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Honda: Cosworth-Formel-1-Knowhow für den Motor?

Von Günther Wiesinger
Auch beim achten Superbike-WM-Meeting fährt Red Bull Honda mit Stefan Bradl bisher hoffnungslos hinterher. Die Kritik an Motorentuner Cosworth wird immer lauter. Aber nicht nur wegen der Elektronik.

Das Red Bull Honda-Team kommt in der Superbike-WM 2017 bisher auch beim siebten Meeting in diesem Jahr auf dem Misano World Circuit Marco Simoncelli auf keinen grünen Zweig. Stefan Bradl erreichte am Freitag in den zwei Trainings die Ränge 13 und 17.

Im zweiten Training verpasste er drei Viertel der Zeit durch ein Elektronikproblem.

Die Konkurrenz beobachtet das bisherige Scheitern des größten Motorradherstellers der Welt mit der neuen Honda CBR 1000RR Fireblade SP2 mit Aufmerksamkeit und Staunen.

Denn mit dem fast acht Jahre alten Fireblade-Vorjahresmodell sicherten sich Michael van der Mark und Nicky Hayden 2016 die WM-Ränge 4 und 5.

Heute liegt Bradl nach zwölf WM-Rennen mit 48 Punkten an zwölfter Position, Johnny Rea hat mit der Kawasaki bereits 260 Punkte gesammelt.

Im Winter wurde bei Honda von Podestplätzen, von Laufsiegen und von der Jagd nach dem WM-Titel gesprochen.

Den deutschen Techniker Marcus Eschenbacher, 2016 bei Aprilia Racing Stefan Bradls Data-Recording-Ingenieur und jetzt Crew-Chief von Aleix Espargaró bei Aprilia, wundert die Situation nicht.

«Ich habe gesehen, was bei Cosworth mit dem Honda-Motor gemacht wurde, die haben das Fireblade-Triebwerk rein auf Spitzenleistung getunt, deshalb lässt die Fahrbarkeit zu wünschen übrig», meint Eschenbacher. «Und dieses schwerwiegende Problem wollen sie jetzt mit Hilfe der Elektronik lösen. Das geht aber nicht. Was Cosworth bei diesem Superbike-Rennmotor gemacht hat, ist für mich ein 'stairway to heaven'. Das konnte nicht gutgehen.»

Eschenbacher meint damit offenbar, der neue Honda-Motor sei ein Himmelfahrtskommando, an der Elektronik liege es nicht, sagt er. «Cosworth hat vor einigen Jahren die englische Elektronikfirma 'PI' gekauft. Meiner Meinung nach ist dort ausreichend Knowhow vorhanden, auch für Motorräder.»

Das würde erklären, warum sich 2016 beim Honda World Superbike-Team niemand über die Elektronik beschwert hat.

Anderseits: Als Formel-1-Engineeringspezialist hat Cosworth für die MotoGP-WM 2002 bereits den 990-ccm-Dreizylinder-Cube-Motor für Aprilia Reparto Corse gebaut, der nur auf Spitzenleistung getrimmt und als erster MotoGP-Motor mit einem ride-by-wire-System, also mit einem elektronischen Gasgriff, ausgestattet war.

Nach drei Jahren verschwand dieses Projekt von der Bildfläche.

Selbst Werksfahrer wie Régis Laconi, der zweifache Superbike-Weltmeister Colin Edwards, Noriyuki Haga, Jeremy McWilliams und Shane Byrne und schafften damit kein Top-6-Ergebnis. Nach der Saison 2004 zog sich Aprilia mit der Cube aus der Königsklassse zurück – McWillams und Byrne waren über die WM-Ränge 19 und 20 nicht hinausgekommen.

Zur Erinnerung: In der MotoGP-WM laufen die Motoren oft nur während 7 oder 10 Prozent der Rundenzeit auf Vollgas, weil in Schräglage nicht gnadenlos das Gas aufgedreht werden kann, in der Formel 1 oft während 70 Prozent.

Stefan Bradl wundert sich. «Beim Misano-Test vor zwei Wochen habe ich erstmals einen Cosworth-Techniker bei uns in der Box gesehen.»

Bis dahin herrschte beim umstrittenen Honda-Partner anscheinend die Meinung vor, man könne die gravierenden Probleme alle auf dem Prüfstand lösen – und blieb sogar dem WM-Meeting im nahen englischen Donington fern.

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