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Kenan Sofuoglus Rücktritts-Entscheidung nach Assen

Von Ivo Schützbach
Teamchef Manuel Puccetti (li.) mit Kenan Sofuoglu

Teamchef Manuel Puccetti (li.) mit Kenan Sofuoglu

Nach seinem erneuten schlimmen Sturz Ende Februar in Australien hängt die Karriere von Supersport-Rekordweltmeister Kenan Sofuoglu am seidenen Faden. Kawasaki-Teamchef Manuel Puccetti über den Stand der Dinge.

Nur ewige Optimisten glauben, dass Kenan Sofuoglu nach seinen schweren Verletzungen noch einmal Rennen bestreiten wird. In seinem engsten Umfeld ist zu hören, dass sein Karriereende bevorsteht. Möglicherweise verkündet der Türke seinen Rücktritt bereits nächste Woche in Assen.

Seit Januar 2017 ist der fünffache Weltmeister mehr oder minder dauerverletzt. Dass er letztes Jahr fünf Rennen gewann und sieben Mal aufs Podium fuhr beweist, wie viel er einstecken kann.

Im Oktober 2017 brach sich der 33-Jährige bei einem heftigen Abflug in Magny-Cours mehrfach das Becken, bestritt aber trotzdem das Saisonfinale vier Wochen später in Katar, wurde dort Dritter im Rennen und Vizeweltmeister!

Die Tests diesen Winter liefen gut, im dritten freien Training beim Saisonauftakt in Australien gab es den nächsten Schock: In der schnellen Linkskurve 3 auf Phillip Island krachte Sofuoglu wegen eines Reifenschadens bei 257 km/h ins Kiesbett und überschlug sich dort mehrfach. Schwere Abschürfungen, Verbrennungen und Prellungen am ohnehin geschädigten linken Bein sowie am linken Arm hinderten ihn nicht daran das Rennen zu bestreiten, in dem er aber nur 13. wurde.

Wenige Tage vor dem zweiten Rennen in Thailand wurde bekannt, dass bei Sofuoglus Überschlägen im Kiesbett auch das fünf Monaten zuvor gebrochene Becken in Mitleidenschaft gezogen wurde. Die Ärzte rieten ihm deshalb vom Start in Buriram ab, das Becken sei nicht stabil, mahnten sie. Außerdem kämpft der Kawasaki-Star nach wie vor mit einer Infektion im Bein und meldete sich schon frühzeitig von den Rennen in Aragón und Assen ab.

«Kenan ist nicht hier, er kommt erst wieder nach Assen», verriet Kawasaki-Teamchef Manuel Puccetti beim Treffen mit SPEEDWEEK.com in Aragón. «Es ist das erste Mal, dass er Toprak Razgatlioglu alleine lässt. Vielleicht muss er zum Arzt oder will trainieren, ich weiß es nicht. In Assen oder kurz danach wissen wir mehr. Momentan schaut er, ob sein Körper wieder in Ordnung kommt. Falls nicht, wird er aufhören. Ich hatte in Amsterdam ein Treffen mit Kawasaki Europa, wir haben darüber gesprochen wie es nächstes Jahr weitergeht, falls Kenan nicht zurückkommt. Das ist eine schwierige Entscheidung, kein anderer Supersport-Fahrer ist auf dem Level von Kenan. Deshalb habe ich in Thailand mit Dorna-Sportdirektor Gregorio Lavilla gesprochen, er redete dann mit Carlos Ezpeleta, dem Sohn von Carmelo, ob ein Moto2-Pilot verfügbar ist. Ein Fahrer, der mit seinem Team nicht glücklich ist oder der in Geldproblemen steckt. Wenn etwas passiert, werden sie an mich denken. Ein Top-10-Fahrer aus der Moto2-Klasse kann in der Supersport-WM sehr stark sein.»

Für Aragón und Assen wurde der Südafrikaner Sheridan Morais verpflichtet, der letztes Jahr mit Kallio Yamaha WM-Vierter wurde und das Rennen auf dem Lausitzring gewann.

«Nach Thailand bin ich auf Sheridan gestoßen», erzählte Puccetti. «Letztes Wochenende habe ich mich auch in der BSB umgesehen, wir möchten aber einen Fahrer, der auf unser Motorrad sitzt und vom Fleck weg schnell ist. Sheridan ist sicher die beste Wahl. Sollte Kenan nicht zurückkommen, machen wir wahrscheinlich zusammen weiter.»

«Nichts außer gefährlich»

Kannst du dir vorstellen, dass es Sofuoglu noch einmal versucht? Seine Ärzte haben ihn davor gewarnt, dass ein weiterer Sturz auf das Becken zu einer Lähmung führen könnte.

«Es ist mein Traum, dass er wieder fährt», grübelte Puccetti. «Stell’ dir vor, dass Kawasaki nach dem ersten Rennen Johnny Rea in der Superbike-WM verliert – dann wird es schwierig. Einen anderen Johnny Rea zu finden ist unmöglich. Ich hoffe, dass Kenan zurückkommt, aber ich weiß es nicht. Alles hängt davon ab, wie sich sein Körper erholt. Von Oktober bis Februar sind viele schlechte Sachen am Stück passiert. Unser Verhängnis war, dass die Weltmeisterschaft 2017 vor dem Rennen in Katar offen war. Wir träumten davon, dass er den sechsten Titel holt. Mit Kenan zu reden ist unvorstellbar schwierig. Wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hat, kannst du ihm das nicht ausreden. Vor Katar habe ich ihm die ganze Zeit gesagt, dass er nicht fahren soll, weil es so gefährlich war für ihn. Er sagte, dass das nicht in Frage kommt. Deshalb ist er fünfmal Weltmeister. Als er den Speed-Weltrekord brechen wollte, um mit 400 km/h über diese Brücke zu fahren, bat ich ihn auch, das sein zu lassen. Das war nichts außer gefährlich. Es war ja nicht so, dass er eine Million Euro bekam, weil er die 400er-Marke knackte. Es ging um nichts, das war nur fürs Ego. Aber er wollte es unbedingt machen und zog es durch. Ich respektiere ihn sehr, er ist einer meiner besten Freunde. Aber mit ihm brauchst du nicht diskutieren. Er zieht durch, was er sich vorgenommen hat.»

Der Italiener abschließend: «Nach Australien entschieden wir, dass Kenan eine achtwöchige Pause einlegt. Diese ist nach Assen vorbei. Ich gehe davon aus, dass er in Assen ist. Dann wissen wir, wie es um ihn steht. Ob er in einem, zwei oder drei Rennen zurückkommt, oder ob wegen der Infektion im Bein alles noch schlimmer wurde.»

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