiert. Die Hersteller dürfen jetzt nicht nur an sich selbst denken. Wir wollen eine nette Show, spannende Rennen – und alle beteiligten Werke sollen eine Chance auf Siege haben. Wir müssen also ausbalancierte Kriterien finden. Man könnte überlegen. Wenn ein Werk acht Bikes im Feld hat, könnte man diesem Hersteller zum Beispiel die Testmöglichkeiten streichen. Irgend etwas in diese Richtung. Aber bisher kenne ich auch keine Patentlösung.»

Die drei europäischen Werke wollen auch sicherstellen, dass die Dorna diese Zugeständnisse für die Japaner nicht als «Lex Marc Márquez» betrachtet, um den sechsfachen Weltmeister im Geschäft zu halten.

«Márquez hat viel für diesen Sport getan, das ist unbestritten», sagt Rivola. «Er ist meistens in der Lage, als Fahrer besondere Leistungen zu vollbringen. Das ist immer gut für die Show. Selbst wenn er an einem Wochenende mal fünf Stürze fabriziert – das gehört zu seiner Arbeitsauffassung.»


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