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Wilco Zeelenberg (Yamaha): Hat Ducati Quali-Motor?

Von Günther Wiesinger
Jorge Lorenzos Yamaha-Teammanager Wilco Zeelenberg machte für SPEEDWEEK.com eine präzise Analyse zum Mugello-GP. Prädikat: Lesenswert!

Wilco Zeelenberg ist seit 2010 Manager des Yamaha-Werksteams in der Abteilung Jorge Lorenzo, der Nürburgring-GP-Sieger ist ein wertvoller Analyst, ein MotoGP-Sachverständiger erster Güte.

Auch seine Expertise zum Rennen in Mugello wirkt hintergründig, wohl überlegt und lesenswert.

Wilco, dein Schützling Jorge Lorenzo fährt in bestechender Form. In der WM sieht es jetzt deutlich besser aus.

Ja, denn Márquez hat nicht gepunktet, Dovizioso ist auch an die Box gefahren. Das ist gut für uns. Aber nicht für die Weltmeisterschaft.

Marc Márquez liegt 49 Punkte hinter Rossi. Ist für ihn die WM gelaufen?

Die Saison ist lang. Es stehen noch zwölf Rennen aus.
Und ich habe mich gestern mit Jorge darüber unterhalten. Sie riskieren in jeder Runde alles! Wenn sie stürzen und sich verletzen...
Man kann also nicht behaupten, es sei gelaufen für Marc. Wenn sich Jorge verletzt und bei zwei Rennen fehlt...

Was sagst du zur Mugello-Vorstellung von Márquez? Er ist in der ersten Runde wild nach vorne gestürmt. Aber er konnte das Bike oft nicht auf der Ideallinie halten.

Sie haben den harten Vorderreifen gewählt. Es ist schwierig zu sagen. Bei Jorge haben wir den harten Vorderreifen auch probiert. Bei ihm hat er nicht funktioniert. Auch Vale war nicht in der Lage, hier den harten Vorderreifen richtig zu verwenden. Und normalerweise ist es so: Wenn irgendeiner den harten Vorderreifen verwenden kann, ist es Vale.
Nur Jorge war in der Lage, den 33er-Vorderreifen so zu benützen, wie man ihn benützen sollte. Mit seinem runden, flüssigen Fahrstil passte diese Mischung gut zu ihm. Das war der Trick hier.
Die Reifen spielen eine grosse Rolle. Wenn Marc mehr Support vom Typ 33 spürt, dann kann er mithalten – wie letztes Jahr. Letztes Jahr war das derselbe Reifen. Wie der 65er hinten.

Es ist also eine Frage des Wetters und der Strecke? Aber bei Honda passt ja nichts mehr zusammen. Seine Gegner fuhren im Quali eine Sekunde schneller als im Vorjahr, er genau gleich schnell wie 2014.

Ja, die Motorräder haben sich verändert. Unser Motorrad ist anders, ihr Motorrad ist anders.

Bei den Rennen in Le Mans und Mugello haben Márquez und Pedrosa so viele technische Unzulänglichkeiten geschildert, dass mir als Journalist ganz schwindlig wird. Können diese Probleme in kurzer Zeit beseitigt werden?

Das weiss man nie. In Barcelona kriegen wir andere Reifen als in Mugello, dann könnten die Honda-Probleme mit einem Schlag verschwunden sein. Du musst dich als Fahrer bei jedem Rennen mit den Reifen anfreunden, du musst dich anpassen. Wenn dir das nicht gelingt, wenn das Set-up daneben liegt, strauchelst du.

Aber Márquez hatte jetzt zwei problematische Rennen hintereinander?

Das heisst aber nicht, dass er auch in Catalunya Probleme hat.
Es darf sich keiner einbilden, er könne vorhersagen, was beim nächsten Rennen passiert. Anderseits kannst du Problemlösungen nicht in die Zukunft verschieben. Du musst die Probleme am jeweiligen Wochenende lösen. Wenn das nicht gelingt, zweigst du vielleicht beim Set-up in die falsche Richtung ab.

Jorge hatte am Freitag Probleme, weil Crew-Chief Ramon Forcada nicht hier war, er war beim Begräbnis seines Vaters. Als Forcada am Samstag wieder in der Box stand, ging es aufwärts.

Klar, als Ramon am Samstagvormittag wieder hier erschienen ist, hatte er einen klaren Plan, der funktioniert hat. Punkt. Er hat nachher nie mehr etwas geändert.
Er hat sehr gute Arbeit geleistet. Nach dem Sieg ist Ramon auf das Podest gestiegen, er war sehr emotionell. Denn er wusste: Er hat hier für den Unterschied gesorgt. Genau so wie Jorge.
Aber wir dürfen die Leistung des Fahrers nicht schmälern. Du musst dich bei diesem Speed zuerst einmal 23 Runden im Sattel halten. Wir haben unser Paket verbessert, auch dank Ramon.

In den ersten Runden schienen Márquez und Dovizioso das Leben für Jorge sehr schwer zu machen?

Ja, mit den frischen Reifen hatten sie die nötige Pace. Als es mit der Frische der Reifen nach drei Runden vorbei war, begann der Rhythmus höher zu werden, dann fielen die beiden zurück. Marc war nicht fähig, das Motorrad ordentlich abzubremsen. Er wurde immer weit rausgetragen.
Marc hat 300 Prozent gepusht, um an der Spitze mithalten zu können. Als er klar hinter Jorge zurückfiel, wollte er das Geschehen kontrollieren und zumindest den Podestplatz absichern.
Du konntest klar sehen, dass er das Risiko etwas zurückgeschraubt hat. Er hat kapiert, dass er Jorge ?den Schneid nicht abkaufen kann. Er musste ja ins Ziel kommen. Mit vielen Punkten. Am Start hatte er zwölf Fahrer vor sich... Marc ist dann mit viel Risiko in der ersten Runde auf Platz 4 gestürmt.
Sein Start und seine Startrunde waren erstaunlich.

Kann man so etwas irgendwie planen?

Nein. Du musst einfach die Löcher erspähen... Du musst dich auch immer für die Gegenattacke wappnen. Als ihn Dovi oder Iannone überholt haben, hat er nichts vorbereitet, er ist einfach wieder ins Loch reingestochen. Dann hat er das Bike abgebremst und sich gerettet.
Aber solche Aktionen haben nachher zu seinem Sturz geführt. Er hat zu spät gebremst, er hat den Vorderreifen zu stark belastet, dann ist er gestürzt.

Valentino Rossi hat erzählt, er habe in den ersten Runden die Motorleistung reduziert, um die Reifen zu schonen. Glaubst du das?

Ich habe nicht mit ihm gesprochen. Aber ich bin 100-prozentg sicher, dass Jorge die Power nicht reduziert hat...
Und ich zweifle diese Story von Vale an. Vielleicht hat er den Modus geändert. In den ersten drei Gängen kannst du das Mapping umstellen, um eine sanftere Kraftentfaltung zu haben. Das hat er vielleicht gemacht. Denn er ist einmal fast gestürzt. Klar, wir nützen nie die ganze Power in den ersten drei Gängen. Das ist normal. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass Vale die Power in den Gängen 4, 5 und 6 reduziert hat.
Man sah bei Vale, dass er im Rennen etwas Mühe hatte, das Bike zu spüren und genug Grip zu finden.

Die Yamaha sind zwar im Top-Speed langsamer als Ducati und Honda, aber sie lassen sich auf der Geraden trotzdem nicht abschütteln.

Ja, schaut euch den Top-Speed von Iannone im Warm-up an. Das war der normale Speed, ?343 km/h, immer wieder. Nicht 349 wie am Samstag.

Du behauptest also, Ducati hat einen Spezialmotor fürs Qualifying? Sie dürfen ja zwölf Motoren im Jahr verwenden, Honda und Yamaha nur fünf.

Sie tun irgendwas. Wenn nichts auf dem Spiel steht... Vielleicht mit dem Mapping. Sie können die Power beliebig justieren. Im Rennen müssen sie mit 22 Liter auskommen, also können sie dann am Renntag nicht mehr mit Maximum-Remote fahren. Sonst bleiben sie in der letzten Rennrunde stehen.
Ich rate nur. Darüber kann nur Ducati wirklich Auskunft geben.

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