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Christian Horner: Formel 1 stolpert über sich selber

Von Mathias Brunner
Christian Horner mit Formel-1-Promoter Bernie Ecclestone

Christian Horner mit Formel-1-Promoter Bernie Ecclestone

​So vieles liegt im Formel-1-Sport im Argen, dass die Verantwortlichen ständig am Feuerlöschen sind. Red Bull Racing-Teamchef Christian Horner kann nur den Kopf schütteln.

Die Formel 1 ist so von Problemen geschüttelt, dass es nicht einfach ist, den gefährlichsten Brandherd zu orten und zu bekämpfen. Denn es lodert überall. Die Kosten sind zu hoch, der Unterhaltungswert zu niedrig. Der Autoverband FIA hat als Regulator den Motorherstellern zu viel Macht gegeben – als Ergebnis haben wir ruinös teure Hybridaggregate, die High-Tech Ingenieure zum Schwärmen und die meisten Fans zum Gähnen bringen. Die FIA hat sich in eine Position hinein manvövriert, in der die Werke bestimmen, wer in der Formel 1 Motoren erhält. Daher der Plan von FIA-Chef Jean Todt und Formel-1-Promoter Bernie Ecclestone, einen Alternativ-Motor ins Spiel zu bringen.

Weil niemand eine Zweiklassengesellschaft will, was die Motoren angeht, liegt dieser Plan derzeit auf Eis – nun müssen die Motorhersteller bis 15. Januar dem Autoverband FIA Vorschläge unterbreiten, wie ihre Aggregate kostengünstiger werden und wie sichergestellt werden kann, dass keine Rennställe auf einmal ohne Motoren dastehen, so wie das 2015 Red Bull mit ihren beiden Rennställen passiert ist.

Die Geldverteilung hat tiefe Missgunst zwischen den Rennställen gestreut. Renault fordert von den Rechtehaltern Zusicherungen, dass sie künftig ebenfalls Sonderzahlungen erhalten (wie beispielsweise Ferrari). Immer mit der Drohung, vielleicht doch nicht werksseitig in den Sport zurück zu kehren. Das würde Lotus in tiefe Schwierigkeiten stürzen, denn am 7. Dezember steht in London der nächste Termin mit Gläubigern an. Und Formel-1-Promoter Ecclestone wird nicht immer mit Überbrückungszahlungen einspringen.

Die Entscheidungsfindung in der Formel 1 ist so kompliziert, dass gute Vorschläge abgewürgt werden, weil jeder nur ans eigene Wohl denkt. Red Bull Racing-Teamchef Christian Horner bestätigt in Abu Dhabi: «Nüchtern betrachtet sind die Rennställe auf spektakuläre Art und Weise unfähig, Probleme zu lösen.»

Horner gibt freimütig zu, dass sein Team durchaus nicht ausgenommen ist, «denn natürlich probierst du, die Stärken deines Rennstalls zu bewahren, dir immer einen Vorteil zu verschaffen».

Aus diesem Grund ist beispielsweise ein Kostendeckel in der Formel 1 – wie vom früheren FIA-Präsidenten Max Mosley vorgeschlagen und von seinem Nachfolger Jean Todt – stets gescheitert: Spitzenrennställe wie Ferrari, Mercedes oder Red Bull Racing wollen sich nicht vorschreiben lassen, wie viel Geld sie ausgeben.

Horner weiter: «Die Formel 1 stolpert seit Jahren über sich selber, und man könnte auch einwenden, dass die heutige Motorenformel ein Fehler ist.»

Das Grundübel begann vor Jahren, wie Marc Surer weiss. Der frühere Formel-1-Pilot und heutige Experte der deutschen Sky erklärt: «Die Grundidee bestand einst im so genannten Weltmotor. Die Basis dazu sollte ein Vierzylinder-Motor sein, der dann in verschiedenen Versionen in unterschiedlichen Rennkategorien eingesetzt wird. Sagen, wir – als 1600er Sauger in einer Monoposto-Nachwuchsformel, als aufgeladener 1600er in der Formel 1, als auf Zweiliter aufgebohrter Motor für Tourenwagensport oder bei Rallyes und so weiter. Aber Ferrari war sofort gegen einen Vierzylinder – weil ein solcher Motor im Angebot der Italiener nicht existiert und weil ein so kleiner Motor vom Image her nicht mit Ferrari in Einklang gebracht werden kann.»

Renault und Mercedes setzten der FIA das Messer an den Hals: Wenn in der Formel 1 keine serienrelevantere Motoren eingeführt werden (will heissen: mit Hybridtechnik), dann ist die Zukunft im GP-Sport nicht gesichert. Die Hersteller einigten sich dann mit der FIA auf einen V6-Turbo mit Mehrfach-Energierückgewinnung, weil das serienrelevant sei. Der 64jährige Marc Surer weiter: «Letztlich diktierten die Hersteller der FIA die Motorenformel. Es sollte aber umgekehrt sein. Im Grunde läuft die ganze Diskussion jetzt auf ein Tauziehen hinaus. Der FIA und auch Bernie Ecclestone ist klar geworden, dass die Hersteller viel zu viel Macht gewonnen haben. Ich könnte mir gut vorstellen, dass die angekündigte Einführung eines Alternativmotors oder eines Billig-Turbo von Anfang an nur ein Druckmittel gewesen ist, um letztlich das zu erreichen, was eigentlich alle wollen – eine Formel 1 mit nur einer Art von Antriebseinheiten, also keine Zweiklassengesellschaft.»

Horner stellt fest: «Niemand zweifelt daran, das wir bei den Motoren Spitzentechnik haben. Aber die Antriebseinheiten sind sehr teuer, und ich kann nicht behaupten, dass wir einen guten Job machen, den Fans zu vermitteln, welch fabelhafte Motoren das sind. Und das führt zu einer grundlegenden Frage – was soll die Formel 1 sein?»

In entsprechenden Umfragen haben die Fans betont: Die Formel 1 soll High-Tech repräsentieren. Aber die meisten GP-Anhänger wollen einfach spannende Rennen und tüchtig Getöse. Beides kann die Formel 1 beim Motorengeräusch gar nicht, und bei den Grands Prix zu selten bieten. Horner ist da ganz auf der Linie von Surer, wenn er betont: «Die Fachkräfte des Verbands als Regulator müssten das Reglement schreiben, nicht die Techniker.»

Auch Horner ist der Meinung, dass es genügend blitzgescheite Formel-1-Fachleute gibt, welche derzeit kein Engagement im GP-Sport haben. Ein Mann, der unabhängig gewiss ein cleveres Reglement entwerfen könnte, ist beispielsweise der frühere Technikchef von Benetton, Ferrari und Mercedes, Ross Brawn.

Christian Horner hat völlig Recht, wenn er daran erinnert: «Niemand sollte vergessen, dass wir diesen Sport nicht zum Entzücken von Ingenieuren machen, sondern für die Fans. Ohne die Zuschauer, die Eintrittskarten kaufen und den Fernseher einschalten, verlieren wir das Rückgrat dieses Sports. Ohne sie gibt es keine Formel 1. Wir müssen es wieder schaffen, die Fans für uns zu begeistern.»

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